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2132 - Der Saltansprecher

Titel: 2132 - Der Saltansprecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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wartete.
    Tieger griff nach einem Strang, zog ihn beiseite ... ... und öffnete mit einem Ruck die Augen. Das Licht der Kerzen blendete ihn, und er musste Tränen beiseite blinzeln, die seine Sicht trübten. Noch immer lag er auf dem Metalltisch, festgeschnallt an Händen, Füßen und am Hals. Die Geräte, die man auf seiner Stirn befestigt hatte, vibrierten leicht und waren warm. Als man ihn vor vielen Stunden in diesen Raum geführt hatte, war in ihm noch die Hoffnung auf eine Saltansetzung gewesen, aber die hatte er längst abgeschüttelt. Schließlich konnte man ihm keinen Saltan setzen, während er mit dem Hinterkopf auf einem Tisch lag.
    Tieger hörte, wie man sich um ihn herum bewegte. Ab und zu tauchte ein pfauchonischer Prophet in seinem Blickfeld auf, verschwand jedoch sofort wieder. Ein seltsames Brummen lag in der Luft, fast so laut wie auf dem Raumschiff. Irgendwo murmelten Stimmen Zahlen und Worte, die er nicht verstand. „Ich hab Hunger", sagte er. Niemand reagierte. „Ich hab Hunger!" Lauter dieses Mal, fordernder. Eine Hand tauchte wie ein Geist vor seinen Augen auf und ohrfeigte ihn. „Du bekommst etwas zu essen, wenn wir es für richtig halten. Sei jetzt still!" Tieger schloss erschrocken den Mund. Seine Wange brannte. Ihm fiel ein, dass man ihn noch nie in seinem Leben geschlagen hatte, selbst dieses eine Mal nicht, da er dem kleinen Jungen versehentlich die Hand gebrochen hatte. Seine Mutter würde wütend werden, wenn sie davon erfuhr. Tieger hoffte, dass sie ihn bald besuchte. Eine Tür öffnete sich zischend. „Das ist der Junge", sagte eine alt klingende Stimme. „Und das sind seine Werte."
    „Sind diese Werte überprüft worden?" Eine andere Stimme, dunkler und jünger als die erste. „Die Experimente werden seit gestern Nacht durchgeführt. Ein Berechnungsfehler ist mehr als unwahrscheinlich." Tieger sah gelangweilt zur Decke.
    Er verstand zwar die einzelnen Worte aber ihr Sinn blieb unklar. Die beiden Stimmen unterhielten sich über ihn, sprachen von seltsamen Dingen wie Hirnpartien und dauerhafter Aktivierung. Unbewusst begann seine Hand die Worte zu zählen, stoppte nach jedem sechsten ab und begann von vorne.
    Die Stimmen sprachen viele Hände lang.
    Nach einer Weile, als Tieger fast schon eingeschlafen war, traten die Sprecher in sein Blickfeld. Er bemerkte sofort, dass nur der Ältere von beiden einen Saltan trug. „Was wirst du jetzt tun?", fragte der Jüngere. Der andere, dessen weiße Haare Tieger fast berührten, neigte den Kopf. „Ich bin weder sein Richter noch sein Henker. Ich bringe ihn nur auf einen Weg, dem er allein folgen muss. Der Rest ist dann gozin ..."
    Irgendwann schnallten sie Tieger los und brachten ihn in eine dunkle Kammer am Ende eines Gangs. Es gab kein Fenster, nur eine Öllampe auf dem Boden und eine Pritsche, die so kurz war, dass seine Füße in der Luft hingen. Er wagte nicht, sich darüber zu beschweren. Einer der beiden pfauchonischen Propheten, die ihn zu seiner neuen Unterkunft begleitet hatten, stellte ein Tablett mit Brot, Eintopf und einem Krug Wasser ab. „Hast du alles verstanden, was der Vorsteher zu dir gesagt hat?", fragte er. Tieger nickte und begann die Ver bote an einer Hand abzuzählen. Es waren drei, das hatte er sich gemerkt. „Ich darf nicht mit den anderen Mönchen reden. Ich darf nicht das Kloster verlassen und ich darf nie wieder ..." Er brach ab, als sein Geist gegen eine Wand lief. „Und ich darf nie ..." Die beiden Männer sahen sich kurz an. Ihre Aura war so stark, dass Tieger sie auf seiner Zunge schmeckte, als wäre es gabrauni ... „Gabraunizisz! Ich darf nie wieder gabraunizisz nehmen!"
    „Na also, es geht doch. Bleib in deiner Kammer, bis jemand kommt, um dich zu holen, verstanden?"
    „Ja." Tieger blieb auf der Pritsche sitzen und sah zu, wie die pfauchonischen Propheten den Raum verließen. Ihre Kutten raschelten.
    Die Saltans in ihren Hinterköpfen wippten bei jeder Bewegung und warfen riesenhafte Schatten an die Wände. Dann verschwanden sie aus dem Lichtkegel der Öllampe. Eine lange Zeit hallten ihre Schritte durch den Gang, bis auch dieses Geräusch verstummte und Tieger zum ersten Mal in seinem Leben völlig allein war.
    Er zog die Beine an und stützte das Kinn auf die Knie. Draußen musste längst ein neuer Tag angebrochen sein, aber hier drinnen herrschte eine Dunkelheit, die ihn an den Weltraum erinnerte, den er durchquert hatte. Die Zeit schien stillzustehen. Tieger dachte an die drei Verbote und an

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