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224 - Im Turm des Warlords

224 - Im Turm des Warlords

Titel: 224 - Im Turm des Warlords Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn
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Frau Keetje, die bei dir zu Gast ist. – Und zum Dank, dass du sie aufgenommen hast, ist Meister Maddrax bereit, dich mit seinem Flugapparat auszufliegen.«
    »Ausfliegen? Fliehen?« Wyluda schnaubte höhnisch. »Daran verschwende ich im Moment noch keinen Gedanken.« Sein Blick wanderte über die Roziere, und ich glaubte Triumph und Gier in ihm zu sehen – als wüsste er längst, wie er sie uns wegnehmen und für seine Ziele einspannen konnte.
    Dieser Typ, das war mir klar, würde auf alles pfeifen, was ich mit seiner Ersten Hand ausgemacht hatte.
    »Oh«, sagte der Große Wyluda und schaute mich an. »Es tut mir leid, Meister Maddrax, aber… Keetje ist gestern Nacht auf rätselhafte Weise verschwunden.«
    »Was?« Ich musste wohl ziemlich fassungslos gewirkt haben, denn Wyluda konnte sich ein kurzes Grinsen nicht verkneifen.
    »Allerdings«, fuhr er dann grimmig fort, »hat sie sich zuvor aus meiner Schatulle bedient.« Er musterte mich, als sei ich an dieser Missetat mitschuldig.
    Nun, Keetje war wirklich unberechenbar; möglich also, dass es stimmte. Wer im Vorbeigehen Schiffe versenkte, stahl vermutlich auch aus anderer Leute Schatullen. Und sicher hatte sie schnell erkannt, bei wem sie da Zuflucht gesucht hatte, und sich verdünnisiert, bevor die Burschen, die Yann vor Monaten entführt hatten, ihr über den Weg liefen. Der Fürst selbst hatte sie, so weit ich wusste, damals nicht zu Gesicht bekommen. So wie auch mich nicht – glücklicherweise, sonst wäre ich erledigt gewesen.
    »Ich bedauere es wirklich sehr«, sagte Wyluda, »denn ich mag dünne Weiber mit rotem Haar.« Seine Augen wurden zu schmalen Schlitzen. »Weiber, die mich betrügen, lasse ich hingegen vierteilen.«
    Ich räusperte mich. Da ich Keetje dem Hetman als Familienangehörige einer Majestät beschrieben hatte, war es wohl angebracht, mich für ihr Verhalten zu entschuldigen. Am besten, dachte ich, stellte ich sie als »wunderlich« hin.
    Doch bevor ich dazu kam, meinte der Große Wyluda: »Doch ich will ihre Schandtat gern vergessen, wenn Sie mir die Ehre erweisen, heute mit uns zur Nacht zu speisen.« Er deutete mit einem Seufzer auf die Lagerfeuer der Belagerer. »Gegenwärtig komme ich leider kaum dazu, in höheren Kreisen zu verkehren, da mich gewisse Probleme an diesen kleinen Landsitz binden.«
    Man brauchte kein Hellseher zu sein, um zu erkennen, dass mit Wyluda schlecht Kirschen essen war. Jedes seiner Worte klang ironisch. Alles war so aufgesetzt. Er war sicher belesen, aber er war auch ein Barbar, der für gutes Benehmen nur Hohn und Spott übrig hatte. Außerdem schien er mich für einen höfischen Trottel zu halten.
    Ich wollte es nicht riskieren, seine Einladung zum Abendessen abzulehnen.
    Wyluda deutete mit einer lässigen Handbewegung auf die Roziere. »Ihren Bediensteten wird man Wasser und Nahrung bringen.«
    Was blieb mir angesichts der Bogenschützen und seinem so narbig wie kampferprobt aussehenden Leibgardisten anderes übrig, als mich wie Judas zu gebärden? Ich brauchte dringend Zeit zum Nachdenken.
    Gern wäre ich noch in die Roziere zurückgekehrt, um mich mit Aruula, Yann und den beiden Hydritengeistern zu beraten, aber Wyluda ließ mir keine Chance. »Kommen Sie, Meister Maddrax!«, dröhnte er. »Sie müssen mir unbedingt von Ihrem Kaiser erzählen!«
    Damit stapfte er los, und mir blieb nichts übrig, als mich ihm anzuschließen.
    ***
    Den Rest des Abends verbrachte ich in einem großen, mit soliden Möbeln ausgestatteten Raum – neben der Küche, in der dienstbare Geister über offenen Flammen würzige Köstlichkeiten brieten.
    Der Große Wyluda bedeutete mir, Hetman Lulungu, drei fuchsgesichtigen Offizieren und seinen Leibwächtern, die Loykass und Woyzakk hießen, an einer kunstvoll geschnitzten Tafel Platz zu nehmen. Ein Händeklatschen, dann trug das Personal auf, was die Vorratskammer bot: Kaimansuppe, Efrantenrüssel, faule Eier auf Reis, Lulufrüchte und gebratene Piratzel, die so scharf gepfeffert waren, dass ich meine Kehle mit zwei Litern Bier spülen musste.
    Beim Essen erfuhr ich, wieso der Große Wyluda nicht in einem Palast residierte, sondern in diesem doch eher bescheidenen Landhaus, beziehungsweise -turm.
    »Mein Großneffe Maometh hat sich in die Idee verrannt, ich hätte meinen älteren Bruder Kwala umgebracht, um an seiner Stelle über die Nordküste zu herrschen. Dabei hatte ich nichts damit zu tun, dass er unter mysteriösen Umständen wenige Stunden vor seiner Krönung in ein Becken

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