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2260 - Im Arphonie-Sternhaufen

Titel: 2260 - Im Arphonie-Sternhaufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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gelitten und sämtliche Choräle gesungen, die sie kannte, um einen Halt zu finden, wo es keinen Halt mehr zu geben schien.
    Ihre hoch empfindlichen Sinne waren gemartert worden wie noch nie zuvor. Sie gehörte zu den stärksten Quellen der SCHWERT. Normalerweise wäre es selbstverständlich gewesen, dass sie die Stellare Majestät durch ihre geistigen Kräfte unterstützte. Dass es diesmal nicht der Fall gewesen war, lag nicht nur an ihrem schlechten Allgemeinzustand, sondern auch an ihrem schlechten Gewissen.
    Dabei hatte beides durchaus miteinander zu tun.
    Naidas Choräle waren kläglich gewesen. Sie hatte mit gebrochener Stimme gesungen und immer wieder Unterbrechungen eingelegt, um zu lauschen, was von draußen kam. Wie in der Höhle, der über zwei Decks verteilten Gemeinschaftskabine, konnte sie durch eine Wand ihres Quartiers quasi ins Weltall „hinaussehen". Die Projektion war so echt, als blicke sie tatsächlich durch ein Fenster, aber was für ein Weltraum war es gewesen, durch den sich die SCHWERT bewegte!
    Das grelle Gleißen und die weißen Nebel in ihrer Kabine hatten sie fast um den Verstand gebracht.
    Sie hatte verzweifelt versucht, mit ihren Chorälen eine schützende Mauer um sich herum aufzubauen.
    Aber aller gequälter Gesang hatte sie nicht davor bewahren können, dass die Kraft aus ihrem Schädel gesogen wurde. Sie hatte grauenvolle Qualen ausgestanden und am Ende nicht mehr daran geglaubt, dass es einmal vorbei sein könnte.
    Nur langsam war die Hoffnung zurückgekehrt, als die weißen Nebel wichen und das Gleißen des Weltraums erstarb; als sie wieder den „normalen" Pulsschlag des Alls spürte. Das Grauen war verschwunden. Sie hatte überlebt, aber Zeit zum Erholen hatte sie nicht. Gerade als sie glaubte, wieder Luft zu bekommen, und den Choral Dank an die Schutzherren anstimmen wollte, war das akustische Signal gekommen, das allen nicht im Einsatz befindlichen Quellen mitteilte, dass sie sich ab sofort zur Verfügung halten sollten. Aber sie hatte ganz andere Sorgen. Erst wenn das Signal sich wiederholte, wurde es ernst für sie.
    Naida, ganze dreißig Sommer jung, schlank und bis auf die etwas zu spitze Nase nett anzusehen, öffnete vorsichtig das braune Wams über ihrer ebenfalls aus braunem Leder bestehenden, knielangen Hose. Sie musste das lange, lockige braune Haar in den Nacken streichen. Noch behutsamer nahm sie das kleine, zu einem Fellknäuel zusammengerollte Etwas heraus, das sie mit in die SCHWERT geschmuggelt hatte, als sie zum ersten Mal an Bord gegangen war. Das war inzwischen eine ganze Weile her, aber noch hatte niemand ihr kleines Geheimnis entdeckt. Einige Male wäre es fast geschehen gewesen, und Naida wusste sehr gut, dass sie bisher mehr Glück als Verstand gehabt hatte. „Charzane", sagte sie mit gedämpfter Stimme und strich sanft über das weißgrau gescheckte, flauschige Fell des Tieres, eines Wagwas, das etwa die Größe und Gestalt eines terranischen Waschbären besaß. Nur der Kopf unterschied sich deutlich davon. Augen und Ohren waren viel größer, und die Augen blickten viel intelligenter - wenn es sie denn einmal öffnete.
    Charzane - Naida hatte dem Tier den weiblichen Namen gegeben, obwohl sie sich bis heute nicht sicher war, ob es tatsächlich weiblich war - zitterte in ihren Händen. Naida fühlte sich furchtbar, war schwach und immer noch ohne rechte Orientierung. Aber ihr Schützling war wichtiger. Sie wusste nicht, wie er das katastrophale Erlebnis überstanden hatte.
    Sie redete auf ihren kostbarsten Schatz ein. Noch rührte er sich nicht. Charzane war für sie weit mehr als „nur" ein Tier zum Kuscheln und Spielen. Sie konnte sich mit ihm unterhalten, wenn es gerade dazu aufgelegt war. Es war alles, was sie von ihrer Heimatwelt hatte retten können, nachdem sie ihre ganze Familie verloren hatte und die wenigen Freunde, die ihr geblieben waren, hatte zurücklassen müssen, um Zephyda zu folgen. „Charzane - Charzane!"
    Das Wagwa wollte sich einfach nicht bewegen. Es streckte nicht den Kopf aus dem Knäuel, sah sie nicht an. Es flehte nicht einmal um Hilfe!
    In gewisser Weise war Charzane die einzige Verbindung zu ihrem früheren, glücklichen Leben im Schoß der Natur, wo sie eins mit allem gewesen war, was lebte und blühte. Ihre Kabine war wie eine Baumhöhle eingerichtet, mit rankenden Pflanzen an den Wänden und der Decke und dazwischen Bilder von Blumen, die sie selbst gemalt hatte. Das gab ihr ein gewisses Gefühl von Zuhause, es gab ihr

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