223 - Gaston, Diana - Die mysteriöse Miss M
oder etwas anderes, gleichermaßen Beschämendes war?
Sosehr Serena diese Angelegenheit gern mit ihrem Mann besprochen hätte, fehlte ihr doch der Mut dazu. Er war so wütend auf Devlin gewesen, dass sie fürchtete, durch eine Einmischung alles nur noch schlimmer zu machen. Außerdem hatte sie sich noch nie in die Angelegenheiten von Ned eingemischt, zumal sie ja nicht einmal wusste, was das überhaupt für welche waren.
Ned würde es nicht verstehen, sollte sie ihm zu erklären versuchen, dass Devlin diese junge Frau liebte. Aber im Grunde sollte ihr Mann Devlin dazu bringen, diese Miss England zu heiraten. Es konnte doch für die Familie kein so gewaltiger Skandal sein, wenn der jüngere Sohn seine Geliebte ehelichte, mit der er bereits ein Kind hatte. Warum sah Ned es nicht als Devlins Pflicht, Miss England zur Frau zu nehmen?
Doch sie fürchtete, dass sie die Antwort auf diese Frage längst kannte. Ned wollte das Kind nach wie vor adoptieren, und er hoffte, Miss England trotz allem überreden zu können, weil seine Frau ihm kein leibliches Kind schenken konnte.
Tränen stiegen Serena in die Augen, sie schniefte und suchte in ihrem Retikül nach einem Taschentuch.
Besorgt sah Devlin sie an. „Was ist los, Schwägerin?“
„Nichts“, murmelte sie.
„Unsinn“, gab er nun zurück. „Sag mir, was dir zu schaffen macht.“
Er legte einen Arm um sie und zog sie an sich, damit sie sich an seine Schulter lehnen konnte. Diese tröstende Geste hätte sie beinahe ungehemmt weinen lassen, doch Serena riss sich zusammen.
„Ich …“ Sie überlegte, ob sie ein anderes Thema anschneiden konnte, um den wahren Grund für ihre Sorge zu verschweigen, doch ihr wollte nichts einfallen. „Mir gefällt nicht, dass du nach einer Frau Ausschau hältst. Dein Herz ist bereits vergeben, davon bin ich überzeugt. Es erscheint mir so … so unehrenhaft.“
Er versteifte sich. „Mir bleibt keine andere Wahl. Ich muss sie und das Kind ernähren, und wie sollte ich das anders anstellen? Dein Ehemann kontrolliert mein Vermögen, also muss ich tun, was er verlangt.“
„Es gefällt mir trotzdem nicht.“
„Mir gefällt es auch nicht.“ Er drückte Serenas Arm. „Ich verspreche dir, ich werde mich gegenüber der Frau, die ich heirate, ehrbar verhalten, Serena.“
„Ach, Devlin“, seufzte sie.
Die Kutsche hielt vor dem Stadthaus des Marquess, Devlin stieg aus und half Serena nach draußen.
An der Eingangstür angekommen, sagte er zu ihr: „Danke, dass du mich begleitet hast. Ohne dich hätte ich diesen Abend nicht überstanden.“
Sie wusste nicht, was sie darauf erwidern sollte. Falls Ned sie noch einmal darum bitten sollte, würde sie es wieder machen. Dennoch war es ihr zuwider, in ein Vorhaben verstrickt zu sein, das für keinen der Beteiligten etwas Gutes verhieß.
Devlin folgte ihr noch in das Foyer, gab ihr einen flüchtigen Kuss auf die Wange und verabschiedete sich von ihr. Als Serena sich umdrehte, sah sie Ned, der am Kopf der Treppe stand und sie anstarrte. Ihr Herz schlug schneller. Er hatte auf sie gewartet! Sie eilte nach oben, doch kurz bevor sie ihn erreicht hatte, wandte er sich ab, ging in sein Schlafzimmer und warf die Tür hinter sich ins Schloss.
Madeleine saß zusammengekauert auf der Treppe, als Devlin das Haus betrat.
„Ich wollte auf dich warten“, sagte sie.
Er nahm sie in die Arme und drückte sie an sich, während er von dem Gefühl, zu Hause zu sein, und zwar an ihrer Seite, fast überwältigt wurde.
„Erzähl mir vom Almack’s“, forderte sie ihn auf, zog ihn hinter sich her in sein Zimmer und half ihm beim Ausziehen. „War es schön? Wie ist es dekoriert?“
„Es war alles sehr schlicht“, erwiderte Devlin, nachdem er einen Moment lang nachgedacht hatte. „Ich kann mich nicht daran erinnern, dass dort irgendetwas besonders geschmückt war.“
Madeleine sah ihn skeptisch an. Er schien zu scherzen. Sie wusste noch zu gut, wie ihre Schwester von dem Tag geträumt hatte, an dem sie beide ins Almack’s gehen würden. Damals war es ihr albern vorgekommen, dennoch war es für sie immer selbstverständlich gewesen, dass sie später einmal den „siebten Himmel“ besuchen würde.
„Nein, ernsthaft, Devlin. Ich will es wirklich wissen.“
Er rieb sich den Nacken, als der endlich von dem einengenden Kragen befreit war. „Es ist die Wahrheit, Maddy. Die Säle waren sehr schlicht, und es gab nichts
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