223 - Gaston, Diana - Die mysteriöse Miss M
Nachlässigkeit an die Stirn. „Meine Schwester, Miss Emily Duprey. Oder besser gesagt, Miss Duprey. Unsere andere Schwester vermählte sich vor gut einem Jahr mit einem Viscount, der in Geld schwimmt. Emily, Lord Devlin Steele.“
„Miss Duprey.“ Er deutete eine Verbeugung an.
„Lord Devlin“, erwiderte sie leise und senkte den Blick.
Miss Duprey war nach Devlins Einschätzung mindestens zwanzig Jahre alt. Falls sie ein oder gar zwei Mal eine Saison erfolglos hinter sich gebracht hatte, würde sie vielleicht sein pragmatisches Angebot begrüßen.
„Genießen Sie den heutigen Abend, Miss Duprey?“, fragte er.
„O ja, sehr sogar“, erwiderte sie. „Im Almack’s ist es stets sehr angenehm, nicht wahr?“
„Vor dem heutigen Abend hatte ich noch nicht das Vergnügen.“ Inzwischen war er sich sicher, dass er ihr noch nie begegnet war.
„Steele war mit mir in Oxford“, meldete sich ihr Bruder zu Wort. „Bis sie ihn von der Schule geworfen haben und er zur Armee ging.“
Duprey konnte es nicht lassen, ihn in ein schlechtes Licht zu rücken. Die Dame blieb jedoch weiter gelassen, was ihn hoffen ließ, dass seine nicht so makellose Vergangenheit für sie nicht von Bedeutung war.
Devlin bat sie um den nächsten Tanz, sie willigte ein. Als sie sich auf der Tanzfläche bewegten, fiel ihm auf, dass Miss Dupreys Mutter viel mehr Interesse an ihm zeigte als die Tochter. Dennoch war es ein recht angenehmes Erlebnis, auch wenn die Unterhaltung einen absehbaren Verlauf nahm. Devlin wusste, dass Duprey die Baronwürde erben sollte, also keinen besonders wichtigen Titel, doch darüber hinaus war ihm über die Familie nicht viel bekannt. Wenn sie die eine Tochter gut verheiratet hatten, war es vielleicht nicht unbedingt nötig, dass auch die zweite einen Titel bekommen musste.
Der weitere Abend zog sich recht schleppend dahin. Überrascht bemerkte Devlin, dass das Juwel oder besser gesagt Miss Reynolds ihn mit unverhohlener Neugier beobachtete. Vielleicht wusste sie bloß nicht, dass er der jüngere Sohn der Familie war. Alle anderen schienen genau darüber informiert zu sein, wie es um seine Situation und sein Vermögen bestellt war. Devlin traf einige Bekannte wieder, darunter einen Offizier, den er in Spanien kennengelernt hatte. Vermutlich waren alle überlebenden Offiziere auf der Suche nach einer Frau, immerhin gab es für ehemalige Soldaten sonst kaum etwas zu tun.
Als Serena später am Abend andeutete, sie könnten nun aufbrechen, ohne das Gesicht zu verlieren, war Devlin ihr sehr dankbar. Während sie auf ihre Kutsche warteten, stand auf einmal das Juwel neben ihnen. Serena kannte die Person, eine Tante, die als Anstandsdame für Miss Reynolds mitgekommen war, und stellte die junge Frau Devlin vor.
„Sie haben mich nicht um einen Tanz gebeten, Lord Devlin“, sagte Miss Reynolds, deren Tante sich angeregt mit Serena unterhielt.
„Ich wurde gewarnt, dass die Konkurrenz hart sein würde“, erwiderte er.
Sie lachte auf, dann grinste sie ihn verschwörerisch an. „Ein Tanz mit einem Gentleman dient dazu, diejenigen zu beunruhigen, die wirklich im Rennen sind.“
Ihre Kutsche fuhr vor, und er wünschte Miss Reynolds eine gute Nacht.
Als er und Serena endlich auf dem Heimweg waren, atmete er erleichtert auf.
Nach kurzem Zögern meinte sie: „Ich hoffe, der Abend hat dir gefallen.“
„Er entsprach ganz meinen Erwartungen“, gab er zynisch zurück.
„Du hast dich gut geschlagen, und du hast viel getanzt.“
„Ja, das ist wahr.“ Er verschränkte die Arme vor der Brust und versank in seine Gedanken über diesen Abend, die er mit Serena nicht teilen wollte. Zum Beispiel, dass ihn diese Debütantinnen zu Tode gelangweilt hatten. Dass er es hasste, im Ballsaal seine Rolle zu spielen, obwohl er lieber bei Madeleine gewesen wäre.
Serena beobachtete ihn, wie er schweigend und mürrisch neben ihr in der Kutsche saß. Sie hatte diesen Abend verabscheut. Nur weil ihr Mann sie darum gebeten hatte, war sie zusammen mit ihrem Schwager hingegangen. Dabei kreisten ihre Gedanken immer wieder um die junge Frau, von der Devlin begleitet worden war, als er zu ihnen zum Essen gekommen war. Sie dachte an die Art, wie er diese Miss England den Abend über angesehen hatte. Aus Serenas Sicht passte sie bestens zu ihm. Sie war höflich und gebildet, und ganz offensichtlich besaß sie gute Manieren. Wen kümmerte es, wenn ihre Herkunft das Gewerbe
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