2153 - Die Tributschmiede
vermochte etwas in das Tributkastell zu bringen, was als Waffe benutzt werden konnte. Niemand konnte bis zum Zentralrechner vordringen, der nicht dazu berechtigt war. Wie also sollte sie der Inquisition erklären, dass ein Angriff von außen erfolgt war, obwohl von außen keinerlei Feinde in das Gebäude eindringen konnten? Dieser Widerspruch stellte sie vor ein unlösbares Rätsel.
Can Jumptey war nicht tot.
Er selbst wunderte sich am meisten darüber, dass er noch lebte. Er meinte, mit ansehen zu können, wie sein Körper mit seltsam verdrehtem Kopf auf dem Boden des Büros lag. Er glaubte ebenso verfolgen zu können, wie der Körper abtransportiert, in den Keller gebracht und dort in den Kon verter geschoben wurde. Danach erloschen die Bilder allmählich. Er lebte. Zumindest sein Bewusstsein existierte noch, denn einen Körper hatte er nicht mehr. Er brauchte einige Zeit, um sich zu orientieren und sein neu es Sein zu begreifen. Nach und nach ging ihm auf, dass er eine veränderte Existenz in dem Gemäuer der Tributschmiede gefunden hatte. Jetzt kannte er das Geheimnis der verschlungenen und verdrehten Mauern und der seltsamen Kräfte, die in ihnen wohnten.
Er war nicht allein. Mit ihm gemeinsam existierten Millionen anderer in dem Gemäuer. Waren dies alles Bewusstseine? Er wusste es nicht, und er konnte es nicht beurteilen. Er erkannte lediglich, dass es gequälte Geister waren, Opfer der Inquisition, die dazu verurteilt waren, bis ans Ende der Zeiten ein furchtbares, körperloses Leben in diesen Gemäuern zu führen.
Ein hasserfüllter Gedanke erreichte ihn. Ein zweiter. Ein dritter. Can Jumptey fürchtete sich. Man hatte ihn entdeckt. Seine Vorgänger waren es, all die Generationen von Tributeinnehmern, all die Gewaltherrscher. Ihre Bewusstseine lebten ebenfalls in dem Gemäuer. Sie hatten auf ihn gewartet.
Jetzt war er da, doch er verfügte nicht mehr über Macht. Er war schwach wie sie auch, und er war allein. Seine Vorgänger waren alle voller Hass, und sie lebten seit Jahrtausenden in diesem Gemäuer, erfüllten es mit ihren Stimmungen, mit all ihrer negativen Ausstrahlung.
Ich bin an einem Ort des unendlichen Wahnsinns gelandet!, durchfuhr es ihn. Das war nicht der Tod in Anguelas Auge, an den er immer geglaubt hatte, jener Glaube, der die ganze Galaxis durchzog. Es war eine seltsame, kaum beschreibbare Welt. Es war eine Welt, in der all jene ihm auflauerten, die jemanden suchten, den sie unterdrücken konnten. Ein eisiger Windhauch schien sein Bewusstsein zu streifen, und er öffnete seinen nicht materiellen Mund zu einem unendlichen Schrei des Entsetzens.
Natürlich konnte man sportliche Ereignisse über die Holoschirme in hervorragender Weise verfolgen. Die Projektionen waren mit einer extrem hohen Informationsdichte versehen, so dass die Bilder überzeugend wirkten. Sie konnten jedoch nicht die einmalige Atmosphäre vermitteln, die in einer Arena herrschte, deren Ränge mit Zuschauern dicht gefüllt waren.
Daher zog Mina Rafid es vor, während der Cholinhy-Saison hin und wieder in die Arena zu den Kämpfen zu gehen und sie von der Tribüne aus zu verfolgen. Sie liebte das elegante Spiel, jenen beinahe tänzerischen Kampf zwischen den urwüchsigen Bestien mit ihrer unbändigen Kraft, der beängstigenden Schnelligkeit und den zuckenden Muskelbergen unter der Schuppenhaut auf der einen Seite und den Kämpfern in ihrer prachtvollen Kleidung, den stolzen Bewegungen und den beinahe unfassbar schnellen Reaktionen auf der anderen.
Es war das Duell zwischen purer Kraft, die sich mit Tötungswillen paarte, und dem höher entwickelten Wesen, das seine körperliche Schwäche durch überlegene Intelligenz ausglich. Es war der Kampf des Archaikums gegen die Moderne, bei dem die Zuschauer sich selbstverständlich mit der Letzteren identifizierten, wenngleich das Ursprüngliche ihre Instinkte ansprach. Seit einigen Tagen hatte sie einen weiteren Grund, mit dem Vartaren zu fiebern und mit ihm zu bangen. Skandkan Jannar war der erfolgreichste und eleganteste aller Kämpfer, und er war der Mann, der ihr Herz erobert hatte.
Dennoch ging Mina Rafid nicht nur in die Arena zu den Cholinhy-Kämpfen, um ihn zu sehen, sondern auch um Abstand zu dem Geschehen zu finden, das ihr Leben buchstäblich auf den Kopf gestellt hatte. Sie brauchte eine gewisse Ablenkung, um unter der Last der Verantwortung nicht zusammenzubrechen. Was sie tun musste, um gegen das Chaos zu kämpfen, hatte sie getan. Mehr konnte sie nicht in die
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