2183 - Mit den Augen der Cishaba
in den Tod trieben. Solche Todeserlebnisse waren unvergleichlich. Man konnte danach süchtig werden... wenn sich der Abscheu in schiere Lust verwandelte. Links von Yashino Hishmatuun sackte ein Cishaba wie leblos in sich zusammen, dann ein weiterer. Das war ein eindeutiges Symptom dafür, dass sie Kontakt hatten. In der Menge entstanden immer mehr Lücken. Ordner drängten sich zu den erschlafften Träumern und trugen sie fort, in einen der Schlafsäle am Rande des Großen Platzes. Diese Aktivitäten regten ihn an.
Es war nicht so, dass Yashino Hishmatuun nicht schon Ähnliches bei früheren Kontakten in anderen Galaxien erlebt hätte. Aber er wusste aus Erfahrung - und das war tatsächlich eine der wenigen neuen und selbständigen Erfahrungen, die er kannte -, dass es bei solchen Erlebnissen stets neue Akzente gab. Kein Todeserlebnis glich dem vorangegangenen. Und die Wesen dieser Galaxis oder dieses Sonnensystems schienen eine eigene Sensibilität zu besitzen, auf die die Cishaba mit besonderem Hochgefühl ansprachen. Das Besondere an der Situation war, dass sie noch nie eine Sterneninsel besucht hatten, die für das Kro Gom auserwählt gewesen war. Für ein endgültiges Ende. Die Wesen dieser Galaxis waren schon wegen dieses Vorzuges außergewöhnlich.
Die Todesmesse ging bereits ihrem Ende zu, als auch Yashino Hishmatuun seinen Geist zu jenem Planeten wandern ließ, der so penetrant nach Leben stank. Dieser durchdringende Geruch leitete ihn, steigerte seinen Ekel und seinen Hass auf alles Leben. Ein kurzer Gedanke glomm in ihm auf: Wirkte die Ausdünstung der Cishaba auf andere Wesen, die ähnlich wie sie selbst veranlagt waren, ebenso abstoßend? Es musste wohl so sein, und es war richtig, dass auch die Cishaba einst den Weg allen Seins gehen würden. Aber was kam nach ihnen?
Diesmal ließ sich Yashino Hishmatuun nicht von philosophischen Gedankengängen ablenken. Zu sehr war er nun Jäger, der den Wildgeruch aufgenommen hatte. Er musste nur noch selektieren und aus der stinkenden Lebenskloake eine individuelle Duftnote auswählen. Yashino Hishmatuun entschied sich spontan. Er hatte ein Opfer aufgespürt, das nicht dem Lebensmansch des Planeten selbst angehörte, sondern hoch über ihm lebte. Das hatte auch den Vorteil für sich, dass er unter einigen wenigen Hunderten von Individuen auswählen konnte und nicht in Bergen von Gefühlsmüll wühlen musste.
Yashino Hishmatuun griff zu – und wurde abgewiesen. Er verstand nicht gleich, wie das möglich war, und packte erneut zu. Wiederum wurde er von seinem Opfer abgestoßen. Der Cishaba wollte nicht so leicht aufgeben und versuchte, sich an seinem Opfer festzukrallen. Doch wie hartnäckig und mit welcher Verbissenheit er auch danach drang, in den Körper des auserwählten Opfers zu schlüpfen - es schleuderte seinen Geist immer wieder zurück. Wie war das möglich? Yashino Hishmatuun verstand das Universum nicht mehr. Das war ihm bisher noch nie widerfahren. Und er konnte sich nicht erinnern, dass je ein Cishaba über eine solche negative Erfahrung zu berichten gewusst hätte. Schließlich musste Yashino Hishmatuun erschöpft aufgeben. Die Todesmesse war inzwischen vorbei. Die Cishaba zerstreuten sich in alle Richtungen. Einige lagen noch träumend herum, bis die Ordner sie fortbrachten.
Nur Yashino Hishmatuun war wieder mit seinen verzehrenden Gedanken allein. Unzufrieden und enttäuscht. Ohne in den Genuss eines Todeserlebnisses gekommen zu sein.
5.
Die Schreckensmeldungen rissen nicht ab.
Sie trommelten unaufhörlich auf Sinjune Toria ein:' kaum, dass die Jacht des Lordkanzlers auf dem Raumhafen von Houskana gelandet war. Und während sie und die anderen von Sicherheitsbeamten zum Verhör gebracht wurden, rissen die grausigen Berichte nicht ab. In der Provinz Kronkau sprengte ein Amokläufer ein Kraftwerk in die Luft; es gab aufgrund glücklicher Fügung nur 17 Tote. Auf dem Raumhafen von Houskana brachte ein Wahnsinniger eine Transportplattform über dem Jachthafen zum Absturz. Dabei entstand immenser Sachschaden, aber zum Glück kamen keine Lebewesen zu Schaden.
In den Straßen der Hauptstadt tauchten immer wieder Amokläufer auf. Stets handelte es sich um ganz normale Menschen, die ohne ersichtlichen Grund zu Rasenden wurden - von einem Moment zum anderen. Dann gingen sie blindwütig auf andere los, mit der Absicht, diese zu töten. Dabei nahmen sie keine Rücksicht auf das eigene Leben, schienen es sogar förmlich darauf anzulegen, sich
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