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223 oder das Faustpfand - ein Kriminalfall

223 oder das Faustpfand - ein Kriminalfall

Titel: 223 oder das Faustpfand - ein Kriminalfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Residenz
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in ein Lager nach Wien deportiert. Wir sind am 25. April in Persenbeug angelangt.«
    »Hatten Sie innerhalb des Lagers eine besondere Funktion?«, fragt Winkler.
    »Als Arzt hatte ich die Kranken zu behandeln, zu pflegen. So gut das halt ging unter den Umständen«, antwortet Dr. Weisz.
    »Ich nehme an, dass Sie auf dem Marsch von Wien nach Persenbeug halbwegs gut behandelt worden sind, so im Allgemeinen«, sagt Revierinspektor Winkler leichthin und versucht, sich die Anspannung nicht anmerken zu lassen.
    »Ja«, antwortet Dr. Weisz. Im hintersten Winkel seines Hirns rechnet er noch immer damit, erschossen zu werden. Auf jeden Fall weiß er, dass er den heutigen Tag noch nicht überlebt hat. Und mit ihm seine Frau und seine Schwester.
    »Auch in Persenbeug wurden Sie gut behandelt und den Verhältnissen entsprechend gut untergebracht«, fährt der Revierinspektor fort, und seine Äußerung ist in diesem für ihn sehr wichtigen Punkt keine Frage mehr, sondern eine Feststellung.
    »Ja.«
    »Insbesondere hat sich unsere Dienststelle sehr bemüht, bei der Beschaffung von Lebensmitteln und sonstigen Gebrauchsgegenständen behilflich zu sein. Ich erinnere hier nur daran, dass einige meiner Leute mit den Lagerinsassen mitgegangen sind in die Persenbeuger Haushalte, als es darum gegangen ist, Lebensmittel zu organisieren.«
    Wieder ist es keine Frage, sondern eine Feststellung, an der es natürlich nichts zu rütteln gibt.
    »Ja, natürlich«, antwortet Dr. Weisz ruhig. »Auch von der Bevölkerung wurden wir gut behandelt.«
    »Sie würden daher behaupten, und das wäre auch schon meine letzte Frage, dass an der Ermordung der Juden niemand von hier beteiligt gewesen ist?«, fragt Revierinspektor Winkler gespannt.
    »Ja.«
    Ich habe im Judenlager Persenbeug zk. 30 Schritte abseits der Hauptbaracken in einem kleinen Raum mit meiner Schwester Szerena Weiß und meiner Frau gewohnt. Ich habe in der Nacht zum 3. weder einen Schuss noch sonst einen verdächtigen Lärm gehört
, tippt der Gendarm in die Maschine.
    »Ich hätte noch die Bitte, dass man meine Frau und meine Schwester nicht verhört. Ihr gegenwärtiger Zustand ...«
    »Natürlich.«
    Der Revierinspektor hackt weiter rasch und konzentriert auf die Schreibmaschine ein.
    Ich bin mit den anderen Juden am 25. 4. 1945 nach Persenbeug gekommen und waren früher in Wien. Wir wurden aus Ungarn deportiert und waren in einem Lager in Wien untergebracht. Von Wien wurden wir evakuiert und in Persenbeug untergebracht. Wir wurden auf der Strecke von Wien nach Persenbeug im allgemeinen gut behandelt und habe ich keine Klage. Über die Ostmärker kann ich nur sagen, dass sie uns überall gut behandelt und auch nach ihrer Möglichkeit verpflegt haben. In Persenbeug wurden wir gut behandelt und den Verhältnissen entsprechend gut untergebracht

    Nun beginnt er den für ihn am wichtigsten Abschnitt:
Ich möchte besonders darauf hinweisen, dass wir von der Gendarmerie in Persenbeug nicht nur gut, sondern sehr gut behandelt wurden und uns auch diese in jeder Beziehung bei Beschaffung der Lebensmittel und sonstigen Gebrauchsgegenstände behilflich waren und selbst zur Beschaffung mitgingen. Im allgemeinen kann ich nur angeben und auch nach meinem Gewissen behaupten, dass an der Ermordung der Juden von hier niemand beteiligt ist und dies fremde Personen gemacht haben müssen. Diese Behauptung kann ich deshalb machen, weil wir von der Gendarmerie stets beschützt wurden und auch diese ganz entsetzt war, als sie von der Ermordung Kenntnis erhielt
.
    Der Revierinspektor liest das Getippte noch einmal sorgfältig durch und atmet dann zufrieden aus.
    Dann konzentriert er sich auf den letzten Abschnitt der Vernehmungsprotokolls, wobei die eine oder andere Wiederholung keinesfalls schaden kann:
Nochmals möchte ich betonen, dass wir in Persenbeug nicht nur von der Gendarmerie, sondern auch von der Bevölkerung gut behandelt und uns diese freundlich und zuvorkommend entgegenkam
.
    Den Abschluss bilden Formalien, die der erfahrene Gendarm rasch hinzufügt:
Vorstehendes wurde mir vorgelesen, habe es selbst durchgesehen und für richtig befunden. Hinzuzufügen habe ich nichts mehr. Auch meine Schwester Szerena Weiß und meine Frau Olga Weiß haben von dem Inhalt dieser Niederschrift Kenntnis genommen und bestätigen mit ihrer Unterschrift die Richtigkeit. Geschlossen
.
    Vorsichtig spannt der Revierinspektor das Blatt, die blauschwarze Durchschlagsfolie und den Durchschlag aus. Er weiß, dass er einen

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