Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

2274 - Motoklon Hundertneun

Titel: 2274 - Motoklon Hundertneun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
knarzte sie - und legte unwillkürlich die kurzen Stacheln an. Diese Körperreaktion ist bei den Kybb-Giraxx ein Zeichen der Angst!, sagte sie sich. Du bist über den Ton deiner neuen Stimme erschrocken.
    Lyressea nickte dem Motoklon kurz zu, zog dem toten Kommandanten ein breites Band vom Arm. Nur mühsam verdrängte sie Bilder eines zu drei Vierteln abgetrennten Kopfes.
    Hastig verließ die Mediale Schildwache die Kabine, eilte die Korridore der INTUUL entlang, deren verworrene Logik sie in langen Stunden memoriert hatte. Zwei entgegenkommende Kybb-Giraxx rannte sie rücksichtslos über den Haufen. Noch war sie bei Kräften, noch ...
    Ein Fünf-Plan, ein Wissenschaftler, stellte sich ihr in den Weg, wollte sie ansprechen. Auch ihn stieß sie zur Seite, hoffte, dass er ihre falsche Witterung nicht gleich aufnahm. Sie und ihre Geschwister konnten alles simulieren; Aussehen, Sprache, Gestik gingen wie von selbst während des Modulationsvorganges auf sie über. Doch der schwache Eigengeruch blieb an ihnen haften. Und die Kybb-Völker waren weit und breit für ihren ausgezeichneten Geruchssinn berüchtigt.
    Da! Die gesuchte Notschleuse!
    Lyressea öffnete die beiden kaum kybb großen Tore nacheinander mit Hilfe eines Überrangbefehls, den ihr der Motoklon mitgeteilt hatte - und blickte hinab ins Leere. Sie stand unmittelbar an der Kante des Diskus. Mehr als vierhundert Meter unter ihr, so wusste sie, ruhten die wuchtigen Zylinder-Elemente des Ortungsraumers auf dem hochverdichteten Boden des Raumhafens. Heftige Windböen wehten ungewohnte, fröhlich klingende Gesänge aus dem Schlossbereich heran.
    Die Schildwache sah sich rasch um. Wo war das Bedienungsfeld, auf das sie Hundertneun hingewiesen hatte? Hier, links. Grau und unscheinbar, mit einer rauen Oberfläche wie von Schleifpapier. Sie zeichnete mit zitternden Fingern einen einzelnen Buchstaben des kybbschen Alphabets in das Tastfeld.
    Eine Energiewolke, ebenfalls grau und nahezu blickdicht, verstofflichte vor ihr. Vorsichtig betrat sie das Form gewordene Gespinst. Die Konsistenz war fest wie massiver Stein -- und trotzdem spürte sie plötzlich einen Knoten in ihrem Ma gen.
    Dies war die zweite kritische Phase ihres gemeinsamen Planes. Sollte jemand von der Schiffsoder gar der Hafenleitung befinden, dass Binne Mandel unmittelbar nach der Landung der IN-TUUL nichts im Freien zu suchen hatte, sie ansprechen und unnötig aufhalten ... nun, das würde Probleme bedeuten.
    Aber nichts passierte. Niemand wagte es, sich dem vermeintlichen Eins-Plan-Kommandanten in den Weg zu stellen. Die Energiewolke, die sie zum Erdboden hinabtrug, blieb stabil.
    Zwei Drittel meiner Zeit sind um, dachte Lyressea, als sie endlich den Boden berührte. Ich bin so müde, ich könnte auf der Stelle einschlafen ...
    Mit Hilfe des Armbands des toten Kommandanten rief sie einen der unweit geparkten Gleiter herbei. Jeder Handgriff schmerzte nun, jede Bewegung bedurfte enormer Konzentration. Ich kann diese Form nicht mehr lange halten, ich ...
    Der röhrenförmige Gleiter parkte vor ihr. Eine kybbgroße Glasbeule fuhr leise zischend nach oben. Mühselig bewegte sie ihren stacheligen Körper vorwärts, ließ sich hineinfallen.
    Was wollte ich bloß tun?, fragte sich Lyressea irritiert und müde. Ihr Gesichtshorizont wurde immer enger, weiße Pünktchen schwirrten schwindelerregend durch die Luft. „Das Warenlager", murmelte sie. Zittrig tätigte sie die wenigen Handgriffe, die notwendig waren, um das kleine Gefährt auf den Zielort einzustellen.
    Der Ruf eines mit hoher Stimme gicksenden Kybb-Giraxx erreichte sie über das Armband.
    Sie ignorierte ihn, genauso wie das kopf große Holo-Bild, das sich im Gleiterinneren aufbaute.
    Alles wurde egal, alle Sinneseindrücke verwoben ineinander, wurden zu einer blassgrauen Fläche. Lyressea vergaß, dass sie einen Körper besaß, dass sie ein Bewusstsein hatte, dass sie mehr als ein singulärer Punkt war.
    Nochmals bäumte sich die Mediale Schildwache auf, legte mehr Willenskraft, als sie jemals in sich zu haben glaubte, in ihre Aufgabe, fixierte das Kybb-Erscheinungsbild neu. „Ziel erreicht!", durchdrang endlich die seelenlose Stimme des Gleiters ihre zerbröckelnden Gedanken.
    Vier Kilometer, dachte sie. Vier, vierviervier...
    Lyressea ließ sich aus dem Gefährt fallen, tastete blindlings nach dem „Rückkehr"- Befehlsfeld des Gleiters und schleppte sich dann in Richtung des riesigen gelben Schemens, der nur wenige Meter vor ihr hochragte.
    Ein

Weitere Kostenlose Bücher