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228 - Crows Schatten

228 - Crows Schatten

Titel: 228 - Crows Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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sehen. Doch den Lärm, der aus ihm drang, hörte man genau. Schreie und Gepolter näherten sich dort, und ein Leuchten wie von Blitzen aus dem Halbdunkel des Aufgangs.
    Wie festgefroren standen Rev’rend Torture und Rev’rend Rage und betrachteten das unheimliche Lichtspiel. Jeder rang auf seine Weise um Fassung..
    »Orguudoos Höllenfeuer«, flüsterte Rev’rend Torture, und Rage war geneigt, ihm Recht zu geben. Er zog sein Schwert und legte sein Gewehr an. Sie ließen die offene Tür hinter sich und näherten sich langsam – sehr langsam – dem von zuckendem Lichtspiel erhellten Gang vor dem Treppenhaus.
    Schüsse krachten, und wieder hörten sie Rev’rend Bonebreakers Stimme. Er brüllte einen Fluch. Dann stürmten plötzlich zwei Männer vom Treppenaufgang in den Gang hinein. Rev’rend Rage erkannte zwei Diener, die für die Wartung und Pflege des Gebäudes zuständig waren. Einem brannten die Kleider – er warf sich auf den Boden und wälzte sich schreiend hin und her. Ein Schuss krachte, und den anderen traf plötzlich ein Feuerstrahl in den Rücken. Er brach lautlos zusammen und blieb reglos liegen.
    Rev’rend Torture stieß einen Gebetsruf aus. Mit angelegten Waffen und blankgezogener Klinge stürmte er dem Treppenhaus entgegen. Rage folgte ihm nur zögernd. Er begann zu ahnen, dass ein Verhängnis sich anbahnte.
    Eine schwarz gekleidete Gestalt warf sich von der Treppe her in den Gang. Rev’rend Bonebreaker. »Margot! Die Kinder!«, schrie er. »Es sind Dämonen! Rettet euch, Brüder!« Rev’rend Torture rannte schneller, noch zehn Schritte trennten ihn vom Treppenhaus und Bonebreaker. »Sie sind tot!«, schrie der in höchster Erregung. »Rev’rend Rock, Rev’rend Fire – alle tot! Die Dämonen haben sie umgebracht!«
    Rev’rend Torture spürte, wie ihm das Blut in den Adern gefror. Endlich war er bei seinem Ordensbruder angelangt. Er bückte sich nach ihm und wollte ihm aufhelfen, da sah er fünf dünne, fleischige Fäden, die Rev’rend Bonebreaker am Knöchel festhielten und zurück zur Treppe zerrten. Bonebreaker blutete bereits aus einer Wunde am Hals. Sein Haar und sein Bart waren versengt, die Hälfte seines Gesichtes von Brandwunden gerötet.
    Rev’rend Torture holte mit dem Schwert aus, schlug zu und durchtrennte die Fäden. Im gleichen Moment konnte er die Treppe einsehen: Margot kniete auf einer der oberen Stufen. Neben ihr lag eine kleine blutige Fleischeraxt. Sie zog ihre Hand mit den durchtrennten Fingern zurück, die fadenartig verdünnten Finger verwandelten sich in Fingerstümpfe von gewöhnlichem Durchmesser. Aus irgendeinem Grund bluteten sie nicht.
    Rev’rend Torture vergaß zu atmen.
    Neben Margot stand breitbeinig das kleine Mädchen und hinter ihnen das Zwillingspaar. Das Mädchen hob den rechten Mittelfinger – etwas Gleißendes zischte aus ihm hervor und traf Rev’rend Torture an der rechten Schulter. Er brüllte vor Schmerz und ließ das Schwert fallen.
    Margot kniete längst auf Rev’rend Bonebreakers Rücken. Aus dem Zeigefinger ihrer nicht verstümmelten Linken fuhr eine dünne Klinge und durchbohrte dessen Nacken. Der Gottesmann röchelte, streckte sich und erschlaffte.
    Rev’rend Torture begriff überhaupt nichts mehr, und alles wollte ihm vorkommen wie ein sehr böser Traum. Aus den Augenwinkeln sah er Rev’rend Rage zurückweichen. Das Gesicht des Erzbischofs erschien ihm wie das eines tödlich Getroffenen – grau und starr. Die rothaarige Frau sprang zurück auf die Treppe und langte nach der blutigen Axt, und plötzlich hob einer der Zwillinge seine Rechte, und ein Feuerstrahl fuhr aus seinem Mittelfinger. Im nächsten Moment fiel Rev’rend Torture auch sein Gewehr aus der Hand und sein linker Mantelärmel brannte.
    Das war der Augenblick, in dem er aufhörte zu denken. Er brüllte nur noch und rannte einfach los.
    Irgendwann erreichte er eine Wendeltreppe und stürzte hinauf. Er zog eine Rauchwolke hinter sich her, heißer Schmerz erfüllte seinen wuchtigen Körper. Mit der Linken versuchte er die Flammen auszuschlagen, doch der Schmerz lähmte seinen Arm und er warf sich gegen die Wand, um auf diese Weise das Feuer zu löschen.
    Eine Treppenbiegung nach der anderen hetzte er hinauf. Hinter sich hörte er die flinken Schritte Margots und ihrer Kinder. Er erinnerte sich dunkel, dass die Treppe zu einem Turmzimmer führte, und er glaubte, er hätte eine Überlebenschance, wenn er nur diesen Raum erreichte.
    ***
    Am zwanzigsten Tag seines Marsches

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