2150 - Festung der Inquisition
Nichts schien aus der Umfassung einer energetischen Umklammerung in die Zentrale der TRAH BAR zu schwappen.
Obwohl dieser Anblick jedem Valenter vertraut war, der in der Zentrale Dienst tat, konnte Zebuck ein leises Raunen vernehmen, das durch die Reihen der Besatzungsmitglieder ging. Einige Valenter wichen sogar unwillkürlich einen Schritt zurück, als das Nichts nach ihnen zu greifen schien oder zumindest nach der Leiche des Kommandanten, als spürte es, dass sich dort jemand in seine Reichweite gewagt hatte.
Zebuck lächelte schwach. Wie einfältig waren die Valenter doch! Für ihn strahlte dieses Phänomen in der Stirnseite der Zentrale keine Bedrohung aus, sondern Erhabenheit. Er fragte sich, wie die anderen es sahen. Wie ein Tor, wie einen direkten Zugang in den Hyperraum ... oder wie die Verkörperung einer unfassbaren Entität, die nur darauf wartete, die TRAH BAR zu verschlingen?
Egal. Sein Hauptaugenmerk musste nun wichtigeren, konkreteren Belangen gelten.
Noch immer wagte sich keiner der Valenter zu rühren.
„Schafft mir den Verräter aus den Augen!", knurrte er, und zwei Adjutanten traten zögernd vor.
Immer wieder wandten sie die Köpfe zu dem wogenden Nichts hinüber, während sie die Leiche ergriffen und rücksichtslos, bar jeglicher Achtung, über den Boden schleiften. Erst als sie sich mehrere Schritte von der Wand und den Holoprojektoren entfernt hatten, wagten sie es, den Toten hochzuheben. Sie packten ihn unter den Achseln und an den Beinen und trugen ihn im Laufschritt aus der Zentrale.
Zebuck winkte den bisherigen Stellvertreter des Kommandanten, Hev Okarem, zu sich heran. Auch Okarem zitterte.
Hatte er von dem Funkspruch an die Festung der Inquisition gewusst? Oder gar gemeinsame Sache mit seinem Vorgesetzten gemacht?
Nein. Hokerom hatte nur seine eigene Haut retten oder nur sich selbst bei der Inquisition ins Gespräch bringen wollen. Er hätte nicht den Fehler gemacht, in seinem Kielwasser einen Mitwisser mitzuschleppen, der letzten Endes nichts anderes war als ein Konkurrent.
Okarem zitterte lediglich, weil er Angst hatte. Wie alle anderen Valenter in der Zentrale.
Dennoch beschloss Zebuck, sich zu vergewissern. „War dir bekannt, dass der Kommandant eine Nachricht an die Festung der Inquisition geschickt hat?"
„Nein, Konquestor" Zebuck las in Okarems Miene wie in einem unverschlüsselten Datenspeicher. Ja, da war Furcht, aber weder Lug noch Trug oder gar Verschlagenheit.
„Hiermit ernenne ich dich zum neuen Kommandanten der TRAH BAR. Übe dein Amt pflichtbewusst und mit der gebotenen Loyalität mir gegenüber aus, und du wirst als Hokeroms Nachfolger über lange Zeit hinweg die Geschicke dieses Schiffes bestimmen."
„Jawohl, Konquestor."
Trah Zebuck bedeutete Okarem, sich seinen Aufgaben zu widmen, drehte sich um und nahm wieder auf dem Thron Platz.
Als erste Amtshandlung errichtete der neue Kommandant wieder die Projektion an der Stirnseite der Zentrale.
*
Ein Griff an den Degen genügte, und Zebuck spürte, wie die Anspannung von ihm abfiel und mit ihr der letzte Rest von Zorn.
Immerhin hatte der Verräter ihm eine Entscheidung abgenommen: nämlich die, ob er der Inquisition der Vernunft die Wahrheit vollständig oder in wohl dosierten Raten unterbreitete.
Die Inquisition ... wieso hatte sie noch nicht reagiert? Wieso schien sie die katastrophale Niederlage einfach zu ignorieren?
Zebuck fertigte einen minutiösen Lagebericht an und ließ ihn per Hyperfunkrelais an die Festung der Inquisition senden. Wenn er die Galaktiker besiegen wollte, benötigte er dringend starken Entsatz, Truppen, mit denen er mit Aussicht auf Erfolg einen zweiten Angriff wagen konnte.
Dann wartete er. Und mit dem Warten kehrte die Furcht zurück.
Er wartete eine Stunde, dann zwei. Er versuchte, die Furcht zu unterdrücken, sie sich nicht einzugestehen, und nach außen hin mochte es ihm auch gelingen. Zumindest wagte keiner der Valenter, auch nur eine Andeutung darüber fallen zu lassen.
Aber in seinem Inneren sah es anders aus. Er sah keinen Sinn darin, sich selbst zu belügen. Hätte er je in seinem Leben der Selbsttäuschung gefrönt, wäre er niemals Konquestor geworden.
Er wartete drei Stunden, dann vier.
Nichts geschah.
Warum reagierte die Inquisition noch immer nicht auf seine Botschaft?
Fünf Stunden, dann sechs.
Noch immer nichts. Kein Marschbefehl in die Festung der Inquisition, aber auch keine Verstärkung.
Allmählich befürchtete Zebuck, seine Nervosität
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