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219 - Kaiserdämmerung

219 - Kaiserdämmerung

Titel: 219 - Kaiserdämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia Zorn
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verschwand, spukten ihm wieder die grausamen Bilder des Morgens durch seinen Kopf: Er war in einer Grube erwacht, gefangen in einem schweren Sisalnetz. Seine Schläfe schmerzte und seine Glieder fühlten sich taub an. Er brauchte eine Weile, bis er begriff, was geschehen war.
    Beim Angriff der Aufständischen in der vergangenen Nacht war er seinen Kameraden zu Hilfe geeilt. Plötzlich verlor er den Boden unter seinen Füßen und kurz darauf die Besinnung. Die Grube war eine Lioonfalle und hatte ihm das Leben gerettet. Als er sich endlich mit Hilfe seines Dolches aus den Maschen des Netzes befreit hatte, war es bereits Mittag. Und als er aus der Falle herauskletterte, wäre er am liebsten gleich wieder hinein gesprungen: Das Gras war übersät mit den blutigen Leichen der Soldaten aus Wimereux.
    Rönee wischte sich eine Wutträne von der Wange. Die Geräusche der Dampfmaschinen waren verklungen. Vögel zwitscherten ihr Lied, als ob nichts geschehen wäre. Aus dem Zelt drangen Wortfetzen an sein Ohr. Jetzt brüllte jemand. Es war Lysambwes Stimme. Ohne ihn werde ich nicht nach Wimereux zurückkehren! Rönee steckte sich den gedrechselten Elfenbeingriff seines Messers zwischen die Zähne. Lautlos schlich er vorwärts.
    Schließlich war er dem Zelt so nahe, dass er das Tuch, hinter dem er Omanis Stimme hörte, mit ausgestrecktem Arm berühren konnte. Plötzlich tauchte der kahlköpfige Wächter auf. Rönee duckte sich. Der Mann lief am Waldrand entlang, wandte ihm den Rücken zu. Anscheinend suchte er einen Platz, um sich zu erleichtern.
    Mit wenigen Sätzen war Rönee bei ihm. Er hielt dem Kahlkopf den Mund zu und zog gleichzeitig seinen Dolch durch dessen Kehle. Langsam ließ er den toten Körper zu Boden gleiten. Er bückte sich nach einem trockenen Ast und schlich zurück zum Zelt.
    Drinnen ereiferte sich Fumo Omani.
    Seine Stimme klang kalt und der Inhalt seiner Worte ging Rönee durch Mark und Bein. Trotzdem konzentrierte er sich auf den langhaarigen Wächter, der der Rede Omanis aufmerksam zu lauschen schien. Der ehemalige Gardist zerbrach den Ast zwischen seinen Fingern. Wie erwartet kam die Langmähne, um nach dem Rechten zu sehen. Überrascht weiteten sich seine Augen, als Rönees Dolch seinen Hals durchbohrte. Er sank ihm in die Arme wie ein nasser Sack Mehl. Nachdem Rönee ihn abgelegt hatte, nahm er sich die Machete des Toten. Er wagte nicht seinen eigenen Säbel zu ziehen und sich kurz vor dem Ziel durch das Schaben der Klinge an der Scheide zu verraten.
    Als er durch den Zelteingang glitt, sah er Fumo Omani, der sich über den gefesselten Kommandanten beugte. Der weiche Teppich unter seinen Füßen verschluckte Rönees Schritte. Bevor Omani sich aufrichten konnte, hatte der Leibwächter die Machete unter dessen Hals platziert. »Schneide ihm die Fesseln auf!«, befahl er.
    Der Voodoo-Meister gehorchte. Rönee konnte sein Gesicht nicht sehen, aber er beobachtete jede seiner Bewegungen, bereit, ihn sofort zu töten, falls er Lysambwe etwas antun wollte. Erst als der Kommandant von seinen Fesseln befreit war und Omani den Dolch abgenommen hatte, ließ er ab von ihm.
    »Gut gemacht, Junge!« Lysambwe nickte in seine Richtung, ohne seinen Halbbruder aus Augen zu lassen. »Ich nehme an, die Roziere, von der du vorhin geredet hast, ist startbereit?« Fragend sah er Fumo an. Der stierte nur schmallippig an ihm vorbei.
    »Wir werden es herausfinden. Und du wirst mit uns kommen!«, knurrte Lysambwe seinen Halbbruder an. »Wo ist mein Säbel?«
    Mit steifen Bewegungen stakste Omani zum Sessel am Tisch. Lysambwe blieb dicht hinter ihm.
    Rönee wandte sich gerade dem Ausgang des Zeltes zu, als eine eiserne Faust seine Nase traf. Er taumelte rückwärts und ging zu Boden. Er spürte, wie warmes Blut aus seiner Nase über seine Lippen floss. Ein milchiger Schleier kroch vor seine Augen. Dahinter sah er schemenhaft, wie eine große Gestalt sich in den Rücken des Kommandanten stürzte. Eine weitere Wache? Wie konnte er die übersehen haben? Er hörte Schreie und ein klirrendes Geräusch.
    Panisch rappelte er sich auf. Omani hatte Lysambwes Säbel in der Hand! Während der andere Kerl den Kommandanten festhielt, stieß der Voodoo-Meister zu. Mit einem hässlichen Geräusch drang die Klinge des Säbels in den Bauch des Wehrlosen.
    »Nein!« Rönee hechtete über den Tisch. Der große Mann ließ Lysambwe los und warf sich schützend vor Omani. Rönees Machete schlitzte ihm die Brust auf. Als der Gegner zu Boden sackte, bot

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