2141 - Der verlorene Wurm
Die Aarus in Kaart hatten schlicht zu viel zu tun, um sich irgend welche Gedanken über seltsame Besucher zu machen. Susa wollte sich gerade an einer Montageschleuse zu schaffen machen, als sie sich plötzlich krümmte. Cheplin wollte sie stützen, aber ihr Körper wurde von einem krampfartigen Anfall so sehr geschüttelt, dass sie ihn unbeabsichtigt von sich stieß. Sie wand und krümmte sich, zuckend und zappelnd trieb sie durch die Schwerelosigkeit der Sphäre, ohne ihre Bewegungen steuern zu können.
Cheplin versuchte mehrmals sie aufzuhalten, aber er kam ihr nicht nahe genug. Schließlich versuchte er es wie bei einem Angriff. Die ungezügelte Kraft ihrer heftig wild um sich schlagenden Arme schleuderten ihn wieder zurück und setzten ihn halb außer Gefecht. Zusätzlich hatte ihre geballte Faust das Bedienelement seines Portensors getroffen und ihn auf Höchstbeschleunigung gestellt. Der benommene Cheplin schoss wie eine Rakete davon, genau auf die Kopfkuppel des Ozeanischen Computers zu.
Susas Lippen liefen unterdessen blau an, weil ihr Körper aus einem unerklärlichen Reflex auf Kiemenatmung umgestellt hatte. Lautlos, mit weit gespreizten Kiemen, schnappte sie nach Luft. Normalerweise konnten Aarus Luft in ihren Lungen speichern und mühelos den Atem für mehrere Minuten anhalten, aber nur bei geschlossenen Kiemen. In diesem Moment geriet ihr Körper völlig außer Kontrolle: Die Lungen waren luftleer, und die Kiemen blähten sich in dem vergeblichen Bemühen, den Gasaustausch zwischen Wasser und Blut vorzunehmen.
Cheplin kam in der sprichwörtlich letzten Sekunde wieder so weit zu sich, dass er gerade noch den Kurs ändern konnte, bevor er auf der Oberfläche zerschellte. Er bog sich, so weit es ging, und fingerte gleichzeitig hektisch an der Kontrolle des Portensors. Der Schwarmer knirschte mit den Zähnen, als er trotzdem mit der linken Seite an der Kuppel entlangschrammte. Dann aber hatte er den Portensor endlich wieder im Griff, verlangsamte und entfernte sich hastig. Seine raue Haut brannte wie Feuer, und seine Instinkte verlangten sofort nach einem kühlen Bad.
Zuerst war Susa an der Reihe, deren Bewegungen merklich langsamer wurden; ihr weit aufgerissener Mund stülpte sich heraus. Cheplin flog zu ihr und schlug seiner Gefährtin mit voller Kraft auf den obersten rechten Kiemendeckel. Der Schmerz schien sie zur Besinnung zu bringen, die Kiemen klappten zusammen, und sie atmete hörbar ein. Dann hustete sie, die Zuckungen hörten auf. Cheplin zog sie mit sich, um wenigstens unterhalb der Computerkuppel einigermaßen Deckung zu finden. Seine Augen spähten besorgt umher, aber niemand schien diesen Vorfall bemerkt zu haben, obwohl es Cheplin wie eine Ewigkeit erschienen war.
Susa stöhnte leise und rieb sich den schmerzenden Kiemendeckel. Ihre Lippen nahmen allmählich wieder eine normale Farbe an. „Was war denn das?", fragte Cheplin verstört. „Du und deine Ideen", gab Susa zurück. „Das muss eine Nachwirkung von diesem Wasser sein. Mir ist immer noch schlecht ... aber es geht wieder. Ich glaube, der Anfall ist vorbei."
„Ich hoffe es, sonst müssen wir diese Mission abbrechen, Susa. Wir haben gerade noch mal Glück gehabt, dass die Aarus alle so beschäftigt sind. Niemand hat uns gesehen."
„Der Wurm ist eben mit uns", murmelte Susa. „Ich glaube, ich habe dich beinahe umgebracht, nicht wahr?"
„Ich bin immer noch ein guter Navigator", brummte Cheplin. „Es war eine gute Übung und sorgt dafür, nicht zu träge zu werden. Aber ich mache mir Sorgen um dich, wenn du ernstlich ..."
„Vergiss es, mein Lieber, ich mache weiter." Susa löste sich von ihm und aktivierte ihren Orter. Nach einer Weile stellte sie fest: „Diese hier ist gut." Sie steuerte eine Wartungsschleuse an. „Ich werde schnell machen."
„Sollen wir nicht lieber warten, ob du wirklich in Ordnung bist?"
„Wie lange sollen wir noch in der Öffentlichkeit herumhängen? Und komm nicht auf die Idee, den Deflektor zu aktivieren. Wir müssen aufhören wie Jima-Aarus zu denken und wie Fremde zu handeln. Wir sind jetzt Kaart-Aarus."
Cheplin sah Susa zu, wie sie den Bedienmechanismus der Schleuse studierte, ein aarusisches Gerät aus ihrer Ausrüstung hervorholte und einen Kode eingab. Kurze Zeit später öffnete sich die Schleuse, und ein sanfter Sog beförderte beide hinein. Erleichtert spürte Cheplin Wasser auf seiner misshandelten Haut, das kühlte und beruhigte. Auch hier schmeckte es genauso wie in Jima, und das
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