2130 - Der Wurm der Aarus
noch ein wenig Speck zulegst", meinte seine Freundin. „Ich habe so das Gefühl, als könntest du das bald gut brauchen - um davon zu zehren..."
Hand in Hand schwebten sie durch den Wurm, vom weißen Licht des Schirms umhüllt. Die Sicht war gerade hervorragend, man konnte einige Sphären weit durch den Wurm die bunt leuchtenden, von einzelnen Wolkenfeldern umgebenen schwebenden Objekte der Weltraumstadt sehen und dazwischen Tausende tanzender Punkte und Pünktchen von Aarus. Ein vertrautes Bild, das sich kaum änderte: Der Wurm schlief nie, es herrschte immer dichtes Gewimmel, selbst wenn die Wohnwelten einmal für kurze Zeit gut besetzt waren. Aarus benötigten nicht viel Schlaf und waren am liebsten aktiv.
Cheplin war da keine Ausnahme. Er ahnte, dass hinter Susas prophetischen Worten ein Fünkchen Wahrheit steckte; dass die nächsten Jahre ihm alles abverlangen würden und ihn an die Grenzen seiner selbst brachten.
„Susa, wir werden uns doch weiterhin sehen, nicht wahr?", fragte er mit einem fast ängstlichen Unterton. Seine Kiemen öffneten sich weit, als wolle er zu einem tiefen Seufzer Atem holen.
„Sei unbesorgt", antwortete seine Freundin. Ihre glatten, leicht grau gemaserten Lippen zeigten einen warmen Rotton der Zuneigung. „Ich werde bestimmt öfter freihaben als du und gern auf dich warten.
Glaubst du, nur weil wir allmählich erwachsen werden, trennen sich unsere Wege?"
„Es wird sich viel ändern, Susa."
„Das muss nicht unbedingt Schlechtes bedeuten, Cheplin. Auf dich wartet eine große Zukunft, da bin ich sicher."
3.
Ein böser Streich Auf der Navigatorenschule kamen hundert Auszubildende zusammen, allesamt begabt. Die erste Stufe der Ausbildung war für alle gleich, ab der zweiten Stufe begann die Spezialisierung auf Navigation, Mathematik, technische Wissenschaften, Medizin und Unterricht, aber auch Ökonomie. Vaikiri war bestimmt nicht der Begabteste, aber er besaß die Protektion der Vika, sein Weg zum Erfolg war vorgezeichnet. Cheplin hingegen konnte wie stets nur durch seine Leistungen überzeugen, da er den Makel des falschen Beckens besaß und als Unmarkierter galt.
Sein Kiemenflattern war entsprechend groß, als die Mitglieder der Gruppe einander vorgestellt wurden. Aber außer Vaikiri hatte niemand ein Problem mit ihm, sie grüßten ihn gutmütig und ließen ihn fortan einfach links liegen. Er gehörte nicht zu ihrem Schwarm, wurde aber ebenso wenig als Eindringling oder Rivale angesehen. Vaikiri stand ohne den gewohnten Rückhalt seiner Anhänger sehr schnell auf verlorenem Posten, als er gegen Cheplin hetzen wollte.
Eine angenehme Überraschung gab es: Als den Lehrern übergeordnete Ausbildungsleiterin fungierte Firanca, die über den Verlauf der Ausbildung wachte und Ansprechpartnerin für alle Fragen war. Ihr Gerechtigkeitssinn war legendär, und Cheplin konnte sich zumindest auf einigermaßen gerechte Bedingungen einstellen.
In den ersten Monaten hatte jedoch nicht einmal Vaikiri Zeit für Intrigen, denn der Unterricht forderte den jungen Aarus alles ab. Die sechs Jahre Grundunterricht waren ein Kinderspiel gegen diese Anforderungen, und selbst Cheplin musste heftig flösseln, um mitzukommen und nicht auf der Strecke zu bleiben. Solange er nicht plötzlich in der Öffentlichkeit zu nässeln anfing, war alles in Ordnung - und der Unmarkierte konnte sich damit trösten, dass es auch die anderen nicht leichter hatten.
Trotz der Anstrengungen machte es Cheplin ungeheuren Spaß. Zum ersten Mal in seinem Leben - mit Ausnahme der Abschlussprüfung - fühlte er sich gefordert und lernte seine Grenzen kennen. Der Stoff interessierte ihn nicht nur, er stellte ihn vor heikle Aufgaben, an denen er manchmal mehrere Freiperioden hindurch knobelte. Das Einzige, was er vermisste, waren seine regelmäßigen Ausflüge mit Susa. Sie besuchte ihn immerhin öfter zu einem kurzen Schwatz in seiner Wohnwelt, wo er meistens in einem blubbernden Pool lag, träge mit den Hinterfüßen paddelnd, eine holografische Unterrichtseinheit vor der Balkennase.
„Es ist unglaublich, was es alles zu lernen gibt", schwärmte der Aarus.
„Meine Ausbildung macht mir auch sehr viel Spaß, aber ich habe mehr Freizeit als du. Vielleicht sollte ich nach einem anderen Freund Ausschau halten."
„Das solltest du wirklich", meinte Cheplin schuldbewusst. „Es tut mir Leid."
„Was für ein Unsinn!" Ihre Kiemen klapperten fröhlich; sie lachte. „Ich glaube aber, ein Ausflug in ein Reservoir täte
Weitere Kostenlose Bücher