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2240 - Der Graue Autonom

Titel: 2240 - Der Graue Autonom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Ihre Wangen glühten rot, sie keuchte. „Eines kann ich dir sagen, lass dir nie im Leben Krücken verpassen. Diese Dinger sind verflucht ..." Der Rest des Satzes ging in einem Zischen unter, das Rhodan als das motanische Äquivalent eines deftigen Fluchs zu erkennen gelernt hatte. „Ich habe eine halbe Ewigkeit gebraucht, zur SCHWERT zu humpeln. Und ich hatte noch Glück, dass wir Flautewetter haben!"
    Rhodan war mehr als einmal im Leben auf Krücken angewiesen gewesen. Er wusste, wie mühsam und kräftezehrend die Fortbewegung mit ihrer Hilfe war. Er schätzte die Entfernung von der Außengrenze Kimtes bis zur SCHWERT auf ungefähr zwei Kilometer - auf unbefestigten Wegen auf den windgeschützten Abschnitten, auf den übrigen ganz ohne Wege. Die Stürme Tom Karthays pflügten den Boden beständig um. „Den ganzen Weg? Wieso hast du dir diese Schinderei angetan? Du ..."
    „Eine Schinderei, nicht wahr?" Venga nickte heftig und wedelte mit ihren aus unerfindlichen Gründen in Handschuhen steckenden Händen. „Eine ganz elende sogar. Aber was sollte ich machen? Pflicht ist Pflicht." Venga machte ein ernstes Gesicht. „Wieso Pflicht? Wer hat dich geschickt?"
    „Kischmeide."
    „Ist sie verrückt geworden? Du gehörst nicht auf Krücken, du gehörst in ein Bett!"
    Venga nickte noch heftiger. Ihr Zopf flog auf und ab. „Das habe ich auch gesagt, aber was sollte ich tun? Die Planetare Majestät will selbstverständlich aus erster Hand über die Mission der SCHWERT informiert sein. Du weißt ja selbst, wie die Lage ist. Kischmeide braucht jede Frau, deren sie habhaft werden kann. Und da habe ich mich..."
    „... freiwillig gemeldet?", vollendete Rhodan den Satz. „Ja, genau so war es!" Rhodan musterte die Botin argwöhnisch. Sie sah immer noch ernst drein, aber war da nicht ein Aufblitzen in ihren Augen? „Hm, wenn das so ist... willkommen an Bord, Venga." Der Terraner zeigte auf den immer noch angeschwollenen Knöchel der Motana. „Eine unglückliche Sache, das. Aber wir werden eben versuchen, das Beste daraus zu machen, trotz deiner Verletzung."
    „Das ist eine hervorragende Idee!" Vengas Augen leuchteten auf, als hätte jemand in ihnen eine Lampe angeknipst. „Lass uns keine Zeit verlieren!"
    Sie verlagerte das ganze Gewicht auf die rechte Seite, löste ihre linke Hand von der Krücke und griff Rhodan am Arm. „Komm, lass uns mitfeiern! Die meisten der alten Besatzung der SCHWERT gehen vom Schiff, die Neuen sind schon da - ein Abschied und ein neuer Anfang! Das müssen wir feiern!"
    Unerbittlich zog Venga Rhodan in die Mitte der Höhle. Wie, war dem Terraner schleierhaft, eigentlich hätte die Motana schon damit ausgelastet sein müssen, sich auf den Beinen zu halten. War es der überlegene Gleichgewichtssinn der Motana? Wahrscheinlich das und die Unbekümmertheit Vengas.
    Sie schien den Sturz schon wieder vergessen zu haben, obwohl sie immer noch unter seinen Folgen litt. Im Kleinen spiegelte sich darin die Mentalität aller Motana wider: Sie waren einfach nicht unterzukriegen. Sosehr die Kybb-Cranar sie auch bedrängten, sie gaben sich selbst nie auf, hofften immer auf ein besseres Morgen - und nutzten jede Gelegenheit, das Heute in vollen Zügen zu genießen.
    Beifall begrüßte Rhodan in der Mitte der Runde, als hätten die Motana nur darauf gewartet, dass er sich ihrer Feier anschloss, sich, aber nicht getraut, den geheimnisvollen Fremden von jenseits des Sternenozeans anzusprechen.
    Die Motana sangen weiter, immer lautere Lieder, und als die Nacht fortschritt, zunehmend anzügliche, wie es Rhodan schien. Venga stützte sich auf den Terraner und sang lauthals mit, mit allem Eifer, den sie aufzubieten hatte, aber selbst in Rhodans Ohren klang ihr Gesang ausnehmend schräg. Niemand schien es etwas auszumachen.
    Irgendwann, es musste Rhodans Gefühl zufolge weit nach Mitternacht sein, wurden die Motana leiser, beinahe besinnlich. Die Lieder, die sie sangen, waren nun getragene Choräle, die von Verlust und Leid sprachen. Schließlich klangen die Lieder ganz ab. Rhodan glaubte, dass damit das Ende der Feier erreicht sein würde und die Motana die Höhle verlassen würden, aber er irrte sich.
    Die Stunde der Geschichtenerzähler war gekommen. Es war inzwischen ein vertrauter Vorgang für Rhodan. Meist mündete er in einen wahren Wettbewerb um die verrückteste, unwahrscheinlichste, lustigste oder auch bewegendste Geschichte. Rhodan hatte sich schon mehrmals darin bewiesen, hatte sich aber stets Atlan

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