2159 - Raumschiff Leuchtkraft
strahlende Klumpen, Überbleibsel eines Transmitterunfalls, war lebendig. Heute wusste er, dass in dem Fragment eine eigene Persönlichkeit steckte, ein Cappin namens Testare.
Aber was er sehen konnte, war keine Person. Es war eine Strafe. Ein Fluch. Ein Stigma, das einen Menschen zu einem Ausgestoßenen stempelte.
Der Herr der Festung trat nahe an Saedelaere heran. Er konnte den Atem des irrealen Wesens spüren. Konnte spüren, wie der Herr mit den Fingerspitzen über sein Gesicht tastete.
Seine Hände hatten nichts Irreales an sich. Es waren zitternde Finger mit Gefühl und rauen Kuppen.
Ein rascher Wink mit beiden Händen, dann waren die Pseudo-Naats an Saedelaeres Seite und fixierten die Arme des Trägers der Haut.
Er begriff nicht, was der Mann mit der Maske vorhatte. Besser gesagt, er sperrte sich gegen das Wissen.
Sein Alter Ego rückte nahe an Saedelaeres Gesicht. So als beabsichtige er, ihn zu küssen. Und mit einem Mal wusste er, was vorging.
Der Herr der Festung wollte sein Fragment loswerden. Er wollte dem Klumpen einen Wirt anbieten, der besser war. Der überleben würde, wenn diese Episode zu Ende ging. Alaska Saedelaere machte sich bereit auszubrechen
6.
Der Techno Chaschu strafft sich, als er auf das Podium tritt. Er ist ein Cyno, er gehört zu jenen, die bis vor wenigen Wochen den Schwarm Kys Chamei beherrscht haben. Aber das Einzige, worum er sich jemals gekümmert hat, ist Schwarmtechnik.
Er hat nie vor anderen Wesen gesprochen. Worüber wohl auch?
Nun sieht er von dem Podium aus eine Menge von hundert fünfzigtausend Wesen. Sie stehen bis an die Tore der Stadt. Sie sind alle gekommen, um ihn sprechen zu hören.
Ein Gefühl der Panik erfasst Chaschu. Doch dann macht er sich klar, dass heute sein Tag ist. Heute hat er die Gelegenheit, mehr darzustellen, als er in der Vergangenheit war.
Heute repariert der Techno Chaschu keine Maschinen. Heute muss er Hoffnung und Vertrauen säen. Er darf sich von dem Meer aus Augen und Köpfen nicht einschüchtern lassen, er muss diesen Tag genießen, denn es ist sein Tag.
Chaschu strafft seinen Körper, als er die große Zukunft seines Volkes vor sich sieht. Vor ihm flimmert die Luft. Ein Mikrofonfeld nimmt seine Worte für die Menge auf und verstärkt ihren Klang zu einem Gewitter: „Zukunft ist nicht etwas, das uns allen widerfährt", donnert der Techno zu den Wesen, die ihm anvertraut sind. „Zukunft ist etwas, das wir gestalten müssen. Die Welt da draußen ist unbekannt. Wir werden uns mit ihr vertraut machen. Wir sind Kys Chamei. Wir sind nicht verloren, weil unser Schirm fort ist. Wir sind immer noch stark, und wir werden von heute an jeden Tag stärker."
Er fühlt sich beinahe wie ein allmächtiger Mago, wie ein halber Kafetchein, als er spürt, wie sie ihm lauschen. Ihm. „Der Schwarm Kys Chamei hat den Völkern die Intelligenz gebracht, solange er existiert. Unendlich viel länger, als wir alle am Leben sind. Warum sollten wir unsere Aufgabe nicht verändern? Wir bringen jetzt keine Intelligenz mehr. Wir bringen den Frieden. Kys Chamei, Friedensbringer. Ich halte das für eine Aufgabe, auf die wir stolz sein können."
Der Techno Chaschu hält einen Moment lang inne, als er aus der allerersten Reihe eine beinahe flüsternde Stimme vernimmt. Er beugt sich nach vorn und schaut dem grobschlächtigen Geschöpf in die Augen. „Aber ich habe Angst", spricht das Geschöpf zaghaft. „Den ganzen Tag nur Angst."
Das Wesen, das den einen Satz sagt, ist doppelt so schwer und doppelt so stark wie Chaschu. Es ist vielleicht nicht sehr intelligent, aber der Satz ist Wahrheit.
Das Mikrofonfeld verbreitet den einen Satz über die gesamte Stadt.
Chaschu richtet sich auf, lässt seinen Blick über die Menge schweifen, während sie an seinen Lippen hängen und hoffen, dass er irgendetwas sagen kann. Etwas, das sie beruhigt und ihnen über die Woche hilft.
In dem Moment aber, als es wirklich darauf ankommt, ist der Techno Chaschu nicht stark genug.
Eine Million Blicke lassen ihn zu einem Insekt schrumpfen. In seiner Kehle steckt ein dicker Kloß, der sich nicht mehr wegschlucken lässt.
Ich habe Angst. Was soll er sagen? Chaschu hat selbst Angst, als er die ganzen Augen sieht.
Er kann nicht weiterreden, er rennt von der Bühne und verbirgt sich in seinem Maschinensaal, an dem kleinen Raumhafen am Rand der kleinen Stadt.
Dabei weiß er so genau, dass er Recht hat. Kys Chamei, Friedensbringer. Hätte nur das eine Wesen nicht den einen Satz
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