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224 - Im Turm des Warlords

224 - Im Turm des Warlords

Titel: 224 - Im Turm des Warlords Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn
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laufen, wenn der Feind schon im Haus war, war Sacripant wahrscheinlich in den Keller geflüchtet, in dem es eventuell, wie in vielen großen Städten der Welt, Verbindungstüren zu den Nachbarhäusern gab.
    Doch bevor ich das Risiko einging, mich ohne Kompass in diese stygischen Tiefen vorzuwagen, wollte ich schnell noch die anderen Räume untersuchen. Ich delegierte Yann an die Treppe und hechtete in den ersten Raum, in dem ich auch fündig wurde: Ein schwarzer Hüne mit mongolischen Augen und eine arabisch wirkende Frau in Männerhosen, die wir offenbar geweckt hatten, warfen sich mir mit lauten Kampfgeschrei und blitzenden Degen entgegen.
    Angesichts der Übermacht und da mir die Zeit für eine angemessene Reaktion fehlte, schoss ich dem Kerl kurzerhand ins Bein. Er knickte ein, sein Degen schlidderte über den Boden, und auch der Vorwärtsdrang seiner Kollegin kam ins Stocken. Sie fauchte mich an wie eine Katze und brachte sich auf der anderen Seite des Bettes, in dem sie sich vermutlich zuvor vergnügt hatten, in relative Sicherheit.
    Das war mir sehr recht, denn ich verabscheute es, auf eine Frau zu schießen, die nur ein Messer hatte und womöglich glaubte, sie müsse sich gegen einen Einbrecher verteidigen.
    »Wo ist Monsieur Sacripant?«, fragte ich mit grimmiger Miene und nahm die beiden abwechselnd ins Visier.
    »Ka-kaminzimmer«, ächzte der Hüne am Boden.
    Bevor ich ihm sagen konnte, dass ich gerade von dort kam, schepperte es auf dem Gang. Ich hörte Yann fluchen. Ich ließ meine Opfer zurück, in der Hoffnung, dass das Säbelweib sich eher um die Verletzung ihres Freundes kümmern würde als um mich, und sah gerade noch, dass Yann jemandem über die Treppe in den Keller folgte. Nahe der Treppe stand eine Tür offen. Ich nahm an, dass Sacripant sich dort versteckt hatte.
    Ich eilte hinter Yann her. Die Treppe war schief getreten und so schmutzig, dass es ein großes Risiko war, sie im Dunkeln zu benutzen. Zum Glück war das Kellerlabyrinth aber weitgehend beleuchtet. Wie ich schnell entdeckte, waren in einigen unterirdischen Kammern Damen untergebracht, die bei meinem Anblick an den Gitterstäben rüttelten und um Hilfe riefen.
    Aus einer Zelle trat mir ein verschlafener Eierkopf mit einer Keule entgegen: ein Wächter, wie es aussah. Die an seinem Ledergurt klirrenden Schlüssel passten vermutlich zu den Zellen, in denen die Frauen um Hilfe schrien.
    Normalerweise hätte ich den Mann ignorieren können, denn Yann hatte sich ja schon an Sacripants Fersen geheftet. Doch der Kerl wollte keinen Platz machen, und so hatte ich keine andere Wahl, als mich ihm zu stellen.
    Dass es dazu nicht kam, lag an einer schleimigen Substanz genau dort, wohin ich in diesem Moment meinen rechten Fuß setzte. Ich rutschte aus und landete schmerzhaft auf dem Steißbein.
    Ehe ich aufschreien konnte, traf Eierkopfs Keule meine linke Schulter. Ich verging in einem Meer der Pein.
    Zum Glück fiel ich nicht in Ohnmacht. Ich sah auch keine Sterne. Irgendein Reflex – vermutlich der Gedanke, dass ich tot war, wenn ich jetzt nicht mit Lichtgeschwindigkeit reagierte – ließ mich wie von einem Katapult abgeschossen hochfahren.
    Eierkopfs nächster Hieb traf den Boden. Dafür traf mein ausgestrecktes Bein seinen Magen. Er stieß ein Röcheln aus sank auf die Knie – die passende Stellung, um ihm mit einem Schlag in den Nacken den Rest zu geben. Eierkopf sackte grunzend in sich zusammen und rührte sich nicht mehr. Und mir tat die Schlaghand weh, die ich nun schon zum wiederholten Mal strapaziert hatte.
    Die gefangenen Frauen in den Zellen applaudierten mir und fingen an zu jubeln. Ich löste mit bebenden Händen den Schlüsselbund von Eierkopfs Gurt.
    Dann bat ich um Ruhe. Die Freudenschreie verstummten.
    »Ist eine Keetje unter euch?«, rief ich auf Französisch in die Runde, und als niemand antwortete, fügte ich hinzu: »Oder hat jemand von einer Keetje gehört, die kürzlich als Sklavin verkauft wurde?«
    Wieder keine Antwort. Okay, es war den Versuch wert gewesen. Ich warf einer Frau den Schlüsselbund durch die Gitterstäbe zu. »Hilf den anderen, und dann haut ab!« Ich deutete in den Gang hinein. »Ich muss weiter!«
    »Stechen Sie die Kanaille ab, Monsieur!«, rief die Frau hinter mir her, aber ich ignorierte ihren gar nicht frommen Wunsch.
    Der Gang machte Biegungen, führte an Türen vorbei, die verschlossen waren. Ich gelangte an Stufen, die zu einem zweiten Treppenhaus hinauf führten. Als ich Yanns Namen rief, bekam

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