2163 - Die Media-Ritter
einem annähernd hundert Meter hohen Hügel, einem der gewaltigsten Gebäude der ganzen Stadt. Er war am Rande der Innenstadt errichtet worden und beherbergte einige der höchsten Würdenträger, die in der Hierarchie Mutter recht nahe waren.
Woj wartete, bis Jobonne endlich erschien. Klick kam auf einem Einrad, das sie mit beachtlicher Geschwindigkeit, jedoch einiger Mühe über die Betonbahnen bewegte. Der Untergrund war uneben und voller Löcher, und das Rad an dem Gerät war klein und schmal, so dass einiges Geschick dazu gehörte, die Balance zu halten. Woj erinnerte sich voller Unbehagen daran, dass sie vor einiger Zeit vorgeschlagen hatte, größere, breitere und vor allem mit flacher Lauffläche versehene Räder für die Einräder zu verwenden, damit sie nicht auf jedes kleine Hindernis reagierten und die Gefahr des seitlichen Kippens geringer wurde. Heimlich hatte sie einige Experimente gemacht und dabei festgestellt, dass die Vorteile einer solchen Änderung immens waren. Doch es waren Änderungen. Sie war mit ihrem Vorschlag noch nicht einmal bis in die Nähe Mutters gekommen. Tatsächlich war sie bereits an Jobonne gescheitert.
Einräder gab es in der vorliegenden Form schon seit vielen Jahrhunderten. Niemals hatte man in dieser Zeit einen Grund dafür gesehen, etwas daran zu ändern. Wenn die kleinen Räder auf zu weichem Untergrund einsanken konnte man eben nicht mehr mit dem Einrad weiterfahren, sondern musste gehen. So war es immer schon gewesen. Und nun hatte sie es gewagt, eine technische Lösung vorzulegen, die eine Verbesserung darstellte. Jobonne hatte ihren Vorschlag abgeschmettert und ihr geraten, nicht einmal daran zu denken, wenn sie nicht ihre Zukunft aufs Spiel setzen wollte. Man stellte sich nicht gegen die Traditionen! Jobonne rollte heran und sprang unmittelbar vor dem Wassergraben vom Einrad, das sie danach an einem Baum abstellte. Mit einem weiten Schritt ihres Druckbeines überwand sie das Wasser, das den hohen Zentrumshügel schützend umgab. „Ich habe Elaisse eben gesehen", berichtete Woj. „Sie ist jetzt in ihrem Haus. Mit ihren bei den Freundinnen." Mittlerweile war die Sonne untergegangen.
Scheinwerfer an den verschiedenen Gebäuden strahlten die kristallinen Scheiben an den Hügeln an. Von dort reflektierte das Licht in tausendfachen Strahlen, die sich mit denen von anderen Hügeln vereinigten und auf diese Weise die ganze Stadt mit ihren grasbewachsenen Hügeln erhellte. Von Westen her wehte eine leichte Brise, die dichte Pollenwolken herantrug und die Luft wie bläulicher Nebel erfüllte. Der Geruch war süßlich, erinnerte an Fleisch und Blut und rief Unbehagen hervor.
Wortlos schnellten sich die beiden Frauen auf ihren drei Beinen zu dem bezeichneten Gebäude hinüber. Trotz ihrer Körpermasse bewegten sie sich leicht und lautlos. Sie setzten über den Wassergraben hinweg, ermahnten sich dann gegenseitig, leise zu sein. Das Jagdfieber hatte sie gepackt. Wo Kechten die Möglichkeit hatten, Einblick in das Leben anderer zu gewinnen, da nutzten sie ihre Chance. Das war schon immer so gewesen, und kein Kechte störte sich daran. Im Gegenteil. Nicht beachtet und beobachtet zu werden war eher beleidigend und frustrierend, bedeutete es doch, dass man als farblose und uninteressante Persönlichkeit angesehen wurde.
Je mehr ein Kechte ins Licht der Öffentlichkeit geriet, umso höher wuchs sein Ansehen. Je mehr er von den Kameras erfasst wurde, je öfter Bilder von ihm und seinem Leben von den verschiedenen Fernsehanstalten der Clans ausgestrahlt wurden, desto geschmeichelter fühlte er sich, und umso höher stieg er im Ansehen anderer. Wer in dieser Weise beachtet wurde, galt als interessante Persönlichkeit. Für viele andere Zivilisationen hätte sich wohl die Gefahr der Eintönigkeit ergeben. Wenn alles und jedes gefilmt und gesendet wurde, verlor sich das Interesse an dem stets gleichen Geschehen. Nicht so bei den Kechten. Sie lebten in einer Gesellschaft, in der sich so gut wie nie etwas veränderte. Also empfanden sie ein besonders Vergnügen daran, Banalitäten zu beobachten.
Was Woj entdeckt hatte, fiel aus dem Rahmen. Es war so ungewöhnlich, dass es auf totale Ablehnung stoßen konnte. Kechten waren Vegetarier, die zehn Monate im Jahr ausschließlich pflanzliche Nahrung zu sich nahmen. Lediglich im elften Monat des Jahres - im Alyshia war es erlaubt, Fleisch zu essen.
Diese Ausnahme wurde dann mit großer Begeisterung wahrgenommen. Es war der Monat, in dem die
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