2224 - Spezialagent 707
Oalue und ich durch den stinkenden Müll. Dennoch vermeine ich das süße Gift bereits zu riechen.
„Deine Verwandten", erinnert mich die schlanke Blondine. „Hast du sie lange nicht mehr gesehen?"
„Mhm. Viel zu lange."
„Mir geht es genauso."
Ich schweige, denn ich habe ihrem Tonfall entnommen, dass da noch was nachkommt.
„Meine Eltern leben in Etymba", sagt Oalue leise. „Und bei ihnen ist Rinklin, mein Kind."
Corg Sonderbon hat zeitlebens schon den einen oder anderen Fehler begangen. Doch niemand kann mir vorwerfen, jemals etwas ausgelassen zu haben.
Jedenfalls nichts, was sich so toll anfühlte wie Oalues seidenglatte Finger.
„Geheimauftrag", raune ich nur. Dieses eine Wort hat mir schon manche Tür geöffnet und manche Schenkel. Oalue nickt verstohlen, dann blickt sie zu Hirnak und deutet ein Kopfschütteln an. Ich hebe die Hand als Zeichen, dass ich verstanden habe.
Ohne auch nur die schwächste Funzel einer Außenbeleuchtung einzuschalten, zwingt der Zaliter sein Wrack von einem Gleiter in das dunkle Loch.
Es quietscht erbärmlich, als die Kufen über den Boden der schon lange nicht mehr als solche genutzten Tiefgarage schrammen. Die Prallfelder verwendet Hirnak offenbar ausschließlich, wenn es gar nicht mehr anders geht.
„Wir sind da", sagt er lapidar, nachdem das Vehikel zum Stillstand gekommen ist. „Endstation. Möge euch beschützen, woran immer ihr glaubt!"
*
„Egal, wo sie liegen, ich muss sie persönlich in Augenschein nehmen", rief Kantiran. Er verhielt sich trotzig, fand Gucky. Geradezu renitent. Doch zugleich überzeugend.
„Noch mal ganz langsam, zum Mitschreiben", versuchte der Ilt die aufwallenden Emotionen abzuschwächen. Immerhin hatte Kant, ebenso imperativ wie kategorisch, gerade gefordert, dass Gucky ihn direkt zur Tato-Residenz befördern sollte.
Wegen einiger Hundertschaften von im Aussterben begriffenen Krabblern!
„Warum hast du ausgerechnet an diesen ebenso winzigen wie unnützen Zwerg-Dwarmaris einen solchen Narren gefressen?"
Kant schluckte, rang mit sich. Über sein Gesicht huschten in rascher Folge Schatten, Gesichtsausdrücke, die einmal an seinen Vater, gleich darauf wieder an seine Mutter erinnerten.
Dann entschied er, Gucky den Grund für sein Verhalten der letzten Tage zu offenbaren.
Er denke, gestand Kantiran, ernsthaft darüber nach, sich auf Grund ihrer beispiellosen Beherrschbarkeit ein bis zwei Stämme der Zwerg-Dwarmaris als Haustiere zuzulegen.
„Wie ein Techniker nur mit den passenden Geräten seine Fähigkeiten zu entfalten vermag", rief Kantiran hitzig, „möchte auch ich meine Instrumente permanent zur Verfügung haben."
„Hä? >Instrumente >Haustiere Höre ich recht? Du willst dir ein ... Terrarium bauen?"
„Ich registriere deinen Tonfall wohl, Ratterich", stieß Kant hervor. Er war jetzt nicht mehr zu bremsen.
„Du versuchst schon wieder, mich niederzumachen, meine Ideen ins Lächerliche zu ziehen, mich zu verhohnepipeln. Viel Spaß dabei, viel Glück! Du kannst mich nicht aufhalten."
Er fuhr, da Gucky betroffen geschwiegen hatte, in gleicher Lautstärke fort: „Aber du kannst zeigen, dass es dir ernst ist mit deinem Versprechen, mich in meiner Entwicklung als Mutant unterstützen zu wollen. Du hast immer alles, was du brauchst, bei dir. Ich hingegen... Ohne ein auf mich ansprechendes Medium bin ich aufgeschmissen. Also muss ich selbst dafür sorgen, dass meine Helfer da sind, wenn ich sie benötige."
„Gemach", fiepte Gucky, „gemach. Das leuchtet mir ein. Aber wie willst du das bewerkstelligen?"
„Ich muss Königinnen finden. Gesunde Königinnen. Und du, Alterchen, musst mir dabei helfen."
*
Eine merkwürdige Unruhe hatte Filana Karonadse erfasst. Sie machte sich Sorgen, ohne genau sagen zu können, weshalb oder um wen.
Corg...?
Wenige Meter vor der Kabine des Mannes, der sie so glücklich machte wie keiner zuvor, verlangsamte sie ihre Schritte; blieb stehen; schüttelte den Kopf.
Nein. Er hat ausdrücklich darum gebeten, nicht gestört zu werden. Was soll er von mir denken, wenn ich dennoch aufkreuze?
Er würde sie für hysterisch halten, auch wenn er dieses Wort wahrscheinlich nicht in den Mund nähme. Er würde ihr bloß zulächeln, und sie würde sich in Grund und Boden schämen.
Verlegen, mit einem flauen Gefühl im Magen, horchte Filana in sich hinein. Corg? Nein!
Nicht ihr Liebster rief sie, sondern ... Sie drehte sich auf den Absätzen um, rannte los, so schnell sie konnte.
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