223 - Die Sünden des Sohnes
stolperte noch zweimal und beschmutzte ihr Gewand, was sie erheblich verstimmte. Wütend gelangte sie endlich zu dem Ruderboot. Ihre Kisten und Bündel verstaut und zwei starke Krieger bereits auf den Ruderbänken sitzen zu sehen, versöhnte sie ein wenig.
»Wo ist Gelani?«, wollte sie wissen. Die Diener zuckten mit den Schultern. Elloa bezahlte sie mit ein paar Goldstücken aus ihrem Handgepäck. Gleichmütig nahmen die Männer das Gold entgegen. Danach packten sie die Zügel der Tsebras und machten sich auf den Rückweg ins Lager.
Die beiden jungen Krieger erhoben sich und halfen ihrer Königin ins Boot. Elloa gab ihnen Edelsteine als Anzahlung. Sie hatte sie mit ganz und gar unköniglichen Diensten gefügig gemacht, mit ihren weiblichen Reizen. Dem älteren hatte sie bereits die Königswürde und ihre Hand versprochen, dem Jüngeren den Posten des Generalfeldmarschalls.
Das Boot legte ab, die beiden Krieger setzten sich auf die Ruderbänke und legten sich in die Riemen. Der Bug zerteilte die Wogen, schnell glitt das Boot auf den See hinaus.
Elloa saß am Heck in einem mit Fell ausgeschlagenen Sitz. Sie konnte den Kriegern in die Gesichter sehen, sie konnte auf den See hinausblicken, in die Freiheit.
Noch einmal wandte sie sich um. Rasch blieben Schilf und Wald zurück. Weit entfernt erkannte sie einen Teil des östlichen Wolkenstadtrandes. Rauchwolken stiegen dort auf. Löschtrupps bekämpften das Feuer.
Erleichterung weitete ihre Brust. Sie drehte sich um, lächelte den Kriegern in die edlen Gesichter und lehnte sich zurück in ihren Sitz. Alles war gut gegangen. Sie schloss die Augen und genoss das Gefühl, dem verfluchten Pflanzenmagier entronnen und ein für alle Mal eine freie Frau zu sein.
Eine Zeitlang lag sie vollkommen entspannt. Ein Sirren zerschnitt plötzlich durch die Abendluft. Sie öffnete die Augen. Der vordere der Krieger hatte aufgehört zu rudern. Ein Pfeil steckte in seiner Brust, er kippte vornüber zu Elloas Füßen.
Der zweite riss Augen und Mund auf und starrte nach Südwesten in die Abenddämmerung. Mündungsfeuer blitzten dort auf, Kugeln heulten über den abendlichen See. Der zweite Ruderer bäumte sich getroffen auf und fiel nach hinten in den Bug des Bootes.
Elloa sah drei Ruderboote, die sich rasch näherten. Der Atem stockte ihr. In einem erkannte sie Mongoo, im anderen Bantu. Zu dessen Füßen kauerte Gelani. Das Gesicht der jungen Dienerin schien aus Granit gemeißelt zu sein.
»Was wollt ihr von mir?!«, schrie die Königin. »Was fällt euch ein?« Keiner antwortete ihr. Mongoo bückte sich und zog ein Jagdnetz aus dem Bug seines Bootes. Er entfaltete es und begann es über seinem Pfauenfederbusch kreisen zu lassen.
Über den Toten hinweg stürzte Elloa zur Ruderbank und griff nach den Holmen. Nie zuvor hatte sie ein Ruder in der Hand gehabt – sie stocherte im Wasser herum, und das Boot drehte sich im Kreise, während Mongoo und Bantu sich näherten…
***
Das Schiff stürzte auf den Ostwall. De Rozier hatte zunächst an Verstärkung aus einer der anderen Wolkenstädte geglaubt. Doch kurz bevor das Geschoss den Ballon traf, erkannte er seine kaiserliche Roziere.
Nicht lange nach dem Absturz ergaben sich auf dem Wall die letzten Verteidiger, die noch Widerstand geleistet hatten. Schnell sammelten sich Bürger und Uniformierte, um die Verletzten zu bergen. De Rozier beobachtete sie vom Westwall aus. Auch die Flammen, die unten aus dem Wald schlugen, bekämpften die Bewohner der Stadt. Unter allen Umständen musste verhindert werden, dass der Brand auf die Bambusgitterkonstruktion und den Trägerballon übergriff.
Die Uniformierten unter den Löschkräften trugen längst keine Waffen mehr. Und so ließen die Krieger der siegreichen Huutsi sie auch gewähren. Etwa dreihundert Fremde waren bereits in die Stadt eingedrungen. Die meisten hielten die kaiserlichen Soldaten in Schach, viele trieben die Bürger auf dem Marktplatz zusammen, einige kümmerten sich um Verwundete.
Eine Gruppe von vielleicht dreißig Angreifern näherte sich vom Palastpark her dem Westwall. De Rozier, noch immer auf dem westlichen Wall, den der zusammengesunkene Trägerballon bildete, erkannte den schwarzen Hünen, die Kriegerin mit der roten Gesichtsbemalung, den dicken General und natürlich den Echsenartigen. Sie alle folgten ihrem König. Der schlenderte völlig entspannt auf den Wulst zu.
Maddrax’ Sohn lächelte verächtlich zum Kaiser herauf.
»Er muss eine gefährliche Waffe bei
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