2141 - Der verlorene Wurm
wie diesen konstruiert. Susa und Cheplin hatten einen „Schnellkursus" durchlaufen, in dem ihnen sämtliche Hilfsmittel vorgestellt wurden und sie selbst eine Einweisung in das Verhalten eines Agenten erhielten. Das war natürlich alles sehr fremd für sie, aber interessant, und ohne die bedrohliche Situation am Sternenfenster hätten sie sogar Spaß daran gefunden. All dies kannten sie nicht - Versteckspielen, Unauffälligkeit, schnelle Reaktionen, stetige Wachsamkeit. Aber sie besaßen eine hervorragende Auffassungsgabe und fanden sich gut in ihre Rolle hinein.
Für Cheplin war es leichter als für Susa, die den Wurm noch nie verlassen hatte. Dafür fand sie sich sehr viel schneller mit der terranischen Technik zurecht, fast ohne Erklärung deutete sie die Funktionsweise der Mikrogeräte richtig. „Das ist doch kein Wunder", hatte sie bemerkt, „ich bin darin Spezialistin, fremde Technik zu analysieren, zu reparieren und nachzubauen." Susa hatte sich alle geplanten Schritte genau eingeprägt. Sie aktivierte zwei optische Linsen, die die Schicht über ihren Augen durchstießen und ihr einen ersten Eindruck vermittelten.
Susa schwamm in einem suppenartigen trüben Wasser. Das weckte längst verschüttete Erinnerungen an ihre Entwicklungszeit vor dem Schlupf; auch die Aufzucht der Nachkommen erfolgte in solchen Tanks, wenngleich diese natürlich sehr viel größer waren. In dem gedämpften Umgebungslicht konnte die Rescotin schwach weitere Tanks erkennen, in die große, dunkle Körper eingebettet waren. Die Ortung übermittelte ihr, dass keine Gefahr drohte. Außer den Kranken war niemand sonst hier, es gab keine automatischen Überwachungssysteme außer denen der Tanks, die individuell auf Veränderungen der Lebenszeichen reagierten.
Es ist wie bei uns. In Aarus-Jima hatten sie den Einsatz probeweise durchgespielt, und so fand Susa sich problemlos zurecht. Sie brauchte nicht nervös zu werden. Oben an der Wand des Tanks, in der Nähe des Einstiegs, entdeckte Susa die Sensorleiste. Mit trägen Bewegungen, um keinen Alarm auszulösen, ließ sie sich wie zufällig dorthin treiben. Über sich erkannte sie das Greifsystem, das bewegungsunfähige Körper in den Tank hinablassen konnte. Ganz langsam streckte sie den Arm aus. Nun war sie froh, diese Prozedur schon einmal geübt zu haben, denn in der Maske konnte sie kaum agieren. Auch die Geschwindigkeit musste passen; bei den ersten Versuchen in Jima war der Alarm losgegangen. Schließlich hatte sie die Sensorleiste erreicht und setzte eine Art Dongle an, einen Zwischenstecker als Umleitung, der die ursprünglichen Datensignale abfing und sein eigenes Programm einspeiste; eine Endlosschleife, in der der unveränderte Zustand des Brandopfers vorgespiegelt wurde.
Atemlos lauschte sie. Geschafft! Nun konnte sie sich frei bewegen. Es galt, keine Zeit zu verlieren. Trotz des Antidots fühlte sie sich allmählich leicht benommen von dem Wasser, das durch ihre Kiemen strömte. Susa riss die Ganzkörpermaske entlang der Nähte auf und schälte sich ins Freie.
Erleichtert atmete sie auf, als sie endlich wieder volle Bewegungsfreiheit hatte, vor allem war ihr in der Hülle allmählich zu warm geworden. Sie öffnete den Sammelbehälter an ihrem Exoskelett vor der Brust und steckte die in der Verkleidung verborgen mitgeführten Geräte hinein: Deflektor, Antigrav, Mikrorechner, Funk, Desintegrator, Orter und Miniatur-Multifunktionswerkzeug. Für Hände in Aarus-Größe waren diese Werkzeuge nicht leicht zu handhaben, aber nach einiger Übung war dies kein Hindernis mehr. Was sie sonst eventuell noch brauchte, musste sie sich vom Wurm selbst besorgen.
Anschließend klebte sie die Ganzkörpermaske an den Nähten wieder zu und verschweißte sie. Im Inneren wurden daraufhin winzige Presslufttanks geöffnet, die die Maske zu Aarus-Größe aufblies. Mikromotoren trieben ein Gestänge an, das die leere Larve gut einen Monat in Bewegung halten würde. In Aarus-Jima würde so lange garantiert niemand versuchen, den Körper aus dem Tank zu holen. Die Regeneration dauerte sehr lange, und, das Koma durfte nicht vorschnell beendet werden. Nachdem hier alles so ähnlich war, würde es in Aarus-Kaart wohl ebenso verlaufen.
Susa steckte vorsichtig den Kopf aus dem Wasser und sondierte die Umgebung mit ihren weit auseinander stehenden Augen. Dann stieß sie das letzte Wasser aus den Kiemen, kletterte aus dem Tank und stellte auf Lungenatmung um. Dabei fiel ihr sofort der seltsame, noch nie
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