2186 - Der neue Souverän
zweieinhalb Meter groß. Es schritt durch eine surreal anmutende Landschaft, und jede seiner Bewegungen kündete von unglaublicher Kraft und schierer Andersartigkeit.
Mächtige, dennoch hoch bewegliche Muskelstränge trugen einen unförmig wirkenden Kugelkopf ohne sichtbare Augen. Die Arme wurden über doppelt faustdicke Gelenke bewegt, die Unterarme bestanden aus einer seltsamen, vierstrebigen „Konstruktion".
Die Kreatur drehte den Kopf und schien November anzusehen, und einen Augenblick lang glaubte der Souverän, selbst über die holografische Darstellung schreckliche, bedrohliche Gedankenimpulse auszumachen, die das Wesen ausstrahlte. In der Tat eine lebendige Kampfmaschine, tödlich gefährlich und unberechenbar. Wie dafür geschaffen, direkt unter dem Befehl der Inquisition der Vernunft eingesetzt zu werden. „Sind die Wesen bewaffnet?", fragte er. „Mit einer Art Messer. Die Kreaturen schleudern sie mit einer gedankenschnellen Bewegung. Diese Messer werden nicht einmal von einem Paradimfeld entstofflicht und in den Hyperraumabgestrahlt.
Stattdessen dringen sie in den Schirm ein, entfalten eine halbe Sekunde lang ein geisterhaftes Licht und bringen den Schirm dann zum Zusammenbruch."
Der Souverän forderte sämtliche Informationen über Rishtyn-Jaffami und den Planeten Linckx an, konnte das Geheimnis des Wesens aber auch nicht lösen. Es muss über besondere geistige Fähigkeiten verfügen, dachte er, die es ihm ermöglichen, andere Wesen einfach verschwinden zu lassen. Fähigkeiten, die ich mir vielleicht einverleiben kann. „Konstruiert Sprengsätze", befahl er, „von solcher Stärke, dass jeder einzelne davon den Kontinent, auf dem Rishtyn-Jaffami lebt, vernichten kann, und verseht sie mit Fernzündern! Bei dem geringsten Manipulationsversuch, ganz gleich welcher Art, müssen diese Bomben explodieren. Bringt mehrere davon auf dem Kontinent an, zehn Stück, ein Dutzend, und geht dann zu dem Wesen und berichtet ihm, was ihr getan habt."
Drei Wochen später musste Rishtyn-Jaffami seine Niederlage gegen die Truppen der Inquisition eingestehen. November begab sich mit dem Dritten Inquisitor auf den Kontinent „8ikma, um die Kapitulation entgegenzunehmen, und erfuhr die phantastische Geschichte des Wesens.
Als die Inquisition der Vernunft das Ende der Thatrix-Kultur einleitete und Tradom unterwarf, floh das Volk der Jaffami vor dem gewaltigen Krieg, um auf weit abgelegenen Planeten in Abgeschiedenheit überleben zu können. Ein Raumschiff der Jaffami stürzte jedoch über dem Planeten Linckx ab und wurde vernichtet. Allein ein einziges Individuum überlebte die Katastrophe: Rishtyn-Jaffami. Der letzte Schiffbrüchige starb nicht in dem giftigen Bittermeer, sondern schuf sich auf dem Kontinent Sikma eine Heimstatt. Von den letzten Robotern des zerstörten Schiffes umhegt, traf die Katastrophe am Ende jedoch auch ihn. Rishtyn-Jaffamis Zellwachstum geriet unter den irregulären Bedingungen des Planeten vollständig außer Kontrolle. Doch der Überlebende starb auch dieses Mal nicht. Im Gegenteil, Rishtyn-Jaffami mutierte, entwickelte sich zu einem wuchernden Zellhaufen, wuchs über Hunderte und Tausende von Jahren...
Linckx schien über eine besondere Anziehungskraft zu verfügen. Immer wieder landeten andere Schiffe auf dem Planeten, bemannt von Prospektoren aus vielerlei Tradom-Völkern.
Rishtyn-Jaffami ließ sie unbehelligt, solange sie ihn nicht behelligten, und tötete sie, wenn sie sich ihm näherten und er unlautere Absichten wahrnehmen konnte. Eine einzige Ausnahme machte er.
Einmal landete ein Schiff mit etwa 1,80 Meter großen Humanoiden an Bord. Er empfand eine seltsame Affinität zu ihnen und ließ sie leben, verhinderte lediglich, dass sie sich ihm näherten. Sie vermehrten sich viele Jahrhunderte lang, doch ihre Population war zu klein, um sich auf Dauer zu behaupten, und irgendwann starben sie aus. Übrig blieben von ihnen nur zahlreiche Skelette.
Verlassen wollte Rishtyn-Jaffami den Planeten Linckx schon längst nicht mehr. Zum einen war er wegen des wuchernden Zellwachstums gar nicht mehr dazu imstande. Zum anderen war mit der körperlichen Immobilisierung die Entwicklung eines riesigen mentalen Potentials verbunden.
Rishtyn-Jaffami profitierte nicht allein von den pararealen Strömungen, die auf dem Planten Linckx vorherrschten, sondern brachte sie mit der Zeit unter Kontrolle. Er schuf aus den Kräften der Natur eine Pararealität, die er in Anlehnung an die alte Heimat, aus der
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