2145 - Gestrandet auf Vision
einer Quelle mitten in der Wüste legten sie eine Rast ein. Sie tranken von dem bekömmlichen Wasser aus der Felsenkuhle, aßen anschließend ein paar getrocknete Früchte aus den Vorräten. „"Wir überleben nur, wenn wir uns nicht gegenseitig in den Wahnsinn treiben", sagte Get nach einer Weile. „Am besten wäre, Kamattagira eine Behausung weitab vom Dorf zu geben."
Kewin widersprach. „Es wäre sinnlos. Mit ihren Fähigkeiten wäre sie jederzeit gegenwärtig, selbst in unseren Träumen." Die Wahrscheinlichkeit lag nicht besonders hoch, aber er hegte seit dem Morgen den Verdacht, dass die Mago hinter seinem Albtraum steckte. Sie suggerierte ihm Gedanken, die seinen Schuldkomplex vordergründig abbauten, ihn in Wahrheit aber verstärkten. Der Tod der Entität war unausweichlich gewesen. Dass Kamattagira Kewin an sein Tun erinnerte, wog tausendfach schwerer. Die anderen, welche ihm die Stimme im Traum genannt hatte, das waren sie selbst, die Cynos in ihren Vertyrenkörpern. Ihnen gehörte jetzt diese Welt. Auf ihrer Oberfläche würden sie den unendlich langen Lebensabend verbringen.
Lebensabend - wie das klang! Geradeso, als handle es sich bei den Technos und der Mago um alte Lebewesen. Es war nicht der Fall. Aber kein Cyno war sich über seine Lebensdauer im Klaren. So weit sie zurückdenken konnten, hatte noch nie einer von ihnen jünger als mit tausend Jahren das Zeitliche gesegnet und das Räumliche gepriesen. Manche Technos erreichten ein Alter von zehntausend und mehr. Wie es bei den Magos aussah, wusste sowieso keiner zu sagen. „Ich werde nochmals mit ihr sprechen", setzte Get das Gespräch fort. „Wenn sie spürt, dass alle gegen sie sind, geht sie von allein." Get hielt das für eine Erleichterung ihres Lebens auf Zabar-Ardaran, Kewin eher für das Gegenteil. Die Mago besaß Kräfte und Fähigkeiten, die sie lieber. nicht heraufbeschworen. Wenn sie sich gegen die Technos richteten, brach das Chaos aus. Ihre eigenen Fähigkeiten nützten den neun Technos gegen die Mago nichts. Aber sie vermochten mit ihnen auch nichts auf dieser Welt auszurichten. Ihr enormes technisches Verständnis blieb ungenutzt, die lange Lebensdauer zögerte den Tod lediglich hinaus.
Eine Ausnahme bildete höchstens die Mago. Kewin argwöhnte, dass Kamattagira durchaus in der Lage war, den Planeten zu verlassen und eine der anderen Welten des Horani-Hamee-Systems aufzusuchen. Wenn sie irgendwo ein flugfähiges Raumschiff fand, hoffte er, dass sie für alle Zeiten aus ihrem Leben verschwand. Kewin Kirrik war allerdings Realist genug, um einzusehen, dass es sich dabei um einen ausgesprochen frommen Wunsch handelte. „Wenn sie geht, ist das keine Lösung, Get."
Sie setzten ihre Wanderung fort, übernachteten in einer Höhle, nachdem sie die Gefährten über Funk von ihrer Absicht in Kenntnis gesetzt hatten. Am nächsten Tag schlugen sie einen weiten Bogen nach Süden und Westen. Kurz vor Sonnenuntergang wandten sie sich nach Norden. Mit dem Beginn der Dämmerung erreichten sie Kys Chamei, ihr „"Schwarmdorf", wie Lowi Olpox es zärtlich formuliert hatte.
Die Mago erwartete sie bereits, Sie nahm Eintragungen in ihrem Notizbuch vor. Get Leshishi platzte beinahe der Kragen, als er es sah. Kewin Kirrik mahnte zur Besonnenheit. „Sie erreicht damit nur eines: Sie treibt uns nach und nach aus dem Dorf." Kamattagira schrieb mit. Anschließend verschwand sie in ihrer Hütte.
Die Mago lauerte überall. Kewin Kirrik machte keinen Schritt, ohne dass sie ihn nicht protokollierte. Sie führte exakt Buch über seinen Tagesablauf.
Bis zum Mittag ließ er es sich gefallen. In einem unbeobachteten Augenblick verschwand er jenseits der Senke, floh in die Wüste hinein, unsichtbar und ohne Spuren zu hinterlassen. Diesmal wandte er sich nach Westen. In Sichtweite flog er an den Trümmern der Fähre vorbei. Nichts hatte sich dort verändert. Es gab keinen Wind, der die Metallteile mit Sand überzog. Pflanzen fehlten in diesem Teil der Ebene sowieso, und Tiere schien es auch nicht zu geben, die sich die Überreste des Raumschiffs als neue Behausung erkoren.
Kewin Kirrik lauschte in sich hinein. Er suchte nach mentalen Spuren in seinem Bewusstsein, die der Schemen hinterlassen hatte. Irgendwo mussten sie existieren. Die mentale Stimme in der Nacht hatte er sich nicht eingebildet. Wenn sich tief in seinem Innern etwas verbarg, wusste es sich gut zu verstecken. Sosehr er sich Mühe gab, er fand keinen Anhaltspunkt, dass nicht doch die Mago
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