Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

2141 - Der verlorene Wurm

Titel: 2141 - Der verlorene Wurm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
Fensterstation geöffnet war und wieder normale Zustande herrschten, auf Freischicht geschickt würde, und zwar bis an sein Lebensende.
    Daran würde er nichts ändern können. Aber bis dahin würde er dafür sorgen, dass man ihn niemals vergaß. Das war er der Fabrik schuldig. F-04 nannten die hier beschäftigten Techniker unter sich „die Alte" und Keito „das Gespenst". So mancher witzelte, dass beide gleich alt seien. Die Fabrik 04 war die älteste von allen; sie war damals im Orbit von Aar als Erste konstruiert und in Betrieb genommen worden. Seit je her produzierte sie Maschinen- und Anlagenteile, und das war vor allem in der Anfangszeit, nach dem Aufbruch ins Nomadendasein, von enormer Bedeutung gewesen.
    Irgendwie wurde es jedoch versäumt, F-04 auf dem neuesten technischen Standard zu halten, denn sie lief stets zufrieden stellend, es gab kaum Ausfälle, und die Ansprüche an sie waren nicht hoch. „Etwas, das gut funktioniert, sollte nicht verbessert werden, denn das führt nur zur Katastrophe", hatte der erste Schwarmer einst gesagt. Zwar hatte man die anderen Fabriken im Lauf der Jahrhunderte und Jahrtausende trotzdem aufgerüstet und modernisiert. Zudem kamen zwei neue Fabriken mit dem hohem Niveau der Inquisitionstechnik hinzu. Aber F-04 wurde nicht angerührt, auch Jahrtausende nach dem Ableben des ersten Schwarmers nicht. Es hatte sich zur Gewohnheit entwickelt, nur notwendige Teile auszutauschen und den Rest in Ruhe zu lassen.
    F-04 hatte nie eine besondere Bedeutung erhalten, obwohl sie unverzichtbar war. Aber hierher kamen diejenigen Techniker, deren Begabung sich in Grenzen hielt. Mit der Zeit entwickelte jeder von ihnen ein besonderes Verhältnis zur „Alten", denn aufgrund ihres hohen Alters hatte sie inzwischen bestimmte Schwächen und Macken, alles war alt und abgegriffen, die ganze Fabrik ächzte und stöhnte hin und wieder, als litte sie unter Rheuma.
    Man brauchte besondere Umgangsformen, um sie bedienen zu können, und so war es kein Wunder, dass man „die Alte" fast für ein Lebewesen hielt.
    Junge Grobiane, die gerade die Schule hinter sich gebracht hatten, wurden sehr schnell zur Räson gebracht und zuerst zurechtgestutzt, bevor sie in die Geheimnisse der Fabrik eingeführt wurden.
    Es gab Sektionen, die schon seit Jahrtausenden nicht mehr in Betrieb waren. Selbst die Luft roch dort alt, nach rostendem Metall, denn irgendwo schlug sich immer Kondenswasser aus der hohen Luftfeuchtigkeit der Atmosphäre des Innenraums nieder: Sie sickerte durch winzige Risse und Löcher, selbst durch die Schleusen herein. Was nicht verrostete, verstaubte irgendwann, manches zerbröckelte. Dennoch gab es Anlagen, die funktionierten; nur nahm sie keiner mehr in Betrieb. Sie wurden nicht mehr benötigt. Auf neugierige Finger wurde tadelnd geklopft, denn „die Alte" nahm solche Störungen unter Umständen übel, sie war schon etwas schläfrig geworden und schätzte es nicht, wenn man gewisse Bereiche ihres Inneren wieder zum Leben erwecken wollte.
    Für die Techniker, die hier zur Arbeit eingeteilt wurden, wurde „die Alte" zur Lebensaufgabe. Nur sehr wenige wollten wieder weg oder zeigten sich im Nachhinein so qualifiziert, dass sie anderswo eingeteilt wurden. Wobei die Leistungen von F-04 damit nicht geschmälert wurden. Alles, was hier vom Fließband lief, war wie von den Aarus gewohnt, saubere, präzise und perfekte Arbeit. Und die Techniker belächelte niemand, denn sie brauchten eine gute Einfühlungsgabe, damit der Ablauf reibungslos und effizient vonstatten ging. Sie verstanden alle ihr Handwerk.
    Sosehr wie „die Alte" geschätzt wurde, sosehr verabscheut wurde „das Gespenst". Wie alt Keito wirklich war, wusste keiner. Zweifellos hatte er mehr als einen Schwarmer überlebt und gehörte eindeutig zu den Ältesten in Aarus-Kaart. Das Genetische Archiv wusste nichts über ihn, aber das war nicht ungewöhnlich. Nur besonders Begabte blieben in den Verzeichnissen, die anderen wurden nach einiger Zeit gelöscht. Nach seinen eigenen Angaben - wobei er selbst nicht mehr sagen konnte, wie lange das nun schon war - arbeitete Keito schon seit dem Schulabschluss in der Fabrik, mit der ihn eine wahre Hassliebe verband. Keito hatte sich immer für einen höher Berufenen gehalten, aber niemand gab ihm je eine Chance. Selbst wenn es einmal zu Beförderungen kam, blieb er immer außen vor. „Keito, du bist einfach nicht dafür geeignet", hatte man ihm schon öfter erklärt. „Niemand hat etwas davon, wenn

Weitere Kostenlose Bücher