2157 - Die Wurmreiter
endgültig besänftigen und dem Stamm neue Hoffnung bringen. So zumindest lautete seine Argumentation. Emboy Wogelkem wurde an Gurru gefesselt, dessen Schwingen wiederum eng an den Leib gebunden wurden. So verschnürt wurden die beiden am frühen Morgen über die ganze Terrasse zum Rand hin geschleppt, weit entfernt von den Palisaden.
Unterhalb der Terrasse begann die nächste Stufe, ebenso wie alle Gebiete Kedos größtenteils von dichtem Dschungel, schroffen Felsgebirgen und Perminen-Siedlungen besetzt. Der Dschungel war überall um den Berg Kedo gefährlich, egal auf welcher Stufe man sich befand. Selbst die harmlos erscheinenden Pflanzenfresser verfügten über gefährliche Abwehrwaffen.
Gurru wusste dies genau. Deshalb schrie der Flugwurm hemmungslos seine Angst hinaus. Das Schlimmste, was einer Ohrenschlange passieren konnte, war die Unfähigkeit, fliegen zu können. Trotz ihres riesenhaften Körpers waren sie am Boden nahezu hilflos den Räubern ausgeliefert.
Emboy schluckte seine Angst tapfer hinunter; er würde dem Stamm diese letzte Demütigung nicht gewähren. Seit der Urteilsverkündung hatte er kein Wort mehr gesprochen. Hao hatte immerhin ein wenig Mitleid bewiesen und ihn ein letztes Mal zu seinem Sohn und zu Rani gelassen, die bleich und bewusstlos auf ihrem Lager ruhte. Ihre Haut glühte vor Fieber; ihr nackter Rücken war mit einer dicken Kräuterpackung bedeckt. Wie sie es geschafft hatten, den Speer herauszubekommen, ohne sie zu töten, war Emboy ein Rätsel, doch war er dankbar für dieses Wunder. Nun zeigte sich, dass ihr Geist genauso stark war wie ihr Körper und nicht so leicht aufgab. Sie atmete, schwach und flatternd, aber sie lebte.
Rani war zweifelsohne in den besten Händen, und auch für das Kind würde gesorgt, das wusste Emboy. Er verweilte nur kurz bei Rani, weil er ihren Zustand nicht ertragen konnte, küsste seinen Sohn und gab dann das Zeichen, dass er für das Opfer bereit war. Der Marsch verlief schweigend. Der Stamm hatte zwar entschieden, aber leicht fiel es den meisten dennoch nicht, den stets gut gelaunten jungen Draufgänger und seinen Flugwurm dem Tode preiszugeben. Deshalb gab es auch keine Verzögerung, als sie den Rand erreicht hatten. Niemand sollte es sich anders überlegen. Den Schwung ausnutzend, warfen sie Gurru und seinen Herrn über das Plateau, um sich sofort abzuwenden und den Heimweg anzutreten. Niemand wollte mit ansehen, wie der Sturz endete.
Emboy verging das Hären und das Sehen; die ganze Welt drehte sich um ihn, und er wusste nicht mehr, wo oben und unten war. Sie überschlugen sich in der Luft, und Gurru kreischte schrill, während er versuchte, seine Flügel freizubekommen, sein langer Schwanz peitschte wild. Der Sturz zog sich scheinbar in die Länge, und der junge Permine machte sich auf alles gefasst. Bald würden sie auf das Blätterdach eines Baumes prallen, was vermutlich die ersten Knochen zermalmte, wenn Emboy unglücklich aufkam. Dann würden sie krachend und berstend durch die Äste schlagen, in weiterhin rasendem Fall auf dem Weg nach unten, bis sie schließlich zur Unkenntlichkeit zerschmettert auf dem Boden aufprallten.
Auf einmal aber ging es schnell. Bei der nächsten Drehung waren die riesigen Blätter eines Schopfbaumes schon verdammt nahe...
Jetzt konnte es nicht mehr lange dauern...
Emboy schloss entsetzt die Augen; vor allem auch, weil um ihn alles nur noch herumwirbelte und ihm schwindlig und schlecht wurde, und dann, dann krachten sie schon hinein
8.
Die Sternbewohner.
Wieder einmal mussten sie ein Stück des Dschungels durchqueren, bevor sie sich an den Aufstieg zur nächsten Terrasse machen konnten. Inzwischen hatten die zwei Männer eine Reihe gefräßiger Raubtiere kennen gelernt. Alaska hatte es sich angewöhnt, stets eine brennende Fackel und einen angespitzten Stab mit sich zu tragen. Damit konnten die meisten Tiere schnell vertrieben werden, bevor Monkey aktiv werden musste. Schließlich erreichten sie die Felskante, die zur nächsten Terrasse führte. Monkey schrie auf einmal „Achtung!" und schubste Alaska zur Seite. Als der Träger der Haut nach oben sah, entdeckte er ein dunkles Etwas durch die sonnenbeschienenen Blätter in den Baumwipfeln - ein riesiger Schatten, der rasch näher kam und immer größer wurde. Die beiden Männer suchten Deckung neben einem Baumriesen, während unweit von ihnen der Schatten auf den benachbarten Wipfel fiel. Mit einem gewaltigen Getöse und in einem riesigen
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