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2235 - Todesspiele

Titel: 2235 - Todesspiele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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immer unsicher, ob sie ihm vertrauen konnte, aber dann gewann sein charmantes Lächeln, und sie hakte sich bei ihm ein. Und er war überrascht, wie gut und natürlich es sich anfühlte.
    Als wäre es nicht das erste Mal, dass sie einander so nah waren, als würden sie sich schon seit Jahren kennen.
     
    6.
     
    7. April 1332 NGZ, 23:12 Stationszeit
     
    Nachdem Kellborn das Kommando an den Nachtdienstleiter, Leutnant Porgork, übergeben hatte, einen stets mürrischen, wortkargen Topsider, der schon seit der Eröffnung des interstellaren Casinos in der Raumstation arbeitete, hatte er noch zwei Gläser Vurguzz in der Kantine getrunken und war dann müde und erschöpft vom langen Tag in seine Kabine gegangen.
    Sie lag – wie alle Quartiere der Offiziere und Crew-Mitglieder – in der Kommandospindel, umringt von den sechs Sektoren der blütenblattähnlichen Wohn- und Freizeitkomponenten und durch sie vor direkter Sonneneinstrahlung geschützt. Dennoch war es in seiner Kabine so heiß, dass jede Bewegung zu einer schweißtreibenden Angelegenheit wurde. Das Thermometer zeigte 33 Grad Celsius an.
    Kellborn stöhnte unwillkürlich, als er aus seiner blauen Kommandantenuniform schlüpfte, die Unterwäsche ablegte und sich nackt auf die harte Pritsche fallen ließ. Ihm machte die Hitze mehr zu schaffen als den meisten anderen Crew-Mitgliedern.
    Auf seiner Heimatwelt Glace stieg die Temperatur selbst im Sommer niemals über die Fünfzehn-Grad-Marke, und er war an Frost und klirrende Kälte gewöhnt, nicht an diese Backofenhitze. Und morgen würde es noch heißer werden.
    Die Temperatur würde steigen, unerbittlich, mit jeder Stunde, bis das Prallfeld schließlich versagte und sie bei lebendigem Leib gebraten wurden.
    Er sah sein Waffenholster an, das er über die Stuhllehne gelegt hatte, den Thermostrahler mit dem glänzenden Griff. Er schien ihn zu rufen, zu locken. In den acht Jahren, die er nun schon in der Station lebte und arbeitete, hatte er die Waffe nicht ein einziges Mal benutzt. Sie war für ihn nichts weiter als ein Bestandteil seiner Uniform gewesen, ein Accessoire wie die silbernen Epauletten, die goldenen Zierknöpfe.
    Doch jetzt schien sie der einzige Ausweg in einer ansonsten ausweglosen Lage zu sein, die einzige Flucht, die sich ihm bot.
    Alles vergessen, dachte er. Die Beschränkungen des Fleisches abschütteln, die Mühsal, die Sorgen, die Pein und in die Dunkelheit des Todes entfliehen ...
    Er schüttelte mürrisch den Kopf.
    Flucht war für ihn keine Alternative.
    Er war der Kommandant. Er trug die Verantwortung für die zweihundertköpfige Crew und die über eintausend Gäste an Bord, auch wenn die meisten von ihnen Abschaum waren, Kriminelle wie Rogolov Traminer und seine Syndikatsleute.
    Er würde bis zum Ende ausharren, ganz gleich, wie das Ende aussah.
    Geistesabwesend strich er mit seiner gesunden linken Hand über die metallisch schimmernde Verkleidung seines kybernetischen Armes. Er fühlte sich vergleichsweise kühl an und erinnerte ihn an die frische, frostige Luft von Glace, an die wandernden Gletscher und die vereisten Fjorde des Nordkontinents, an den Schnee, der in dichten Wolken auf das erstarrte Land fiel. Er hatte lange nicht mehr an Glace gedacht.
    Damals, als er mit achtzehn die Eiswelt verlassen hatte, war er froh gewesen, ihrer provinziellen Enge zu entkommen. In dem kleinen Dorf Togluman im Klirrenden Fjord, in dem er herangewachsen war, hatte jeder jeden gekannt. Es gab nicht ein Gesicht, das er nicht schon tausendmal gesehen, nicht eine Geschichte, die er nicht schon tausendmal gehört hatte.
    Der Flug nach Terra, zur zivilen Flottenakademie von Terrania, war ihm wie eine Befreiung vorgekommen, ein Auftakt zu fantastischen Abenteuern, die er eines Tages, wenn er alt und weise nach Glace zurückkehren würde, seinen Enkeln erzählen konnte.
    Aber er hatte keine Kinder, keine Enkel.
    Und die Realität der modernen Raumfahrt hatte völlig anders ausgesehen. Es gab keine Abenteuer, keine Heldentaten, keine Romantik, nur die öde Routine des hoch automatisierten Linien- und Frachtverkehrs, unterbrochen von kurzen Stopps auf den Zielplaneten, niemals lange genug, um diese Welten näher kennen zu lernen. Selbst der Ausblick aus den Fenstern der Raumhafenhotels war ein Luxus gewesen, den er nur selten genossen hatte; meistens war er an Bord seines Frachters im Orbit geblieben, während die Robotcrew die Ladung löschte und neue Fracht verstaute. Und so waren die Jahre und Jahrzehnte

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