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2132 - Der Saltansprecher

Titel: 2132 - Der Saltansprecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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gesund! Das heißt, er kann lernen, ist nich Mikhate."
    „Ich weiß, was das heißt." Jeke umarmte ihn und spürte, wie Tieger den Druck erwiderte. „Hab Hunger", hörte er ihn dann sagen. „Ich muss gesund sein für meinen. Sohn ... auch ohne Hände muss ich das."
    „So ist es richtig." Jeke beugte sich nach unten, um den Teller vom Tablett zu nehmen, aber Tieger kam ihm zuvor. Er sprang von der Pritsche, hockte sich auf den Boden und legte seine Stümpfe unter den Rand der Schüssel. Vorsichtig balancierend nahm er sie hoch und brachte seinen Mund heran. Tieger fraß wie ein Tier, aber Jeke beanstandete das nicht, denn diese Mahlzeit war die erste selbständige Handlung seit über einem Jahr.
    Irgendwann stellte Tieger die leere Schüssel zurück auf das Tablett. Sein Gesicht war weiß verschmiert. „Ich stinke", sagte er. Jeke lachte und legte ihm zustimmend die Hand auf die Schulter. „Das werden wir ändern. Komm mit!" Gemeinsam verließen sie die Kammer und Jeke wurde klar, dass er noch nie jemanden gesehen hatte, der so schnell ins Leben zurückfand. Manchmal, dachte er, kann Mikhate ,auch eine Gnade der Götter sein.
    Niemand war glücklicher über diese Rückkehr von den Toten als Molpo. Am ersten Tag, an dem er Tieger wartend vor den Stallungen begegnet war, hatte er abends ein langes Gebet gesprochen und seinen Göttern gedankt. Jetzt, zehn Tage später, schloss er das Tor zu den Stallungen auf und sah sich misstrauisch nach den Saltans um. „Du glaubst nicht, wie froh ich bin, dass du wieder mitkommst", sagte er wie jeden Morgen. „Die Saltans verhalten sich viel ausgeglichener, wenn du dabei bist."
    „Sie sollen dich in Ruhe lassen, das wissen sie." Tieger wirkte ungeduldig, als die zweite Tür nicht sofort für ihn aufgeschlossen wurde. Molpo schob sich an ihm vorbei und holte das nach. „Hilfst du mir nachher das Wasser zu wechseln?", fragte er, aber Tieger war bereits tief in den Gang vorgestoßen. Er schien es kaum erwarten zu können, die Höhle zu betreten. Molpo hinkte hinterher, bemüht, nicht zurückzufallen und wieder allein mit den Saltans zu sein. Zwei Mönche hatte er während Tiegers Apathie eingearbeitet, zwei Mönche hatte er verloren. Die letzten Monate war er nur noch ohne Begleitung in die Gehege gegangen.
    Er bog in die große Höhle ein und blieb stehen. Tieger hockte bereits zwischen den Saltans, die sich wie ein schwarzer wogender Teppich um ihn scharten. Der Anblick jagte Molpo einen Schauer über den Rücken.
    „Hat das trächtige Weibchen bereits geworfen?", fragte er. „Nee, sie tut die Kinder später kriegen, Wir sin alle schon aufgeregt." Wir?, dachte Molpo. Nicht zum ersten Mal fiel ihm auf, dass Tieger sich immer stärker mit den Saltans zu identifizieren schien. Vielleicht lag das an seinen fehlenden Händen, vielleicht aber auch daran, dass diese Tiere ihn als Einzige nie enttäuscht hatten. Ihnen waren seine Intelligenz und seine Visionen egal; es kümmerte sie nicht, dass er mit einer einfachen Pfauchonin ein Kind gezeugt hatte. „Wir werden später noch einmal nach ihr sehen", sagte Molpo. „Lass uns jetzt das Wasser wechseln und dann nichts wie raus hier." Tieger stand gehorsam auf und ging zu den großen Wassertanks. Die meisten Saltans blieben zurück. Nur ein paar schlängelten sich hinter ihm her und richteten sich in geringer Entfernung auf. Ihre Oberkörper wackelten langsam hin und her, während ihr Ortungssinn die Umgebung erfasste. Ihr Verhalten erinnerte Molpo an Leibwächter. Er begann mit der Säuberung der Tanks. Tieger stemmte sich mit dem Rücken dagegen, um sie zu kippen, und schien froh zu sein, eine Arbeit gefunden zu haben, die er ohne Hände erledigen konnte.
    Es dauerte eine Weile, bis sie die Tanks von Kalk und Algen befreit hatten. Die zeitraubende und monotone Arbeit hätte ebenso gut automatisch erledigt werden können, aber Molpo empfand es als Sakrileg, künstliche Energie in der Nähe der heiligen Tiere zu verwenden. So hatte er die Modernisierungsversuche einiger junger Mönche stets gestoppt. Jetzt war er froh darüber, denn die Reinigung half Tieger dabei, sich wieder nützlich zu fühlen. Schließlich traten sie schwer atmend und schwitzend zurück. „Ohne dich hätte ich es nicht geschafft", log Molpo. „Komm mit in die Küche, dann essen wir was zusammen."
    „Will hier bleiben." Tiegers Blick glitt bereits zu den Saltans in ihren Gruben. „Kannst mich später holen."
    „Hast du denn keinen Hunger?"
    „Nee ..." Es

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