2215 - Der Schohaake
du willst."
„Aber die Elche, mein Projekt!", protestierte er. „Mach dir darum keine Sorgen. Deine Elche sind über eine Woche ohne dich ausgekommen, da kommt es auf eine weitere auch nicht mehr an. Und Sam nehmen wir natürlich mit."
Skafgue fragte sich, woher sie so viel über ihn wusste. Der Blick ihrer grünen Augen ließ ihn nicht los. Seine Reaktion auf die Frau war für ihn selbst kaum verständlich: Er hatte sich nie sonderlich für Frauen interessiert, dazu war sein Leben von zu vielen anderen Aspekten beherrscht worden, aber diese Fremde übte eine ganz eigentümliche Wirkung auf ihn aus. Er sah nicht nur die Frau in ihr, er spürte auch, dass sie zudem eine Persönlichkeit war, und zwar eine sehr starke. Sie wusste genau, was sie wollte - und wie sie es bekam. Für einen kleinen Augenblick betrachtete er sich selbst mit ihren Augen, und Scham über das, was er da sah, begann seinen Widerstand zu verdrängen. Er hatte schon Angst vor Otta gehabt, mit seinen vielen fremden Menschen, und sich gefragt, wie er da erst in Terrania bestehen können sollte. Einmal, ein einziges Mal in seinem Leben war er dort gewesen, zu einer unumgänglichen Schulung. Als er die hinter sich hatte, war er geflohen. Das war vor mehr als dreißig Jahren gewesen. „Wieso gerade ich?", fragte er. Es war schon ein Rückzugsgefecht. „Du hast Orren Snaussenid gefunden", sagte sie. „Du hast ihn behütet und beschützt, getragen wie eine Mutter ihr Baby. Wenn es einen Menschen gibt, zu dem er Vertrauen entwickelt, bist du es. Deshalb brauchen wir dich. Spring über deinen Schatten, Alexander. Tu es mir zum Gefallen - wenn schon nicht für den Außerirdischen."
„Wer bist du?", fragte der Biologe. „Und wer schickt dich?"
„Mein Name ist Mondra Diamond", sagte sie. „Und geschickt hat mich niemand.
Wie lautet also deine Entscheidung?"
Alexander Skargue und die geheimnisvolle Mondra Diamond saßen auf der Rückbank eines klobig wirkenden Gleiters, der von einem Piloten geflogen wurde. Zu ihren Füßen lag ausgestreckt Sam, der seinen Herrn kurz vor dem Verlassen des Medo-Centers überschwänglich begrüßt hatte. Skargue trug Orren Snaussenid wieder in der Schlinge um seinen Hals. Mondra Diamond hatte darauf bestanden. Er sei seine Bezugsperson, hatte sie gesagt.
Sie flogen durch die Nacht. Es war sternenklar. Skargues rechte Hand lag auf Orren Snaussenids Brust, die sich kaum merklich unter,seinen Atemzügen hob und senkte.
Der Außerirdische blickte seinen Retter an. Manchmal bildete der Biologe sich sogar ein, dass er ihn zaghaft anlächelte.
Von Mondra hatte er inzwischen erfahren, dass sie selbst versucht hatte, mit dem Alien Kontakt aufzunehmen, bevor sie ihn aufgesucht hatte. Dies war mit Hilfe eines Translators geschehen, wie sie ihm sagte. Sie hatte das klobig wirkende Gerät auf den Knien liegen, obwohl der Versuch gescheitert war. Vielleicht hoffte sie ja, dass es doch gelingen würde, wenn sich Orren Snaussenid endlich dazu entschließen würde zu sprechen. Seine Sprechwerkzeuge waren keinesfalls verstümmelt, denn immer wieder wiederholte er seinen Namen und den Begriff „Schohaake".
Snaussenids Händchen bewegten sich. Sie griffen nach Skargues Pranke und hielten sie fest. Dabei gab der Zwerg erstmals ein glucksendes Geräusch von sich. „Tatsächlich wie ein menschliches Baby", kommentierte Mondra. „Es hält dich für seine Mutter oder seinen Vater."
Für Skargue klang das weit hergeholt. Er war trotzdem gerührt - ein Gefühl, das er lange nicht mehr gekannt hatte.
Aber das vertrieb seine Angst nicht. Terrania ...
Die Hauptstadt des Planeten Erde. Von der Riesenmetropole aus wurde nicht nur Terra, nicht einmal bloß das ganze SolSystem verwaltet, sondern noch weitaus mehr. Terrania war das Zentrum der Liga Freier Terraner, das Kernstück eines der großen galaktischen Sternenreiche, sein Nervenknoten, Gehirn und Herz. Für Skargue stand es aber zugleich stellvertretend für Hektik, furchtbar dichten Verkehr und vor allem Menschen, unendlich viele Menschen, die ihm vom Wesen her so fremd waren wie ein Elch einem Wolf.
Das hielt er nicht aus. Er brauchte etwas, um sich zu betäuben; etwas, das einen Schutzschild um ihn herum aufbaute. Er brauchte Alkohol, ob neue Organe oder nicht.
Was die Ärzte ihm gegeben hatten, um den körperlichen Entzug zu mildern, wirkte noch immer. Aber nicht auf seine Gedanken und Ängste.
Wie hatte er sich nur von Mondra Diamond überreden lassen können?
Sie flogen
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