212 - Das Skelett (German Edition)
Proje kt wird alle begeistern und unseren anderen Großprojekten weiteres Kapital zuführen. Das eröffnet uns allen noch mehr Möglichkeiten. Ich denke, du bist nun soweit und hast aus deinem kleinen Fauxpas gelernt oder sehe ich das falsch?«
Ich hörte aufmerksam zu und sagte das, was er hören wollte. Was wäre geschehen, wenn ich in diesen Sekunden mein innerliches Befinden nach außen gekehrt hätte? Also begann ich mitzuspielen – im Spiel der Großen!
Kapitel 20
In den nächsten Wochen erholte ich mich prächtig, all mein Schmerz schien vergessen. Von meinem ein wenig lädierten Gesicht war dieses wunderprächtige dunkellila-blaue Farbenspiel weitestgehend verschwunden. Ein leicht gelblich-grüner Rand an den Wangenknochen war noch zu sehen. Also war ich bezüglich meines Äußeren schon wieder recht zufrieden.
Nur ein tief eingedrungener piksender Stachel saß in meiner Seele und wollte an die Oberfläche. Genau definieren konnte ich diese Qual nicht oder doch? Aber ich hielt mich im Zaum und kontrollierte meine Gefühle wahrlich meisterhaft.
Ich bekam eine eigene Krankenschwester zugeteilt , die mich wunderbar ablenkte und zu neuem Wohlbefinden beitrug. Martha kam endlich und heilte meine inneren Wunden, zumindest für eine ganze Weile.
Und ich traf mich mit Artjom, Michail und de m berühmten französischen Stararchitekten René Degaud. Michail sah mich an wie immer, sein ganzes Verhalten war völlig unberührt, als wenn es nie einen Vorfall gegeben hätte. Nur ein kleines unbedeutsames Gerangel unter Brüdern.
Ich sah ihn nun gänzlich anders, er war ein irrer Psychopath, aber beileibe kein Dummer. Bislang dachte ich aufgrund seines introvertierten Verhaltens, er wäre nur eine lieb gewonnene Marionette von Artjom, aber diese Rolle füllte er nicht aus. Michail tat immer nur unbeteiligt und sprach nicht viel, aber ich denke, er war immer der einzig gleichberechtigte Partner und wahre Freund von Artjom Chlebnikov. Der Name René Degaud haute mich erst einmal um, den hatte Artjom mir ja nicht genannt. Schon zu Lebzeiten eine Legende, ich kannte ihn aus diversen Illustrierten und vom Hörensagen. Auch er ein Handlanger von Artjom Chlebnikov!
Erst begegnete ich ih m fast ehrfürchtig, dabei war er nur ein arroganter Knecht.
Muss ich erwähnen, das Art jom an Renés Architekturbüro im mondänen Paris auch eine neunundvierzigprozentige Beteiligung hält?
Renè kreierte nie futuristische Gebäude, sondern griff immer das gute alte Design des Bauhauses auf. Sein Erstentwurf „unserer“ geplanten Immobilie haute mich um. Ich hatte ganz andere Vorstellungen, klein aber fein. Über Bord mit meinem engstirnigen Denken!
Das Gebäude , inklusive Tiefgarage würde fast so groß werden, wie die immer noch nicht fertige Elbphilharmonie. Diesen Zahn zog mir René sofort, es würde keine Bauverzögerungen geben, und die veranschlagten Baukosten von vierhundert Millionen Euro nicht überschritten werden. Das glaubte ich gern, denn die Verantwortlichen der ausführenden Firmen wollten bestimmt nicht im Beton des Gebäudes eingegossen werden. Artjom als Polier und Michail als Eisenbieger.
Dieser gezeichnete Glaspalast war der Hammer und würde ein weiteres Wahrzeichen in HafenCity werden. Das würde so sein, aber es berührte mich nicht. Unter normalen Umständen wäre ich wohl für Monate elektrisiert gewesen. Dann tat ich so, als wenn meine Begeisterung mich beflügelte, und brachte noch ein paar Ideen mit ein, alle waren begeistert. Das ganze Projekt hatte etwas Besonderes, halt ein weiterer Meilenstein in Artjoms Portfolio.
Ich war nur ein M inimosaiksteinchen, er wollte mich auf einen Sockel stellen und als besonders wichtig darstellen. Aber das war ich nie, er konnte mich nicht mehr blenden. Deshalb war ich froh, als die drei abgereist waren – natürlich erst nach einer kleinen Sauftour durch Hamburgs Diskotheken. René und ich versagten kläglich. Die beiden tranken Q-Wodka aus Wassergläsern, also wie immer – alles in allem war es wieder einmal spaßig.
Aber an diesem Abend gab es einen kleinen Vorfall mit einem Türsteher einer Nobeldisco, der uns illustre Gäste nicht erkannte, beziehungsweise hatte er ein Problem mit Michails Gesicht und wollte ihn nicht hereinlassen.
Der Geschäftsführer , dem die betuchten Gäste angekündigt waren, hatte wohl vergessen, seine Sicherheitsleute zu informieren.
Ich hatte mich schon gewundert, da ss Michail ihn nicht gleich vor unseren Augen
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