2153 - Die Tributschmiede
zu kämpfen. Das Reich existierte seit vielen Jahrtausenden, sie wusste nicht einmal, wie lange schon. Da spielte es keine Rolle, ob ihr Kampf gegen das Reich ein Jahr oder ein paar Jahrzehnte dauerte. Mina Rafids Ziel war die Freiheit.
In ihren Augen war es eine Ungeheuerlichkeit, dass Tradom mehrere Galaxien versklavt und die dort lebenden Intelligenzen ihrer Freiheit beraubt hatte. Sie war erfüllt von der Idee der Freiheit. Jedes Wesen unter den Sternen hatte ein Recht auf Freiheit, und keines hatte ein Recht, sich über andere zu erheben und ihm die Freiheit zu nehmen. Es war schon einige Jahre her, dass Mina Rafid ein geheimes Schriftwerk in die Hände geraten war, das sich ausschließlich mit dem Ideal der Freiheit befasste. Von der ersten Zeile an hatte es sie fasziniert und ihr zugleich deutlich gemacht, wie weit sie selbst von der Freiheit entfernt war. Umso härter hatten sie die Demütigungen getroffen, mit denen Can Jumptey sie gequält und mit denen er seine Macht immer wieder demonstriert hatte.
Sie war ein Untertan des Reiches Tradom, wollte das aber nicht mehr länger sein. Sie war sich ihrer selbst bewusst geworden, und sie dürstete nach Freiheit. Immer wieder hatte sie versucht, sich eine freie Gesellschaftsordnung auszumalen, doch hatte sie nur vage Vorstellungen davon entwickeln können.
Gar zu fern war dieses Ziel entfernt. Und doch schien es ihr nicht unerreichbar zu sein.
Es gab Widerstand in Tradom. Und diese ferne Galaxis namens Milchstraße wehrte sich derzeit vehement gegen die bevorstehende Invasion. Mina Rafid war sicher, dass sie es taten, weil sie in Freiheit lebten und entschlossen waren, dieses kostbare Gut mit allen Mitteln zu verteidigen. Vielleicht wehte mit ihrer Hilfe der Atem der Freiheit ins Reich Tradom und höhlte es von innen heraus aus. Vielleicht erwies sich der reine Atem der Freiheit ja als Giftgas für das System der Sklaverei.
Sie selbst empfand sich als Sklavin, und sie hatte kein Verständnis für einen Can Jumptey, der verächtlich von den vielen Völkern sprach, die mit militärischer Macht versklavt worden waren und nun Tribut leisten mussten. Er war ein ungehobelter Dummkopf, der meinte, sich über sie erheben zu können, denn er selbst war ebenfalls nur ein Sklave. Er war ein Sklave des Systems der Inquisition, des Machtapparates des Reiches Tradom und der darin entwickelten Bürokratie.
Glaubte er wirklich, Tradom werde ihn am Ende seiner Arbeitszeit reich belohnen und in die Freiheit entlassen? Sie war fest davon überzeugt, dass Can Jumptey noch Probleme bekommen würde, von denen er noch nichts ahnte. Für sie war er ein Symbol der Unfreiheit. Sie musste ihn bekämpfen.
Sie konnte ihn nicht entkommen lassen. Die Schwierigkeit war nur, dass ihr langfristig angelegter Plan nicht durch eine kurzfristige Aktion zunichte gemacht werden durfte. Can Jumptey sollte büßen für das, was er ihr angetan hatte. Wenn aber Tradom von seinem Ende profitierte, würde sie ihre Rache zurückstellen und sich ganz und gar auf das Reich und das System der Sklaverei konzentrieren.
Als Oberste Finanzverwalterin Tradoms hielt sie ein Machtinstrument in den Händen, mit dem sie das Reich zum Zusammenbruch bringen konnte.
Wenn sie ihren eigenen Kopf dabei retten wollte, durfte es nicht schnell geschehen, sondern nur sehr langsam. Sie wollte ein schleichendes Gift in die Kommunikationsadern Tradoms einfließen lassen, das seine Wirkung allmählich entwickelte. Wenn es irgendwann entdeckt wurde, musste es zu spät für Reaktionen sein. Daher durfte es nicht zu einem vorzeitigen Paukenschlag kommen.
Als Benjameen da Jacinta erwachte, blickte er einer aufgeregten Tess Qumisha ins Gesicht. „Was ist los?", fragte er. „Auf dem Raumhafen landet gerade ein Walzenraumer der Hijthi", berichtete sie. Der Arkonide richtete sich auf. Diese Nachricht ließ ihn nicht kalt. Die Hijthi waren ein kleines, unbedeutendes Volk in der Galaxis Tradom. Tess und er hätten wohl kaum Notiz von ihm genommen, wäre nicht eine der Hijthi-Walzen in der LEIF ERIKSSON zum Undercover-Einsatz präpariert worden. „Und du meinst ...!", rief er, während er aufsprang und zu einem der Fenster eilte.
Benjameen wollte zum Raumhafen hinübersehen, doch die Sicht reichte kaum hundert Meter weit. Unaufhörlich prasselte der Regen herab. Es war unglaublich, welche Wassermassen die dunklen Wolken herantrugen und was die Abwassersysteme aufnehmen konnten. Es erschien wie ein Wunder, dass noch nicht alle freien
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