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2166 - Durch den Zeitbrunnen

Titel: 2166 - Durch den Zeitbrunnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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sezieren, als du deine Frage wiederholst. „Jhegar?", antworten sie. „Wer soll das sein?" Was hast du anderes erwartet? „Ghem Jhegar. Ein Mochichi." Ihre Blicke werden größer. Der eine oder andere hebt die Hände zum Zeichen der Bestätigung. Und du erkennst so etwas wie Achtung, die dir plötzlich entgegenschlägt. In jeder Geste drückt sich das aus. Monkey sollte das spüren. Die Mochichi scheinen nicht nur irgendein Volk zu sein. „Ghem Jhegar", wiederholt ein Leftass andächtig. „Ist das nicht einer der legendären Mochichi-Konstrukteure?"
    „Ja", sagst du, „das muss er sein."Ihre Freundlichkeit wird geradezu unheimlich. Sie überschlagen sich, dir genau zu erklären, wo du den Mochichi-Konstrukteur finden kannst. Einer von ihnen zieht aus den unergründlichen Taschen seines Rocks ein Stück Folie und einen Schreibstift hervor. Er zeichnet dir auf, wie du gehen musst. Es ist nicht einmal weit. Du kennst das Gebiet, bist auf dem Weg ins Zentrum daran vorbeigekommen. Jhegar wohnt unmittelbar neben einem neu errichteten Stadtteil. Die Häuser dort standen leer, ihre Farbe war noch nicht einmal richtig trocken. Du bedankst dich. Aber ein anderer Leftass hält dich plötzlich zurück. Sein Froschgesicht wirkt traurig.
    „Die Skizze wird dich zur Wohnung des Konstrukteurs führen", sagt er bedächtig, „aber sie wird dir dennoch nichts nützen. Ghem Jhegar empfängt seit langer Zeit keine Besucher mehr."
    „Seit wann?", willst du wissen. „Sehr lange", sagt er.
     
    8.
     
    Für den Rückweg benutzten sie erstmals das öffentliche Transportmittel von Kiról. Der Leftass hatte auf seiner Zeichnung die wichtigen Stationen eingetragen. In einer der vertikalen gläsernen Röhren ließen sich Alaska Saedelaere und Monkey von einem Antigravfeld in die Höhe tragen. Gut zwanzig Meter über dem Straßenniveau war der Ausblick über die Stadt zwar kaum besser - die geometrische Grundstruktur schien ohnehin einem einheitlichen, sich wiederholenden Schema zu folgen -, doch ermöglichten die Röhren ein schnelles Vorankommen. Es gab keine sichtbaren Gleitbänder oder Ähnliches. Nur die Röhren, von denen noch nicht einmal sicher war, ob sie tatsächlich aus einem glasartigen, semitransparenten Material bestanden oder nur aus einer projizierten Energieform. Jeder Passant fühlte sich von einer unsichtbaren Kraft erfasst und gestützt. Weder die Beschleunigung noch das Abbremsen vor dem Ziel war zu spüren. Überhaupt ließ sich die eigene Bewegung nur an den vorbeihuschenden Gebäuden ermessen.
    Zwei Stationen, weil sie die Richtung ändern mussten ... Zehn Minuten Zeitaufwand, die nur ein Bruchteil dessen waren, was sie zu Fuß benötigt hätten ... Aber diesmal waren sie nicht mehr darauf aus, die Stadt kennen zu lernen. Schräg vor sich sahen Saedelaere und der USO-Chef das neue Wohnviertel. Aus der Höhe war der Eindruck noch imposanter als von der Straße aus, vor allem wirkte das Areal wirklich so, als wäre es eben erst zusammengesetzt worden. Wie Klötze aus einem Baukasten, genormte Teile. Eine Häuserschicht über der anderen, abgestuft, insgesamt bis zu dreißig Meter hoch. Zur Mitte hin wölbte sich das Viertel leicht auf wie über einer sanften Anhöhe errichtet. Aber das war ein Eindruck, den die umliegenden Bereiche nicht bestätigten. Und noch lebte niemand in diesen Häusern. Das Viertel wartete auf seine Bewohner.
    „Dort drüben", sagte Saedelaere, als sie wieder auf der Straße standen. Mit ausgestrecktem Arm deutete er auf ihr keine dreihundert Meter entferntes Ziel. Der Gegensatt': konnte nicht krasser sein. Hinter ihnen fabrikneue zweieinhalb Kilometer, vor ihnen augenscheinlich einer der ältesten Stadtteile, dem die kompakte Geometrie der Neubauten fehlte. Andererseits haftete ihm eine morbide Ausstrahlung an, ein Hauch des Angejahrten.
    Obwohl auch in diesem Bereich die Gebäude dicht gedrängt aufwuchsen, verliefen zwischen ihnen schmale Grünstreifen. Die sattsam bekannten verdrehten Laubbäume waren ebenso vertreten wie niederes Gehölz, und überall hatte der Herbst längst große Breschen geschlagen. Jhegars Haus war das größte und anmutigste im weiten Umkreis. In seinem verspielten Charme musste es einfach die Wohnung eines Konstrukteurs sein. Giebel, Erker, Türme, Auf- und Anbauten in vielen geometrischen Formen ergaben einen Palast für sich.
    „Verrückt", kommentierte Monkey. Schon der Eingang war schwer zu entdecken. Bevor der Oxtorner auf den Gedanken verfallen konnte,

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