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2215 - Der Schohaake

Titel: 2215 - Der Schohaake Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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in den neuen Tag hinein. Skargue schielte verstohlen zu der Frau hinüber, die ihn geholt hatte. Mondra hatte die Augen geschlossen. Sie schien völlig entspannt zu sein. Was für ihn ein Abenteuer war, musste für sie reine Routine sein.
    Nach insgesamt vier Stunden Flug erreichten sie den Großraum Terrania in der ehemaligen Wüste Gobi. Alexander Skargue sah aus dem Fenster. Terrania war ein Moloch der Zivilisation, der alles verschlang, was in seine Reichweite geriet, eine Welt für sich. Fantastische Gebäude wuchsen in den Himmel, wie Sinnbilder für die Hybris der Menschen, höher als jeder Baum. Hochstraßen verbanden sie miteinander. Der Gleiter sank tiefer. Andere Fahrzeuge dieser Art vermisste Skargue. Überhaupt herrschte überraschend wenig Luftverkehr, was umso verwunderlicher wurde, je weiter sie dem Zentrum der Riesenstadt kamen.
    Der Biologe hatte sie von seinem ersten und einzigen Besuch und von Berichten im Trivid ganz anders in Erinnerung.
    Wo war die Solare Residenz - jene Stahlorchidee, die hoch über einem See schwebte und das Streben der Menschheit nach Freiheit und friedlicher Expansion symbolisierte? Nicht, dass er persönlich sie unbedingt vermisst hätte, denn die filigrane Zartheit einer Orchideenblüte in kaltem Stahl nachzuprägen war kaum möglich, und die Bezeichnung für den Koloss aus Metall demgemäß ein Hohn. Doch Alexander Skargue konnte damit leben, es war nichts, was ihn betroffen hätte: Sein Leben spielte sich anderswo ab, fernab dieser Welt, wohlig abgeschottet durch den Schnaps. „Die Residenz ist im Residenzpark in ihrem Futteral geparkt", sagte Mondra Diamond, als habe sie seine Gedanken gelesen. „Sie musste aufgrund Energiemangels gelandet werden. Es hat sich vieles verändert. Alles, was auf syntronischer Basis arbeitete, funktioniert nicht mehr. Die Energieversorgung ist weitgehend ausgefallen. Wir können keine Energien mehr aus dem Hyperraum zapfen. Die hyperphysikalische Impedanz hat sich verändert."
    Skargue nickte, obwohl er nur die Hälfte verstand. Aber es passte zu dem, was er erlebt und was Dr. Norton im Medo-Center angedeutet hatte. „Ist deshalb mein Trivid-Empfänger ausgefallen?", fragte der Einsiedler. „Ist deshalb der Gravitrafspeicher meines Gleiters leer?"
    „Ja", sagte Mondra. „Nur wenig funktioniert noch. Du wirst es selbst sehen."
    „Deshalb sind keine Gleiter zu sehen?", erkundigte er sich. „Ja. Der öffentliche Verkehr wird nicht mehr von privaten Gleitern dominiert. Die Menschen müssen umsteigen auf Rohrbahnen, Schwebebusse und Notbehelfe wie kleine, oft provisorisch zusammengestoppelte Antigrav-Transporter. Jetzt landen wir aber erst einmal. Orren Snaussenid wird in der Nähe der Solaren Residenz untergebracht. Man wartet dort schon auf uns."
    Fünf Minuten später senkte sich der klobige Gleiter auf einen freien Platz zwischen hohen Gebäuden hinab. Das Summen des Antriebs erstarb. Die Türen öffneten sich.
    Sam sprang als Erster heraus. Alexander Skargue folgte ihm umständlich. Mondra Diamond bildete den Abschluss.
    Jetzt war er also da. In Terrania. Es gab für ihn kein Zurück mehr. Es war, als bekäme er keine Luft mehr zum Atmen. Der Boden, auf dem er stand, roch nicht. Er war nicht weich, sondern von einem künstlichen Material überzogen. Ringsherum standen Gebäude. Es gab an dieser Stelle der Stadt keine Bäume, keine Büsche, kein Gras. Allerdings hatte Skargue von der Luft aus auch große Parks und Seen gesehen. Aber das war kein Trost für ihn. Seine Welt war die Wildnis, nicht der künstlich angelegte Garten. Und erst recht keine Beton- und Plastikwüste.
    Skargue wurde von Mondra Diamond in eines der Gebäude geführt. Überall gingen Menschen in der typischen Großstädterkleidung. Viele standen auf Transportbändern und ließen sich zu ihrem Ziel tragen.
    Alle aber sahen sich nach dem seltsamen alten Kauz in seinen dicken Fellen und mit der langen Haarmähne und dem struppigen Bart um. Für sie musste er ein Unikum sein, fremdartiger als die Außerirdischen, die in der Hauptstadt lebten. „Störe dich nicht daran!", riet Mondra dem Mann aus den Bergen. „Sie haben alle ihre eigenen Probleme. Dein Anblick lenkt sie für einen Moment davon ab."
    Sie ging weiter voraus. Männer und Frauen in einheitlich hellgrüner Kleidung begegneten ihnen und grüßten sie respektvoll. Skargue fragte sich mehr denn je, wer sie war und in wessen Auftrag sie handelte. Dass sie auf eigene Faust arbeitete, konnte sie ihm nicht

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