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22 - Im Reiche des silbernen Löwen III

22 - Im Reiche des silbernen Löwen III

Titel: 22 - Im Reiche des silbernen Löwen III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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‚Effendi‘ genannt. So nannte der Scheik der Haddedihn einen Fremden, der sich bei ihm befand. Bist du aus Dschermanistan?“
    „Ja“, antwortete ich.
    „Heißest du Kara Ben Nemsi?“
    „Man nennt mich so.“
    „Du warst mit dem Haddedihn am Birs Nimrud?“
    „Ja.“
    „So verdamme dich Allah tausendmal! Du wirst die Stelle, an der du stehst, nicht lebendig verlassen!“
    Ich legte die Hand unter die Mähne seines Pferdes, befühlte die Muskeln und sagte höchst unbefangen:
    „Zu weich! Dieser Fuchs würde keinen langen Galopp aushalten. Du mußt ihm weniger Gerste geben und ihn des Nachts in Decken hüllen, damit er sich das Fleisch härter schwitzt!“
    „Schweig, Hund!“
    Früher hätte ich mir dieses Wort nicht gefallen lassen. Jetzt nahm ich es ruhig hin und fuhr fort:
    „Die Rippen liegen gut; aber für einen echten Tiukih ist der Hals zu kurz und der Kopf zu klein. Auch die Hufe müßten größer sein. Ich glaube, der Vater war ein voller Turkmene, die Mutter aber eine Araberin nicht allerersten Ranges.“
    „Bist du verrückt?“ fuhr er auf. „Ich will mit dir wegen eurer Taten am Birs Nimrud abrechnen, und du gebärdest dich, als ob ich als dein Reitknecht dir Rechenschaft über mein Pferd zu geben habe!“
    „Was kannst du denn von unsern Taten wissen!“ lachte ich, um ihn zur Unvorsichtigkeit zu verleiten.
    „Alles weiß ich, alles!“ rühmte er.
    „Was?“
    „Daß ihr die Sill – – –“
    Er hielt schnell und erschrocken inne.
    „Sprich weiter!“ forderte ich ihn auf. „Oder fürchtest du dich vielleicht vor mir?“
    „Allah behüte mich, vor einem Christen Angst zu haben!“
    „Bist du denn Mohammedaner?“
    Ich sah den Augen seiner Gefährten sofort an, daß ich mit dieser Frage eine schwärende Stelle getroffen hatte. Darum fuhr ich fort:
    „Hättest du nicht eine persische Lammfellmütze auf dem Kopf, so dürftest du wohl keinen Turban tragen! Ihr Christen raucht mit Mohammed den Kaliun (Persische Wasserpfeife), so lange er euch den guten Tabak liefert, und zwar zu billigem Preis oder gar umsonst. Sobald ihr aber zahlen sollt, schüttet ihr ihm euer schmutziges Pfeifenwasser vor die Füße und kehrt zu Isa und seiner Mutter Marryam zurück!“
    Er wollte mir eine zornige Antwort zuschleudern; aber ich fuhr schnell fort:
    „Du hältst mich für deinen Feind und hast mich Hund genannt. Du solltest vorsichtiger sein! Du hättest wohl anders, ganz anders zu mir gesprochen, wenn dir bekannt gewesen wäre, daß ich dich grüßen soll!“
    „Grüßen? Du? Mich?“ fragte er erstaunt.
    „Ja.“
    „Von wem?“
    „Wünschest du, daß ich hier den Namen sage?“
    „Ja.“
    „Ich tue es nicht.“
    „Warum?“
    „Weil ich dein Bestes will.“
    „Mein Bestes? Glaubst du, etwas sagen zu können, was mir schadet?“
    „Nicht bloß das! Aber es ist nicht nur dein Geheimnis, sondern auch das meinige. Ich rate dir, vorsichtig zu sein, denn es handelt sich nicht um dich und mich allein. Du täuschest dich in Personen, die du gar nicht kennst!“
    „Ich verstehe dich nicht!“ gestand er verlegen.
    „Das glaube ich wohl! Ich will dich schonen und also vorsichtig sein. Du hast gefragt, von wem ich dich zu grüßen habe. Höre mich an, und sage mir, wenn ich innehalten soll, damit ich dir nicht schade! Sind dir die Ufer des Schott el Arab bekannt?“
    „Ja“, antwortete er zögernd.
    „Wohnt an ihnen jemand, der mir einen Gruß an dich anvertraut haben könnte?“
    „Nein.“
    „Gut! Gehen wir also weiter aufwärts. Kennst du den Ort, der oberhalb der Stelle liegt, an welcher der Schott el Arab aus dem Euphrat und Tigris entsteht?“
    „Das ist Korna.“
    „Gibt es dort einen Mann, der mir ebenso bekannt sein könnte wie dir? Der mich vielleicht sogar lieber hätte als dich?“
    „Nein.“
    Seine Verlegenheit wuchs. Ich fuhr fort:
    „Ich meine nämlich einen Mann, der nur ein Auge hat!“
    „Allah!“ rief er da aus.
    „Der infolgedessen Esara el Awar heißt und –“
    „Schweig, schweig!“ unterbrach er mich schnell. „Effendi, es ist möglich, daß ich dich verkannt habe; ja, es ist sogar sehr wahrscheinlich! Komm schnell zur Seite, damit ich mit dir sprechen kann!“
    Er sprang vom Pferd und ergriff meinen Arm. Sein Verhältnis zu dem Einäugigen mußte für ihn eine außerordentliche Wichtigkeit besitzen. Ich kannte es nicht, weil ich den von dem Kaffeewirt in Basra bekommenen Brief ja nicht gelesen hatte. Ich besaß ihn aber noch. Der Multasim wollte

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