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224 - Im Turm des Warlords

224 - Im Turm des Warlords

Titel: 224 - Im Turm des Warlords Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn
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mehreren etwa zwanzig Meter hohen zylinderförmigen Felsen. Ich schätzte seine Grundfläche auf tausend Quadratmeter.
    Erreichen konnte man ihn nur zu Fuß: über eine Serpentine, die im oberen Drittel unterbrochen und mit einer Zugbrücke versehen war. Als wir uns mit der Roziere dem Felsen näherten, war die Zugbrücke hochgezogen. Nur geübte Bergsteiger hätten den Abgrund überqueren können.
    Rings um den Felsen standen Zelte. Lagerfeuer loderten. Ich sichtete Hunderte von Kriegern und an Lurche erinnernde Reittiere. Efrantenvögel stolzierten mit hochnäsiger Miene umher und hinterließen dicke Kotballen, mit denen die Landsknechte ihre Feuer speisten.
    Auf einem der entfernten Felsen entdeckte ich aus Stoff bestehende Sichtblenden, hinter denen man einfache Fluggleiter zusammenbaute.
    »Oho!«, sagte ich leise zu Aruula. »Da steht wohl ein Luftangriff bevor.«
    »Ob es eine gute Idee war, hierher zu kommen?«, erwiderte sie.
    Ich teilte ihre Zweifel, doch ich war auch überzeugt, dass wir Keetje nur einzusammeln brauchten und unsere Reise dann fortsetzen konnten.
    Hetman Lulungu und seine Männer krallten sich, vor Angst kreidebleich, neben Yann an den Kartentisch. Am Anfang hatten sie noch laut herumgetönt, sie würden nun den Vögeln Konkurrenz machen und zum Mond fliegen. Nach dem ersten Luftloch waren sie verstummt.
    Als wir uns dem Turm näherten und die einzelnen Zinnen unterscheiden konnten, eilten Bogenschützen ins Freie und nahmen uns aufs Korn. Mir fiel ein, dass man unseren Anflug auch missverstehen konnte.
    Es war nicht einfach, den Hetman zu bewegen, vom Kartentisch abzulassen, doch als ich ihm den Ernst der Lage schilderte, kam er zur offenen Luke und winkte den Bogenschützen prahlerisch zu.
    Sie machten große Augen. Ein stiernackiger Offizier brüllte etwas. Die Bogen wurden gesenkt.
    Yann landete auf dem etwa zweihundert Quadratmeter großen Turmdach. Aruula und ich sprangen hinaus und verankerten die Roziere an den Eisenringen, die an den Zinnen befestigt waren.
    Als ich mich umdrehte, kam ein schlanker Schwarzer aufs Turmdach. Er machte einen majestätischen Eindruck und trug den Schädel eines Leoparden als Kopfschmuck. War das Lulungus Herr?
    Im Schein der Fackeln, die seine Begleiter hielten, sah ich, dass Yann, der in der Luke stand, sich beim Anblick des Mannes fast zu Tode erschrak: Er zog sich die Kapuze ins Gesicht, machte auf der Stelle kehrt und verschwand im Lagerraum unseres Fahrzeugs.
    Ich wusste nicht, warum er so eigenartig reagierte, doch vorsichtshalber raunte ich Aruula in der Sprache der Wandernden Völker zu, sie solle in die Gondel zurückkehren und bei Yann bleiben. Damit sie gegen alle Überraschungen gewappnet war und da ich keine Begehrlichkeiten wecken wollte, steckte ich ihr außerdem meinen Colt Python zu.
    Lulungu, der mit seinen noch immer blassen, aber stolz grinsenden Gefährten ausstieg, wurde herzlich begrüßt und wechselte eine Flut von Worten mit seinem Herrn, den ich auf Mitte sechzig schätzte, obwohl er besser in Schuss war als viele Fünfzigjährige meiner Epoche: Krauses graues Haar lugte ein Stück unter dem Raubkatzenschädel hervor. Seine Hautfarbe erinnerte an feuchten Lehm. Seine Stirn und seine Wangen waren mit fingerbreiten gelben und roten Streifen bemalt, was ihm ein gewisses Maß an Wildheit verlieh.
    Dass sein Lachen zu laut in meinen Gehörgängen hallte, schrieb ich meiner Nervosität und dem Stress der letzten Tage zu. Dass seine Zähne aus grau angelaufenem Metall waren, konnte ein Hinweis auf einen gewissen technischen Fortschritt in seinem Machtbereich sein. Dass in seiner Nasenscheidewand ein Ring aus purem Gold hing, war jedoch ein Atavismus erster Klasse: So primitiv hatten sich zu meiner Zeit nicht mal die HipHopser auf MTV gestylt.
    »Darf ich vorstellen?« Hetman Lulungu deutete auf mich. »Meister Maddrax, Untertan der afranischen Majestät Kaiser Pilatre de Rozier.«
    Sein Herr schaute mich an. »Ich bin sehr erfreut.«
    Ich nickte, ein wenig verwirrt durch den seltsamen Unterton, der in seiner Stimme mitklang. »Ich ebenso.«
    Lulungu deutete auf seinen Herrn. »Der Herrscher der Nordküste, der Große Kriegshäuptling Wyluda.«
    Jetzt kannte ich den Grund für Yanns Reaktion. Mir wurde schlagartig übel, doch ich riss mich zusammen und setzte ein Pokergesicht auf.
    »Meister Maddrax und seine Bediensteten waren so freundlich, uns in ihrem Flugapparat hierher zu bringen, Herr«, sagte Lulungu. »Sie suchen die weiße

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