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226 - Das Schädeldorf

226 - Das Schädeldorf

Titel: 226 - Das Schädeldorf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia Zorn
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Vater sprachlos an. Suon ließ sich auf das Holzgestell seines Karrens nieder. »Das ist nicht dein Ernst!«, flüsterte er.
    Duon steckte die Hände in seine Hosentasche und stocherte mit seinem Fuß in einer Grassode herum. »Mach dich nicht lächerlich, Vater. Sie werden ihn abschießen, diesen Kometen. Sie wollen ihn mit Raketen aus seiner Bahn werfen. Er wird niemals hier ankommen! Jeder hier sagt das! Keiner sucht sich einen Schutzraum!«
    Lann erwiderte zunächst nichts. Zum einen hatte er Verständnis für seine Söhne, die ihr Leben lang daran gewöhnt waren, dass ihr Vater nicht nur eigenartige Ideen hatte, sondern sich einfach anders als alle anderen verhielt. So waren sie zum Beispiel die einzige Familie in der Stadt, die zu Hause nur französisch sprach. Und die einzige, die einen Ahnenkult praktizierten, der den buddhistischen Nachbarn, würden sie ihn näher kennen, schlaflose Nächte bereitet hätte.
    Zum anderen kannte Lann Than seine Söhne. Sie reagierten immer auf dieselbe Weise, wenn er ihnen neue Pläne unterbreitete. Schon als Kinder hatten sie das getan:
    Suon, inzwischen einunddreißig Jahre alt, wog erst einmal das Für und Wider einer Sache ab. Vermutlich überlegte er im Augenblick, was passieren würde, wenn der Vater recht behielt. Er arbeitete als Ingenieur, und Lann wusste, dass er täglich die Berechnungen vom Kurs des Kometen in den Medien verfolgte, die wie immer alles schön färbten. Doch Suon stellte auch eigene Berechnungen an. Heimlich, um seine Familie nicht zu beunruhigen. Vom Wesen her war er Lann Than ähnlich, zumindest dem jungen Lann Than: still und besonnen. Duon, der Jüngere, war immer erst einmal dagegen! So führte er auch sein Regiment in der Küche des Restaurants: Er ließ sich zunächst von niemanden in die Suppe spucken; auch wenn er wusste, dass sein Gegenüber recht hatte in irgendeiner Angelegenheit, widersprach er vehement. Solange, bis all seine Furcht, sein Ärger und seine Zweifel heraus geschimpft waren. Dann ließ er sich auf die Sache ein. Manchmal fast zu kritiklos, wie Lann Than fand.
    Also legte der Vater seine faltigen Hände zusammen und wartete einfach ab. Er war inzwischen fünfundsechzig Jahre alt, mehrfacher Großvater, und wenn etwas ihm leicht fiel, so war es Geduld zu haben.
    Nach einer Weile endete Duon Thans Schimpferei. Er hörte auf, das Gras mit seinen Füßen zu bearbeiten, und blickte suchend um sich. »Wir sind fast an der Küste. Unbewohntes Gebiet! Wo soll hier überhaupt ein Schutzraum sein?«
    »Gar nicht weit«, ließ der Maler ihn wissen.
    »Was meinst du, Suon? Sollen wir ihn uns einmal ansehen?«, wandte sich der Jüngere an seinen Bruder.
    Suon nickte gedankenverloren. Lann sah die Sorge in dessen Augen, Sorge und eine Spur von Schicksalsergebenheit. Zögernd erhob sich der junge Mann von dem Karren.
    »Wartet! Bevor wir aufbrechen, müsst ihr mir etwas versprechen! Ihr dürft niemanden, wirklich niemanden von dem Ort erzählen, an den ich euch jetzt führen werde!« Der Maler blickte ernst von einem zum anderen.
    Während Duon Than sofort zustimmte, tat sich Suon Than schwer mit dem Versprechen. »Was soll ich meiner Frau sagen? Und was ist mit Mutter?«
    »Mutter weiß Bescheid. Und euren Frauen sagt ihr, dass wir eine Reise machen. Eine lange Familienreise. Der Anlass ist mein Geburtstag im nächsten Monat.«
    Nachdem seine Söhne ihm ihr Wort gegeben hatten, forderte er sie auf, die Karren stehen zu lassen und nur die Taschenlampen mitzunehmen. Er führte sie noch einige Meter am Ufer entlang, bevor er landeinwärts in ein Bambusdickicht einbog.
    Schließlich hielt er vor einem monströsen Baumstumpf, der sehr fremdartig in diesem baumlosen Bambusdschungel wirkte. »Helft mir!« Gemeinsam kippten sie den Stumpf nach hinten.
    Die Söhne staunten nicht schlecht, als darunter der Eingang zu einem kreisrunden Schacht auftauchte. Eingelassene Eisenstreben führten nach unten. Lann Than zog sich eine Kopflampe über die Stirn und machte sich mit den Söhnen an den Abstieg. Unten angekommen, führte er sie durch ein labyrinthartiges Tunnelsystem, mit unzähligen Verzweigungen, die durch kleine Höhlen und bunkerartige Räume führten.
    Suon und Duon kamen gar nicht mehr aus dem Staunen heraus. Sie bestürmten ihren Vater mit Fragen, die Lann Than anfangs noch ausführlich beantwortete. Doch mit der Zeit wurde er immer wortkarger und sein Gang schneller. Nur an den Abzweigungen blieb er stehen, um mit Kreide Richtungspfeile an

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