223 - Gaston, Diana - Die mysteriöse Miss M
sie Not leiden“, sagte Ned leise.
Devlin verzichtete auf eine Droschke und kehrte lieber zu Fuß nach Hause zurück. Es nieselte unablässig, zudem war es ein ungewöhnlich kalter Tag. Das Wetter passte gut zu seiner Stimmung.
Als er die Tür zu seiner Wohnung öffnete, kam ihm Linette entgegengelaufen und rief laut: „Daddy!“ Er nahm sie hoch, und als sie die Arme um seinen Hals legte, musste Devlin mit den Tränen kämpfen.
Madeleine kam aus der Küche und wischte sich die Hände an ihrer abscheulichen Schürze ab. „Sie hat schon den ganzen Tag nach dir gefragt, und ich wäre darüber fast verrückt geworden“, erklärte sie amüsiert.
Er zog Madeleine an sich und überlegte, dass er wohl derjenige war, der verrückt werden würde, wenn er sie beide nicht mehr in seinem Leben hatte. Als er seinen Griff etwas lockerte, sah Madeleine ihn lange an, dann wischte sie eine Träne weg, die sich in seinem Augenwinkel gesammelt hatte.
„Komm, gib mir deinen Hut und die Jacke“, sagte sie. „Deine Sachen sind ganz klamm.“
Er setzte Linette ab, aber sie klammerte sich augenblicklich an seinem Bein fest. „Pferde spielen“, erklärte sie und zog am Stoff.
„Gleich, Lady Lin“, erwiderte er und strich ihr über den Lockenkopf. „Maddy, ich möchte mit dir reden. Es muss nicht sofort sein, sondern sobald du Zeit hast.“
Ihr Lächeln stand im Widerspruch zu ihrem ernsten Blick. „Ich lerne gerade, wie man ein Abendessen zubereitet. Sophie und Bart bringen mir bei, wie man gekochtes Rindfleisch und Haferbrei zubereitet. Klingt das nicht köstlich?“
„Allerdings.“ Er gab ihr einen sanften Kuss auf die Wange, dann ließ er sich von Linette in den Salon zerren, wo ihre Pferde auf ihn warteten.
Erst spät am Abend ergab sich eine Gelegenheit, um mit Madeleine zu reden, nachdem Linette endlich eingeschlafen war. Sie kam zu Devlin ins Schlafzimmer, um sich um seine Kleidung zu kümmern.
„Es wird immer schwieriger, sie zum Einschlafen zu bewegen“, erzählte sie, während sie seinen Abendanzug hochhob und sorgfältig begutachtete.
„Wir müssen ein Buch mit Gutenachtgeschichten kaufen“, schlug er nochmals vor.
„Ja, wirklich“, pflichtete sie ihm bei. „Ich kann mich kaum erinnern, wann ich das letzte Mal ein Buch gelesen habe. Es gibt so vieles, was ich lesen möchte. Mein Verstand will unbedingt beschäftigt werden.“
Seine Laune besserte sich, wenn auch nur minimal. Das war wenigstens etwas, was er für sie tun konnte. „Wir müssen eine Buchhandlung aufsuchen. Dort kannst du für dich und Linette aussuchen, was du haben möchtest.“
Madeleine lief rot an. „Bitte verlier nicht die Fassung angesichts meiner unüberlegten Worte. Ich kann nicht von dir erwarten, dass …“
Er hob seine Hand, damit sie zu reden aufhörte. „Morgen werden wir hingehen. Wenn es dir zusagt, können wir uns früh am Tag auf den Weg machen.“
Für sie war die Gefahr, mit ihm gesehen zu werden, ein weit größerer Grund zur Sorge als für ihn. Allerdings würde ihn wohl auch niemand geringschätzig ansehen, wenn er mit einer hübschen Frau unterwegs war, ohne dass sie eine Anstandsdame begleitete. So hatte es den Anschein, als gäbe es mit ihr eine Übereinkunft.
„Ich habe deine Abendkleidung ausgebürstet“, erklärte sie.
An diesem Abend erwartete man ihn auf dem Ball der Catsworth’, auf dem er auch Miss Duprey, deren Bruder sowie die allgegenwärtige Mutter antreffen würde. Amanda, Greythorne und glücklicherweise auch Ram hatten sich gleichfalls angekündigt. Devlin war vor allem um Amanda besorgt, die sich der Begegnung mit Greythorne würde stellen müssen.
Devlin zog sich bis auf die Unterwäsche aus. „Danke, Maddy.“ Er strich über den Stoff der Jacke. „Sehr gut gemacht.“
Es war bittere Ironie, dass Madeleine die Funktion eines Kammerdieners übernahm, wenn er sich für diese abendlichen Verabredungen fertig machte.
Als sie ihm ein sauberes Hemd bringen wollte, nahm er sie am Arm. „Setz dich für einen Moment zu mir.“
Ihr Blick ruhte auf seinem nackten Oberkörper, doch sie begab sich pflichtbewusst zu ihm aufs Bett. Er hätte für dieses Gespräch besser einen neutralen Ort gewählt, da ihre Gedanken in seiner direkten Nähe viel zu leicht abschweiften.
„Wir müssen darüber reden, wo du leben wirst“, begann er, nachdem er sich gegen die Kissen hatte sinken lassen, wobei er Madeleine mit sich
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