228 - Crows Schatten
entfernt. Auch sah man keinen Teil des »Neuen Systems« mehr.
Endlich stand auch Horstie von Kotter auf und applaudierte. Er tat es mit geradezu versteinerter Miene. Der Verlauf des Ersteinsatzes hatte alle seine Erwartungen übertroffen, ja, schien ihn sogar zu erschüttern.
Jetzt saß nur noch Arthur Crow in seinem Sessel. Um dessen Lippen spielte ein kaum sichtbares Lächeln, und in seinen Augen funkelte Genugtuung. Er genoss den Beifall seiner Exilregierung.
»Gute Arbeit, Gentlemen!« Crow erhob sich. »Sehr gute Arbeit!« Er drückte von Kotter die Hand und klopfte ihm auf die Schulter. »Schade, dass Ihre Frau das nicht mehr erleben kann, Oberst! Sie wäre stolz auf Sie!«
»Ich weiß nicht recht…« Von Kotter wiegte unschlüssig den Blondschopf hin und her. »Vielleicht würde sie auch mit mir schimpfen. Margot war immer ein ziemlich friedfertiger Mensch, General!«
»Ach was!« Crow winkte ab und drückte Laurenzo und Hagenau die Hände. »Das war doch großartig, Gentlemen! Neun Mann innerhalb von drei Minuten! Alles läuft so präzise ab wie ein atomgetriebenes Uhrwerk!«
»Acht Mann und ein Mädchen«, korrigierte von Kotter. »Eigentlich sogar nur sieben Mann, denn das Haschisch rauchende, völlig berauschte Kerlchen kann man eigentlich auch nicht mitzählen.«
»Na und? Sieben Bewaffnete in drei Minuten, Oberst!« Crow tadelte ihn mit einem strengen Blick. »Und wenn es nur drei gewesen wären! Machen Sie unseren Erfolg nicht madig! Das Mädchen und den Freak können wir als Kollateralschaden abbuchen! Wo gehobelt wird, fallen nun einmal Späne!«
»Margot würde sich im Grab herumdrehen«, seufzte Horstie von Kotter. »Ja, doch – und dann würde sie furchtbar schimpfen mit mir.«
»Ach was!« Erneut winkte Crow ab. »Setzen wir uns wieder, Gentlemen, wir sind noch nicht am Ziel.« Die Männer ließen sich wieder in ihre Sessel fallen. »Für den ersten Teil des Auftrages bin ich zuversichtlich – er ist ja so gut wie erfüllt. Die restlichen drei Schwarzröcke dürften kein Problem sein. Ich bin gespannt, wie das Warlynne-Modell den zweiten Teil des Auftrages angehen wird. In der Stadt ist es ja nun.«
Die vier Männer blickten hinauf zu dem großen Monitor. Auf ihm glitten noch immer Fassaden von Häusern und Ruinen vorbei. Man sah Plätze sich öffnen und Einmündungen von Gassen und Straßen vorüberhuschen. Man hatte das Gefühl, im Nachtsichtmodus durch das Teleskoprohr eines fahrenden Panzers zu spähen.
Schließlich sah man eine breite Vortreppe und Säulen und ein großes Kuppeldach. »Das Capitol«, flüsterte Hagenau.
»Jetzt wird es spannend«, sagte Laurenzo. »Richtig spannend wird es jetzt.« Von Kotter rieb sich die Augen, und Crow beugte sich weit aus dem Sessel.
Der Perspektivträger bewegte sich die breite Treppe hinauf. Oben löste sich die hünenhafte schwarze Gestalt eines Bewaffneten aus der Deckung einer der Säulen. »Ist das nicht der Gefährte dieses Trashcan Kid?«, murmelte von Kotter.
»Buck!«, zischte Crow. »Dieser verfluchte Straßenlümmel! War mir klar, dass Black sich nur mit den Besten umgibt. Aber da ist er nicht der einzige. Hab ich recht, Gentlemen?«
***
Sie hatten Rev’rend Bonebreaker den Auftrag gegeben, ihre Maschinen startklar zu machen. Rev’rend Rage wollte mit der Suche nach Rev’rend Sweat und Rev’rend Ripper nicht bis Sonnenaufgang warten. Irgendetwas war ihnen zugestoßen, sonst wären sie längst zurückgekehrt. Er hatte keine Wahl, er musste handeln.
Rev’rend Rage hatte sein Schwert angelegt und sein Gewehr geschultert. Geweihte Patronen füllten seinen Waffengurt. Jetzt knieten er und Rev’rend Torture Seite an Seite vor dem kleinen Altar im erzbischöflichen Sprechzimmer und bereiteten sich im Gebet auf die Mission vor.
Auf einmal schrie jemand irgendwo in einem der unteren Stockwerke. Die Männer unterbrachen ihr Gebet und horchten auf. »Das ist die Stimme von Rev’rend Bonebreaker«, sagte Rev’rend Torture heiser.
Er sprang auf und stürmte zur Tür. Rev’rend Rage folgte ihm. In diesem Moment dachte er noch an nichts Böses; ein Sturz, ein Wutanfall eines Dieners vielleicht, eine Nierenkolik, ein berauschter Eindringling – irgendein alltägliches Missgeschick eben. Die Katastrophe, die längst auf ihn zurollte, überstieg ja auch jede menschliche Vorstellungskraft.
Sie liefen hinaus auf den Gang und spähten Richtung Treppe. Man konnte das Treppenhaus am Ende der Zimmerflucht vom Sprechzimmer aus nicht
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