2221 - Die Sekte erwacht
unterbrach den Bericht, um sich eine Tasse Tee zu holen. Nur knapp war sie dem Angriff beim Zoo entgangen. Dass ihr die Flucht aus der Nähe des Gleiters gelungen war, deutete darauf hin, dass ihr Gegner kein Profi in der Bedienung eines Prallfeldprojektors war. Es handelte sich auf keinen Fall um einen Angehörigen des Militärs oder einen Agenten, sondern aller Wahrscheinlichkeit nach um einen Zivilisten, der sich dieses Instruments bemächtigt hatte.
Die bisherigen Ereignisse ließen den Schluss zu, dass er die Energiefelder -glücklicherweise - noch nicht präzise genug einsetzen konnte. Beim Gleiter beispielsweise hatte sie lediglich einen Streifschuss hinnehmen müssen.
Eine gut ausgebildete Kraft hätte sie ohne weiteres mit Hilfe des projizierten Prallfeldes gegen den Gleiter drücken und damit töten können.
Die entsprechenden Informationen hatte sie an Julian Tifflor weitergereicht. Ihre Gedanken wandten sich wieder Carlosch Imberlock zu. Sie rief sich seine Daten ins Gedächtnis.
Geboren wurde er, während der Diener der Materie Ramihyn seine Schneisen des Todes über Terra zog. Seine Mutter Zitha hatte er schon in frühester Jugend verloren, sodass er als Halbwaise aufwachsen musste. Sein Vater Rorul, der als Systemprogrammierer arbeitete, hatte weder Zeit noch Liebe für ihn übrig. Er interessierte sich für Frauen und wechselte seine Beziehungen in einem unglaublich schnellen Rhythmus. Der Junge war lediglich ein Störfaktor. Lästig.
Carlosch Imberlock war noch nicht einmal 13 Jahre alt, als er sich der von Roi Danton gegründeten Gruppe Sanfter Rebell anschloss, fiel jedoch nicht durch besondere Taten auf und führte auch in den folgenden Jahren eher ein Schattendasein. Später verließ er die Erde, um Planeten in der Milchstraße zu bereisen.
Als er mit der IMPRESSION zur Erde zurückkehren wollte, geriet der Passagierraumer in einen Hypersturm und trieb wochenlang und ohne Energie antriebslos durch das All, bis er schließlich von einem Wachkreuzer der LFT gerettet wurde. Die meisten Besatzungsmitglieder und Passagiere wurden bei der Hypersturm-Havarie getötet.
Imberlock gehörte zu den Überlebenden.
Nach der Bergung begann er, vom Gott Gon-Orbhon zu sprechen. Beinahe wie Vincent Garron, erinnerte Mondra sich schaudernd an den psychopathischen Massenmörder, der im Zusammenhang mit der Entstehung des Thoregons von DaGlausch eine gewisse Rolle gespielt hatte. Auch er hatte durch Kontakt mit dem übergeordneten Kontinuum parapsychische Kräfte entwickelt.
Mondra Diamond blickte das Holo in ihrem Wohnraum nachdenklich an. Sie war entschlossen, das Rätsel Carlosch Imberlock zu lösen, wusste allerdings noch nicht, wo sie ansetzen sollte. Während sie überlegte, begann das Holo zu flimmern, und das Abbild der Solaren Residenz erschien.
Sie schaltete um, und die Projektion eines jungen, mittelgroßen Mannes mit blonden Locken erschien. „Ich bin Clarian Goricellein", stellte er sich vor. „Du kennst meinen Vater. Er ist Unternehmer. Du warst bei der missglückten Einweihung der Fabrik dabei."
„Ja, ich weiß. Was kann ich für dich tun, Clarian?" Eine steile Falte bildete sich über ihrer Nasenwurzel. „Bist du nicht der Tenor, der mit seinem Vortrag eine Versammlung der Sekte gesprengt hat?"
Der junge Mann lächelte. „Allerdings. Dafür habe ich Prügel bezogen. Aber das ist nicht der Grund, weshalb ich mich an dich wende. Es geht um meinen Vater. Können wir uns treffen?"
„Warum nicht? Du könntest zu mir kommen. Wo bist du?"
„Im Haus. Nicht weit von deiner Wohnungstür entfernt. Ich hatte gehofft, dass du so reagierst."
Sie ging zur Tür und öffnete. Clarian war tatsächlich in der Nähe. Mit drei Schritten war er bei ihr. Sie ließ ihn eintreten. Dabei war sie auf der Hut. Nach dem letzten Anschlag auf sie war sie misstrauisch gegen jeden, den sie nicht kannte. Der junge Mann hatte auf seine Weise gegen die Sekte gekämpft und damit eindeutig bewiesen, dass er ihr Gegner war. Sie durfte allerdings deswegen nicht auszuschließen, dass er mittlerweile umgedreht worden war und in Diensten der Sekte stand. „Ich habe Streit mit meinem Vater", eröffnete er ihr. „Er hat mir alle Zuwendungen gesperrt und droht damit, mich aus der Familie zu werfen. Deshalb war ich heute in seinem Büro."
„Und was genau sollte mich daran interessieren?" Mondra lächelte distanziert. „Daran, genau genommen, nichts. Es geht auch nicht um mich. Mein Vater und ich haben uns gestritten. Er
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