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2220 - Tote leben länger

Titel: 2220 - Tote leben länger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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eingeschlossene Körperfragment ihre Reaktionen ausloten. Als Daellian zu einer zweiten Umrundung ansetzte, drehte Adams sich steif hinterher. „Wir brauchen deine Hilfe, Malcolm!", sagte er.
    Eine Weile war Stille. Dann brach schallendes Lachen aus den Akustikfeldern hervor. „Meine Hilfe? Ausgerechnet? Ich bin knapp 30 und bereits mehr als tot, nicht einmal ein vollwertiger Leichnam ist von mir übrig, Herr Adams, nur ein hilfloses Gehirn und ein paar Fleischfetzen als Andenken."
    Adams hielt in seiner Drehung inne. Entgeistert blickte er Kantor an, eine stumme Aufforderung an den Chefwissenschaftler, in das Gespräch einzugreifen. Aber Myles schien sich nur aufs Beobachten verlegt zu haben, sein Gesicht war noch blasser als sonst, und er zerrte gedankenverloren an zwei Fingern seiner linken Hand. „Ich war bereits tot, aber man ließ mich nicht sterben!", stieß Malcolm Scott Daellian wieder hervor. „Ärzte, die sich profilieren wollten, haben meinen Geist zurückgeholt. Einen neuen Körper konnten sie mir aber nicht geben."
    „Ist das wichtig?"
    „Ja!" Knirschend schrammte der Tank über den Boden und setzte auf. „Ich hatte Monate Zeit, um zu erfahren, was ein Mensch ohne Körper wert ist. Nicht sehr viel. Ohne Körper ist man so gut wie tot."
    „Die Kosten ..." Adams wurde von Daellians abermaligem Lachen unterbrochen. „Das habe ich erwartet", erklärte das Gehirn zynisch. „Genau diesen Vorwand und exakt dann, wenn man sich meiner erinnert und mich braucht. Mit Geld lässt sich alles regeln. Die USO bezahlt - und ich habe mich damit abzufinden, vielleicht glaubt ihr auch noch, ich sollte froh darüber sein?! Was haben sie aus mir gemacht? Ein Ausstellungsstück, Beweis für perfekte Lebenserhaltungssysteme, aber wohl nicht für Menschlichkeit."
    „Das ist nur der erste Schritt", meinte Adams mit verbindlichem Lächeln. „Nein. Ich lasse mich nicht weiter präparieren!", verkündete Daellian kategorisch. Die Stimme bekam einen drohenden Hall. Myles schauderte. Zu wem - oder vielmehr zu was - war jener junge Wissenschaftler geworden, den er einst gekannt hatte? „Das wird auch nicht nötig sein", mischte er sich ein. „Deine Stimme klingt belegt, Doktor Myles. Zwinge dich nicht, genau das zu sagen, was ich hören soll."
    „Dein Selbstmitleid wird dich eines Tags auffressen", stellte Adams so sachlich fest, als rede er über die auf Tiefstwerte gefallenen Aktienkurse der solaren Börsen. „Ich habe mich getäuscht. Es tut mir Leid, aber du bist doch nicht der richtige Mann." Er wandte sich zum Gehen.
    Nur Myles Kantor zögerte noch. Sein Blick ruhte auf dem Medotank. Schließlich gab er sich einen Ruck. „Schade", sagte er. „Der Daellian, den ich kannte, ist wirklich gestorben. Friede seiner Asche."
    „Verschwindet!", fauchte die Lautsprecherstimme. „Haut endlich ab, ihr überheblichen Aktivatorträger!"
     
    6.
     
    „Verdammt", stieß Roghard Shebenyer hervor, „das habe ich nicht bestellt! Also nehmt das Zeug wieder an Bord und lasst uns weiterarbeiten!"
    Sein holografisches Gegenüber schüttelte den Kopf. „Drei kleine Container. Mein Auftrag lautet, sie dir zu überstellen. Was du damit machst, ist deine Sache, das interessiert mich nicht. Ich brauche nur die Übergabebestätigung."
    Shebenyer biss die Zähne zusammen. Durchs Fenster sah er die Korvette soeben den dritten Container ausladen.
    Traktorfelder setzten die Fracht neben den Statuen berühmter Wissenschaftler ab. Die Figuren säumten die von den Labors zum Rainbow Dome führende Straße. An der Abzweigung zum Wohncenter Ambush und den südlichen Produktionsstätten wurde unter Hochdruck gearbeitet. Wenn Shebenyer es recht bedachte, herrschten auf dem acht Kilometer durchmessenden Areal noch weitgehend chaotische Zustände. Der Lehrbetrieb war erst testweise aufgenommen worden - aber selbst das war ein Unding. Als Ressortleiter war Shebenyer zwar ein Teil der Verantwortung aufgebürdet worden, doch seine eigenen Vorstellungen zählten bislang wenig. Erst sobald ihm der Posten des Direktors zuerkannt wurde, würde er wirklich freie Hand bekommen.
    Der Regen hatte nachgelassen, die Wolkendecke riss auf. Nicht weit entfernt zeichnete sich die Silhouette des Rainbow Dome ab. Nach dem Gleiterabsturz war der Weiterbau vorübergehend gestoppt worden.
    Schritte näherten sich. Ein Roboter betrat das Büro. „Die Lieferscheine!", stellte er fest. „Ich weiß von keiner Lieferung. Von wem stammt sie?", zischte Shebenyer gereizt.

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