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2132 - Der Saltansprecher

Titel: 2132 - Der Saltansprecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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schien zu ahnen, dass Lemnas Triumph nicht ungetrübt bleiben würde. „Dann lasst uns Abschiednehmen", sagte Sebor, als der erwartete Gleiter als kleiner Punkt am Horizont auftauchte. „Schließlich haben wir alle lange auf diesen Tag gewartet." Lemna gab nicht zu erkennen ob ihr der Unterton in seiner Stimme aufgefallen war. Sie umarmte Tieger, bis der Gleiter landete und sich die Flügeltüren öffneten. Erst dann gab sie ihn mit Tränen in den Augen frei und brachte ihn zu seinem Platz. Sebor empfand fast so etwas wie Mitleid, als er den verständnislosen Blick des Jungen sah und daran dachte was ihn am Ende seiner Reise erwartete.
    In einer Wolke aus Wasserdampf stieg der Gleiter in den grauen Himmel und verschwand hinter den Bäumen. Sebor wandte sich ab, erwartete ruhig den nächsten Akt des Stückes, das er in Gedanken längst bis zum Ende durchgespielt hatte. Beinahe hätte er gelacht, als Ters mit ernstem Gesicht vortrat und sich vor dem Komitee der Neun verneigte. Seine Hände lagen auf den Schwertgriffen, gaben Auskunft darüber, dass er eine offizielle Bitte vorbringen wollte. „Ist es gestattet zu sprechen?", fragte er höflicher, als es nötig war. „Selbstverständlich ist es das", sagte Sebor. Lemna und Rufas warfen sich irritierte Blicke zu. Es gefiel ihm, dass sie nicht zu ahnen schienen, was gerade geschah.
    Ters verneigte sich erneut. „Mein Sohn ist jetzt in die Obhut anderer gegeben worden. Er unterliegt nicht mehr meiner Verantwortung, und deshalb möchte ich euch bitten, mir einen Wunsch zu gewähren, der seit langem in mir lebt. In meinen Visionen sehe ich mich am Fuße eines Berges, allein und zufrieden. Lasst mich diesen Berg suchen und dort mein Leben als Eremit verbringen. Entbindet mich von meinem Eheversprechen." Ein Raunen ging durch die versammelten Pfauchonen. Rufas wirkte wie jemand, dem man gerade ins Gesicht geschlagen hatte, Lemna war erstarrt. Sebor genoss den Anblick ihrer schreckgeweiteten Augen, stellte sich vor, wie sie nach und nach begriff, dass ihr Leben beendet war.
    Mit seinen Worten hatte Ters sie entehrt, hatte ihr die Familie und die Stellung genommen. Für eine verheiratete Frau gab es keine größere Schande, als ihren Mann auf diese Weise zu verlieren. Der Wunsch, ein Eremitendasein zu führen, dokumentierte ihre Unfähigkeit und ihr Versagen. Nur zwei Dinge blieben ihr jetzt noch: Sie konnte als Nonne des untersten Rangs in ein Kloster gehen und dort auf den Tod warten oder sich selbst das Leben nehmen.
    Ters sah zu seiner Frau. Auf seinem Gesicht zeichnete sich kein Triumph ab, nur das stille Wissen, dass er nach all den Jahren doch noch seine Rache bekommen hatte. Sebor zog den Augenblick in die Länge, wartete, bis er sicher sein konnte, dass Lemna begriffen hatte, wem sie die Entscheidung ihres Mannes zu verdanken hatte. Dann nickte er Ters zu. „Deine Bitte sei dir gewährt." Zwei Stunden später fand man Lemna am Rande des Waldes.
    Der mishim steckte bis zum Heft in ihrem Herzen. Rufas verließ noch am gleichen Abend das Dorf und kehrte nie wieder zurück.
    Ters zog sich in den Wald zurück und war einer von den acht Pfauchonen, die acht Tage nach Tiegers Abreise bei einem Unwetter ums Leben kamen.
    Als der junge Prophet auf Phitter landete, war er der letzte Überlebende seiner Familie.
     
    2.
     
    Phitter Wenn Pernaq Rongazz über sein Leben im Kloster der Stadt Follmonk nachdachte, fielen ihm zwei eigentlich widersprüchliche Adjektive ein: faszinierend und absolut trostlos. Trostlos waren die zerklüfteten Berge, in deren Ausläufern das Kloster lag, und die Hochebenen, über die der Wind Staub und Sand blies. Trostlos war die Stadt, deren Hütten sich um die Klostermauern drängten, als seien sie Bettler, die auf Mildtätigkeit hofften.
    Faszinierend hingegen die Mönche, diese besonderen Pfauchonischen Propheten, ihr Können und ihre Visionen. Seit einigen Jahren lebte Pernaq bereits als Mediker unter ihnen, aber ihre Weisheit überraschte ihn immer wieder. Er unterbrach seinen morgendlichen Spaziergang, als er den Klostervorsteher Olibec auf einer der Mauern bemerkte. Sein langes weißes Haar wehte im Wind; Olibec war so alt, dass der Saltan in seinem Hinterkopf graue Flecke zeigte. Pernaq verzichtete auf den Antigravaufzug und stieg über. eine der Holzleitern zur Mauerkrone empor. In alten Zeiten hatte man von den Mauern und Wachtürmen häufig Aufstände unter den gewöhnlichen Pfauchonen bekämpft, aber das war längst vorbei.
    Rund

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