2258 - Medusenklänge
Schirm, die den erhobenen Kopf in alle Richtungen wandte, züngelnd und witternd.
Die Vision erlosch - und mit ihr das Torpedofeld. „Was ist passiert?", entfuhr es Bull. „Verschwunden! Spurlos verschwunden!", rief der Ortungschef fassungslos. „Das Torpedofeld ist in den Hyperraum gewechselt."
Bull nickte beim trockenen Kommentar der Biopositronik. So etwas hatte er schon vermutet. „Heruntergefahrene Emissionsquellen hochfahren!"
Das Licht flammte auf, die Schirme, und vor allem kehrte die Schwerkraft zurück.
Ganz langsam, um die überall schwebenden Menschen ohne Unfall zu Boden zu bringen.
Bull glaubte zu hören, wie ein Seufzer der Erleichterung das Schiff durchlief. Eine ungeheure Last wurde von seinen Schultern genommen. Die Last der Verantwortung. Es hatte geklappt. Nicht ein Opfer war zu beklagen.
Er schnellte zu Gucky herum, der den Schirm anstarrte, auf dem die Gitterstruktur des Torpedofelds zu sehen gewesen war. Jetzt zeigte er wieder jede Menge Raumschiffswracks. „Hast du dich um die Gurrads gekümmert?", brachte Bull hervor. „Wir waren gerade. auf einer Führung, als die Schwerkraft aussetzte. Das hat sie etwas verdutzt, wie den Rest der Besatzung auch. Natürlich erst recht, als ich sie einfach schnappte und mit ihnen in ihre Unterkunft teleportierte. Da schwebten sie nun und ..."
„Red keine Opern."
Gucky hob abwehrend die Hände. „Alles in Butter."
„Wenn das so ist, kommen wir auf deinen Auftritt von eben zurück!", knurrte Bully. „Was fällt dir eigentlich ein, dich im Augenblick größter Gefahr ..."
Der Ilt teleportierte davon.
Jäh werde ich emporgerissen. Der Schreck ist so groß, dass ich glaube, an der Decke zermalmt zu werden. Aber ich durchdringe sie.
Ein Gespenst, schießt es mir durch den Sinn. Ich bin ein Gespenst!
Fast hatte ich es vergessen, als ich so über meinem Bett schwebte und nachdachte. Meine Probleme sind mir wieder so real erschienen, dass ich mich stofflich wähnte.
Aber ich bin nicht stofflich. Wolpor Farang hat seinen Körper verloren. Ich merke es daran, wie sie wieder an mir vorbeirauschen, die energetischen Anker.
Eins, zwei - Dutzende!
Das ganze Schiff ist voll davon. Ich brauchte nur die Hand auszustrecken, um mich festzuhalten. Aber ich bin wie gelähmt vor Schreck, als es mich nach oben reißt, durch die unzähligen Decks der Schiffshülle entgegen - in Richtung All.
Es wird mich hinausschleudern. Was soll ich tun?
Der Sog ist so stark, dass ich nicht erkenne, welche Crewmitglieder ich passiere. Ich erinnere mich nicht an die Namen. Woher hätte ich sie auch alle kennen sollen? Die Gestalten nicht, die Gesichter, ob Mann oder Frau. Mehr als ein Flirren nehme ich von ihnen nicht wahr.
Nein!, gellt es in mir. Ich will nicht sterben! Ich will leben!
Hektisch greife ich nach den Ankern, an denen ich vorbeirausche, aber ich finde keinen Halt. Ich greife hindurch, als gäbe es sie gar nicht. Dabei herrscht in mir Stille.
Ich höre keine lockenden Klänge, sehe keine sternförmigen Gebilde ...
Was geht mit mir vor? Dann finde ich doch Halt, klammere mich fest, für Stunden, wie es mir erscheint, Ewigkeiten lang. Und dann -geschieht es wieder...
Ich werde in die Höhe gerissen, auf etwas zugeschleudert, und diesmal vernehme ich sie, die Stimmen, die Rufe, den lockenden Gesang. Als wäre es zuvor nur unterschwellig gewesen und hätte nicht durchdringen können zu mir, nicht an die Oberfläche meines Bewusstseins.
Jetzt aber -jetzt sind sie da und holen mich heim.
Die Medusenklänge! Ballungen reiner Energie. Die flüstern und Farben versprühen.
Die Arme aus der Mitte schnellen lassen, nach außen wachsen, sich ausrichten und herbei gekrochen kommen, über Lichtjahre hinweg.
Ich habe schon gewusst, dass sie kommen, als ich sie weder sah noch spürte. Und jetzt sind sie hier, weben mich ein, heben mich an, über die Hülle des Raumschiffs hinaus, weiter, noch weiter, zentimeterweise ...
Bald kann ich mich nicht mehr festklammern.
Gon-Orbhon, steh mir bei! Ich will nicht, dass mir das widerfährt, und ich lasse es nicht zu. Ich will mich nicht auflösen, und das ist mir gewiss, wenn ich mich dem Sog einfach hingebe.
Die Frau namens Bre, in der Zelle. Kann sie mir helfen? Vielleicht ist sie gar nicht eingesperrt, um nichts anstellen zu können. Vielleicht wird sie vor etwas bewahrt, dem sie sonst nicht widerstehen könnte.
Wie ihrer bedingungslosen Hilfe. Wie dem Gesang der Medusen.
Ich halte mich fest und widerstehe der Lockung,
Weitere Kostenlose Bücher