2260 - Im Arphonie-Sternhaufen
er wusste nicht, ob man ihn verstand. Atlan hatte die Augen geschlossen. Auch seine Lippen bewegten sich. Sie alle flüsterten, sprachen, riefen oder schrien. Ihre Stimmen ballten sich zusammen zu einem dumpfen, dunklen, gequälten akustischen Morast, der sich ausbreitete und im Rhythmus des Pumpens mit den strahlenden Nebeln verband.
Alles wurde jedoch von einer anderen, noch mächtigeren Stimme übertönt. Sie gehörte Zephyda, die mit furchtbarer Langsamkeit, jedes einzelne Wort hervorgestoßen wie ein dumpfer, dröhnender Schlag einer riesigen Pauke, verkündete, dass die Motana am Ende seien.
Die Worte hallten wie langsam rollender Donner in Rhodans gemartertem Bewusstsein. Die Motana versuchten, sich in der DISTANZ SPUR Manövrierfähigkeit zu verschaffen, aber es war unmöglich.
Sie hatten keinen Einfluss auf den Kurs des Bionischen Kreuzers. Jeder Versuch, den Kurs in irgendeiner Form zu beeinflussen, während sie beständig schwächer wurden, führte im Gegenteil zu einer derartigen Belastung der Schiffszelle, dass bei Weiterführung unausweichlich von einer Vernichtung auszugehen war.
Der Terraner sah es vor seinem geistigen Auge, während die SCHWERT sich in einen gigantischen Gong zu verwandeln schien, der von der Faust eines Titanen geschlagen wurde. Er sah das elegante Schiff wie einen riesigen Mantarochen in dem grellen Pulsieren einer sich zusammenziehenden und wieder ausdehnenden gewaltigen Röhre durch ein übergeordnetes Kontinuum, die mit jedem Aufflackern noch einmal trügerische neue Stabilität gewann. Aber die SCHWERT glitt nicht elegant dahin, von ihren mächtigen Schwingen getragen, sondern kämpfte sich mühsam voran wie ein träger, gegen zähen Widerstand kämpfender urweltlicher Gigant. „Die - DISTANZSPUR - steht -noch!", grollte eine Stimme durch den zähen Brei aus Schmerzen, Empfindungen und Nebeln. „Sie - wird - uns - ans - Ziel - bringen!"
Hoffnung!, dachte Rhodan, während er Lyresseas Händedruck spürte. Ihre Finger krampften sich in sein Fleisch. Sie ist alles, was wir noch haben!
Aber diese Hoffnung mochte trügerisch sein. Niemand wusste genau, was sie erwartete, wenn sie tatsächlich noch die „andere Seite" erreichten, ehe die DISTANZSPUR endgültig zusammenbrach.
Sie wussten nur, dass das Ziel der Arphonie-Haufen sein musste, in unmittelbarer Nähe der Erde gelegen, Standort des Schlosses Kherzesch und Heimstatt des verräterischen Schutzherrn Tagg Kharzani - jenes Wesens, das die Blutnacht von Barinx eingeleitet hatte und über Machtmittel zu verfügen schien, die der Hyperimpedanz-Schock entweder nicht oder nur teilweise lahm gelegt hatte.
Das hatte die Ankunft der riesenhaften Kybb-Titanen im Tan-Jamondi-System gezeigt.
Außerdem befanden sich im Arphonie-Haufen noch das aus Jamondi verschwundene Paragonkreuz und - möglicherweise - die vielleicht letzte wahre Schutzherrin: Carya Andaxi, die Mentorin der Schota-Magathe. Doch wie nun die genauen Verhältnisse sein würden ...
Rhodan zwang sich mit Gewalt, die quälenden Gedanken zu verscheuchen. Sie waren längst noch nicht da. Sie würden es vielleicht nie sein. Es war, als kämpfe die SCHWERT um jeden Meter auf einer Strecke von vielen tausend Lichtjahren. Alles war vage, nichts ließ sich auch nur abschätzen.
Echophage, der Bordrechner, hatte sich noch kein einziges Mal gemeldet.
Und der Pumpeffekt draußen und um die Flüchtlinge herum wurde immer stärker. Rhodan kämpfte um den Hoffnungsfunken, an den er sich klammerte wie ein Ertrinkender an den rettenden Strohhalm.
Doch diese Hoffnung war wie eine welkende Pflanze, an der die tief aus ihm aufsteigenden Zweifel fraßen wie gierige Mäuler...
Es schien kein Ende nehmen zu wollen. Das Zeitgefühl spielte verrückt: Alles dehnte und verlangsamte sich, und auch das „Pumpen" des unbegreiflichen Mediums, in dem sich der Bionische Kreuzer bewegte (tat er das überhaupt?), schien deutlich langsamer geworden zu sein.
Der Terraner versuchte sich immer wieder einzureden, dass sie noch „sicher" seien. Sie standen, saßen oder bewegten sich zäh im allgegenwärtigen weiß strahlenden Nebel, sie atmeten noch, und ihre Füße standen fest auf dem Boden. Die Hülle der SCHWERT war immer noch existent und schützte sie vor dem, was draußen war: vor der gestaltlosen Helligkeit, dem Sog, den Hyperenergien und dem psionischen Einfluss, der allgegenwärtig zu sein schien.
Wenigstens teilweise, dachte er mit quälender Langsamkeit und den brennenden Schmerzen,
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