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220 - Die Reise nach Taraganda

220 - Die Reise nach Taraganda

Titel: 220 - Die Reise nach Taraganda Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn
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einem Offizierskasino: Die Fliegen wurden gelockert, der oberste Hemdknopf aufgemacht, erste Zoten machten die Runde. Farah saß, von europäischen und arabischen Freunden umgeben, an der Tafel, parlierte in drei oder vier Sprachen und zwinkerte Ostwald gelegentlich zu.
    Zwei Stunden nach dem Gespräch mit Matthew Drax erkundigte sich Ostwald bei einem Lakaien nach dem Örtchen. Er wollte die Gelegenheit nutzen, um auf dem Rückweg sein Telefon wieder an sich zu nehmen. Der Weg zum WC führte ihn durch von antiken Kerzenleuchtern erhellte Tempelgänge. Als er den sauber riechenden, weiß gefliesten Vorraum des Pissoirs betrat, hörte er jemanden würgen.
    Dann: ein Klatschen. Das unterdrückte Stöhnen eines Menschen.
    Ostwald verharrte. Er schob die Nase um die Ecke, riskierte einen Blick. Vor den WC-Kabinen standen drei Männer: Einer war weiß, die anderen waren schwarz. Jussuf Ben Hadibi und die tansanischen Geheimdienstler. Der jüngere Agent hielt ihn im Polizeigriff; der ältere riss Jussuf an den Haaren hin und her, verpasste ihm eine Ohrfeige und sprach drohend auf ihn ein.
    Ostwald verstand nichts, doch der Tonfall war klar. Der Agent bedrohte Jussuf, machte ihm klar, dass er eine Grenze überschritten hatte. Wie würde es weitergehen? Wollten die Männer dem rotzigen Bruder ihres Geschäftspartners nur eine Lehre erteilen, oder würden sie ihn quälen und töten?
    Die Kerle waren Ostwald ebenso unsympathisch wie ihr Opfer, dennoch empfand er Schadenfreude. Was sollte er tun? Die Tür ins Schloss werfen, damit sie von ihrem Opfer abließen? Vielleicht ließen sie aber gar nicht von ihm ab. Vielleicht sahen sie in Omar Ostwald nur einen Störfaktor, den sie ebenfalls aus dem Weg räumten.
    Nein, es war besser, er machte sich Acker.
    Als er hinausgehen wollte, hörte er Stimmen. Verflucht! Ostwald wich zurück. Da war eine Tür. Er riss sie auf. Ein Räumchen, kaum größer als ein Schrank. Der Geruch von Reinigungs- und Desinfektionsmitteln. Ein Regal: Aufnehmer, Plastikeimer, Bürsten, Wischmops. Die Tür war im Nu zu, und gleich darauf hörte er Rajid Ben Hadibi lachend sagen: »Wir müssen doch mehr gemeinsam haben als nur Geschäftsinteressen.«
    Die Geheimdienstler lachten. Jussuf, den sie nun sicher losgelassen hatten, nutzte seine Chance und verabschiedete sich mit leicht schriller Stimme.
    Ostwald hörte die Tür im Vorraum knallen. Dann bemühte er sich, Rajid und die Schwarzen zu verstehen, doch in dem großen gefliesten Raum hallten ihre Stimmen zu sehr. Nach dem Ertönen der Wasserspülung und dem Geräusch sich entfernender Schritte wartete er noch eine Minute, dann verließ er das dunkle Kabuff um machte sich auf die Suche nach seinem Telefon.
    ***
    Berlin, Februar 2011
    Omars Worte hatten nicht ermunternd geklungen.
    Commander Matthew Drax saß hinter seinem Schreibtisch und brauchte eine ganze Weile, bis ihm auffiel, dass er sein Handy anstarrte.
    Ihm gingen allerlei Gedanken durch den Kopf; besonders der eiskalte Abend vor zwei Jahren, als er, Lieutenant Colonel Washington und Omar leicht angeschickert aus der Kneipe gekommen waren und ein paar Skinheads dummdreiste Bemerkungen über Washingtons Hautfarbe gemacht hatten. Bei den Bemerkungen war es nicht geblieben: Die jungen Herren hatten Baseballschläger bei sich und waren in der Laune gewesen, Knochen zu brechen. Um zu verhindern, dass es Washingtons Knochen waren, hatte Omar sich vor ihn gestellt und dem größten Skinhead den Kiefer ausgerenkt.
    Er erinnert sich bestimmt noch an ihn. Matt bediente die Tasten seines Dienstelefons. Sekunden später hatte er Washington an der Strippe. Der war inzwischen Colonel und kommandierte in Berlin alles, was seine Nase in die Angelegenheiten verdächtiger Elemente steckte.
    »Erinnerst du dich noch an Hauptmann Ostwald von der Luftwaffe?«
    »Ah, the old German Haudegen!«, rief Washington freudig aus. »Yeah, sure! How could I forget him? Was ist mit ihm?«
    Matt erklärte ihm in dürren Worten die Lage: dass Omar pensioniert war und sich seine Brötchen als »Private Eye« verdiente; dass er die verschwundene Tochter eines deutschen Prominenten in einer Leichenhalle in Casablanca gefunden und das Versteck ihres Anfixers und Verführers ausgemacht hatte, etc. pp.
    »Ich hab den Verdacht, dass Omar bis zum Hals in der Scheiße steckt, Harry, und nur unsere ausgebufften Telekommunikationstechniker ihn im afrikanischen Busch ausfindig machen können.«
    »Es ist natürlich undenkbar, unsere

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