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224 - Im Turm des Warlords

224 - Im Turm des Warlords

Titel: 224 - Im Turm des Warlords Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn
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ich eine Antwort. Dass ich auf dem richtigen Weg war, freute mich, doch leider mangelte es mir an Yanns Fähigkeit, mich am Energieausstoß von Lebewesen zu orientieren: Oben angekommen, wo nur ein wenig Mondlicht durch verrammelte Fenster fiel, stolperte ich und fiel hin.
    Als ich mich aufrappelte, hörte ich das Klatschen von Plattfüßen. Jemand lief schnaufend an mir vorbei. Ich, war so verdutzt, dass ich Sacripant erst erkannte, als der ihn verfolgende Yann um eine Ecke kam und mir winkte.
    Es hatte uns in einen baufälligen Teil des Häuserblocks verschlagen: Auf dem Boden wucherten pfannkuchengroße gelbe Pilze, die platzten, wenn man auf sie trat, und Wolken verströmten, die so entsetzlich stanken, dass es einem den Magen umstülpte.
    Außerdem waren sie so glitschig wie eine Eislaufbahn: Als Sacripant eine Flügeltür öffnete, um zu verschwinden, rutschte Yann auf einem solchen Pilz aus. Er schlidderte zehn Meter auf dem Hosenboden durch den Korridor, bis eine Wand ihn aufhielt.
    Ich hatte das zweifelhafte Vergnügen, voll in die Miefwolke zu geraten, die der Pilz ausstieß. Ich hatte die Woge der Übelkeit kaum überwunden, als wir hinter der Flügeltür in eine riesige Halle kamen, die von Laufvögeln wimmelte. Sie wateten knöcheltief in ätzend riechendem Kot und kreischten so schrill, dass wir um unsere Trommelfelle fürchteten.
    Die Biester waren größer als Strauße, aber nicht aggressiv. Diese Elefantenvögel hatten in meiner Zeit als ausgestorben gegolten, aber irgendwie hatte die Evolution – oder ein experimentierfreudiger Daa’mure – sie wiederentdeckt. Heute wurden sie auf Madagaskar als »Efrantenvögel« in großem Rahmen gezüchtet und für alle möglichen Zwecke eingesetzt. Als wir uns eine Gasse durch sie bahnten, machten sie bereitwillig Platz.
    Ein Blick an die Decke sagte mir, dass wir uns in einem ehemaligen Busbahnhof befanden. In den Ecken und Nischen gammelten rostige Fahrzeugwracks vor sich hin. Das andere Ende der langen Halle war offen. Genau dorthin zog es Monsieur Sacripant.
    Wir mussten vorsichtig sein, um nicht auszurutschen, denn auch hier war der Boden von den Exkrementen der Efrantenvögel übersät. Als die Halle hinter uns lag, empfanden wir die frische Luft und die Stille der Nacht als paradiesisch.
    Sacripants Spur war deutlich zu sehen: Der Kot, bislang ein Ärgernis, war uns nun von Nutzen, denn man konnte ihn so deutlich erkennen wie die Kieselsteine, die Hänsel und Gretel einst ausgelegt hatten, um aus dem Wald heraus zu finden. Die Fährte führte uns zum torlosen Eingang einer für diesen Teil der Welt gigantischen Kathedrale. Unsere Schritte hallten laut.
    »Hören Sie, Sacripant!«, rief ich, als wir im Eingang standen und versuchten, die Finsternis mit Blicken zu durchdringen. »Wir sind vielleicht ein bisschen plötzlich in Ihr Haus eingedrungen, aber wir wollen Ihnen nichts antun! Alles was wir brauchen, sind einige Informationen!«
    Keine Antwort.
    Es wunderte mich nicht. Ich hätte meinen Standort an seiner Stelle auch nicht verraten.
    Ich schaute Yann an. Er nickte und wies mir die Richtung. Da Sacripants Wärmespur noch »frisch« war, war es ihm ein Leichtes, sie aufzuspüren. Wir wussten allerdings nicht, ob der Sklavenhändler sich inzwischen bewaffnet hatte.
    »Wir wollen wirklich nur eine Auskunft von Ihnen«, fuhr ich fort. »Sie betrifft eine junge Frau, die Sie vor kurzem… erworben haben.«
    »Ach, wirklich?«, rief eine krächzende Stimme aus der Finsternis. In dieser Richtung befanden sich einige mannshohe Schutthaufen. Wie Sacripants Spur dahinter weiter verlief, konnte Yann von hier aus nicht sagen.
    »Wie kommt es nur, dass alle Meuchelmörder sagen ›Ich weiß, dass mein Verhalten gegen mich spricht, aber ich kann es erklären‹?«, erklang Sacripants Stimme wieder. Er war ein Menschenhändler, aber offensichtlich nicht dumm. Ich nahm mir vor, es nicht zu vergessen.
    »Beantworten Sie unsere Fragen, Monsieur!«, rief ich. »Dann werden Sie an unserem Verhalten merken, dass wir es ehrlich meinen.«
    »Wie würde Ihr Verhalten aussehen?«, kam Sacripants Stimme aus dem Dunkel. Irrte ich mich, oder klang in ihr eine gewisse Ironie darin mit?
    »Wir würden ganz einfach gehen und Sie in Ruhe lassen.«
    Eine Weile herrschte Schweigen. Dann: »Kommen Sie näher. Allein!«
    Ich nahm an, dass Diskretion ihm wichtig war. Wer wohlhabende und mächtige Kunden hatte, wollte deren Namen nicht in alle Welt hinaus posaunen. Und dass er Keetje

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