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2241 - Die Todbringer

Titel: 2241 - Die Todbringer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Jahrhunderten getrennt war. Gegenseitige Annäherung, das war das Schlüsselwort.
    Die letzten dreißig Stufen bis zur obersten Plattform legte er gemächlich und ohne die innere Hast zurück, die ihn seit dem Erwachen durch die Feste trieb. Erleichtert musterte er die schwere Holztür, die den Ausgang verschloss und den Turm vor eindringendem Staub und Flodder schützte. Drei Töpfe mit pechgetränkten Lappen hingen in ihren Halterungen. Im nächtlichen Dunkel spendeten sie Licht und verhinderten einen Sturz auf der Treppe. Corestaar benutzte diese Fackeln seit Jahren nicht mehr. Es war sein Beitrag zur nächtlichen Verdunkelung der Feste Roedergorm, die in sternenklaren Nächten wie auf dem Präsentierteller hoch über der Nebelzone lag.
    Selbst ein winziger Lichtschein hätte die Aufmerksamkeit der Kybb-Cranar erregen können, hieß es.
    Deshalb verdunkelten sie die Feste jede Nacht. Sie taten es seit Jahrtausenden, seit der Gründung der Stadt. Auch das war eine Tradition. Und vielleicht würde ihre Notwendigkeit eines Tages wegfallen. Es würde ein Tag sein, den der Karthog gerne noch selbst erleben würde, und er würde alles dafür unternehmen, dass es so kam.
    Entschlossen stieß Corestaar die Tür auf. Sie klemmte ein wenig. Er stemmte sich gegen das Holz.
    Sand hatte sich draußen gesammelt. Zentimeterhoch bedeckte er den Boden. Dem Karthog gelang es mit Mühe, die Tür wenigstens ein Stück aufzuschieben.
    Er zwängte sich ins Freie. Automatisch suchte sein Blick den Turm des nördlichen Vorwerks.
    Undeutlich schälte sich dessen Silhouette aus dem feuchten Morgennebel. Corestaar sah einen Schatten, der sich bewegte. Der schwarze Fleck huschte einmal quer über die Plattform, ehe er zwischen den Zinnen untertauchte.
    Der Karthog ließ ein Lachen hören. „Zeig dich, du gesichtsloser Feigling!"
    Alles blieb still. Der Schatten besaß keine Ohren und keinen Mund. Er geisterte durch die Feste, ein Symbol der Veränderungen, die aus der beschaulichen Stadt im Gebirge innerhalb von wenigen Wochen eine brodelnde Metropole gemacht hatten. Der Einzug von Frauen aus dem Tiefland und von fernen Planeten wirbelte das Reich der Männer durcheinander.
    Doch aus dem Durcheinander erwuchs neue Ordnung: Die neue Partnerschaft zwischen der Feste und den Karthay-Orten funktionierte nach Anlauf Schwierigkeiten erstaunlich gut. Angesichts der Bedeutung, die den Männern der Stadt plötzlich zukam, fiel es ihnen mit jedem Tag leichter, die Anwesenheit selbstbewusster Frauen zu ertragen. Probleme gab es dennoch, aber die Zahl der durch Duelle und andere gewaltsame Umstände zu Tode Gekommenen in der Zeit seit der Ankunft der Kriegsherrin betrug weniger als ein Dutzend.
    Der Karthog trat an die Brüstung. Er ließ seinen Blick über die Stadt schweifen. Die Feste erinnerte an ein riesiges Lebewesen, das mitten zwischen den Gipfeln des Gebirges saß, ein schwarzes Ungeheuer, das sich gleichzeitig duckte und seine spitzen Gliedmaßen abwehrbereit nach oben streckte.
    Architektur der Vorfahren! Einst hatten sie auf der Flucht vor den kybernetischen Zivilisationen die Welt Tom Karthay erreicht und sich zunächst Höhlen im Tiefland und im Sockel des Gebirges gegraben. Später waren sie hinaufgezogen über die Staubsuppe, wo die Luft besser war und sich der Geist freier entfalten konnte.
    Corestaar ließ achtlos seinen Stock fallen. Er klammerte seine Finger um die Brüstung, holte .geräuschvoll Luft. „Männer und Frauen Roedergorms, hört mich an ...!", rief er. Seine Stimme hallte über die Feste hinweg, drang in jede Häuserschlucht und unter jede Brücke. Hier oben brauchte er keinen Stimmverstärker wie unten am Tor. Selbst in den Häusern und Kellern hörten sie ihn. Die Baumeister früherer Jahrtausende hatten dafür gesorgt.
    Corestaar entdeckte Bewaffnete seiner Leibgarde, die zusammen mit Frauen aus dem Tiefland eine der weit verzweigten Treppen hinabstiegen .Sie vernahmen seine Stimme, aber sie beachteten die Worte nicht.
    Mit seinem Blick folgte er ihren ausgestreckten Armen, blinzelte in das Licht der morgendlichen Sonne.
    Ein riesiger Vogel stürzte sich auf die Stadt herab. brachten sie jedes Jahr ihre Brut über die heiße Jahreszeit.
    Ohne diese einseitige Abhängigkeit, da war Corestaar sicher, wäre der einzige Vogel Tom Karthays längst ausgestorben. Fliegen konnte er nur oberhalb der Staubsuppe. Seine Beutetiere lebten aber größtenteils unter ihr. Das Gebirge hatte der Hakenschnäbler in den Hoch-Zeiten

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