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2284 - Die Fliegenden Rochettes

Titel: 2284 - Die Fliegenden Rochettes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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dem Kopf!"
    Babett war, als hätte man einen Kübel Eiswasser über sie gegossen. Er stieß sie weg, wies ihre Liebe zurück. Warum bloß? Sie konnte ihm so viel mehr geben als Sirene, ihn so unendlich viel glücklicher machen ... „Aber du liebst mich doch!"
    „Nein", sagte Matti heiser. „Nein, Babett, ich liebe dich nicht. Ich mag dich, du bist mir sympathisch und gefällst mir - auch auf, ähem, erotischer Ebene -, aber Liebe ist das nicht.
    Liebe ist, was ich für Sirene empfinde. Hast du mich verstanden?" Ja.
    Ja, sie hatte verstanden. Sie war nicht gut genug für ihn; wie sie noch nie gut genug gewesen war.
    Durch ihre Brust schnitt ein Schmerz, als hätten sie dort sämtliche Messer Piccos auf einmal getroffen
     
    16.
     
    Babett rannte hinaus wie von Erinnyen - Rachegöttinnen der altgriechischen Mythologie - gehetzt Matti verfluchte sich und seinen enzyklopädischen Verstand, der ihm im täglichen Leben so wenig nützte. In Sirenes Worten: „Kann jedes Kreuzworträtsel in unter einer Minute lösen, ist aber zu blöd zum ..."
    Er fühlte sich mies. Später, während der Vorstellung, als Clown, weinte er, dass ihm die Schminke auf den Wangen zerrann.
    Tosender Applaus. Standing Ovations. Dann stürzte Babett vom Hochseil. Sie korrigierte den Fall, wie sie es gelernt hatte und immer wieder übte. Dennoch landete sie so unglücklich im Netz, dass sie sich die linke Schulter auskugelte. Das schnalzende Geräusch musste bis hinauf in den letzten Rang zu hören gewesen sein.
    Gertraudis und Sirene schafften sie schleunig hinaus, während Matti das Publikum ablenkte, indem er die Routine mit der Gießkanne und der Spritzpistole abzog. Die Show musste weitergehen, so wollte es das eherne Gesetz des Zirkus.
    Als wäre nicht längst alles sinnlos geworden. Wenn nach Picco auch Babett ausfällt, können wir genauso gut gleich zusperren.
    Ein auf solche Unfälle spezialisierter Physiotherapeut bekam die Seiltänzerin vielleicht in relativ kurzer Zeit wieder fit. Aber den hätten sie sich nicht einmal leisten können, wenn Matti die Krankenversicherungen für das Ensemble bezahlt hätte ...
    Babett verhielt sich bewundernswert. Sie jammerte nicht, als er sie nach der Vorstellung aufsuchte, erwähnte ihr Gespräch mit keiner Silbe, machte ihm keinerlei Vorwürfe.
    Was auch gar nicht nötig war: Das besorgte Matti innerlich schon selbst, und nicht zu knapp.
    Er beließ Babett in der Obhut von Gertraudis und stieg aus dem Schweber. Da er sich außerstande sah, Sirene jetzt schon unter die Augen zu treten, schlenderte er aus dem Zirkusareal hinaus in den Donaupark.
    Es war eine laue Märznacht. Rings um das ausgedehnte Erholungsgebiet an der Alten Donau ragte die Skyline des modernen Wien buchstäblich bis in die Wolken, ein buntes Gemisch aus Baustilen verschiedenster Epochen. Einige Trichterkelche, die von den arkonidischen Besatzern in Windeseile hochgezogen worden waren, überflügelten sogar die LFT-Türme.
    Hunderte Holo-Reklamen flimmerten an den Fassaden. Jedoch bewarben sie nicht wie bis vor kurzem diverse Konsumgüter, sondern ausnahmslos Gon-0 und seine Kirche. Einige zeigten den Countdown bis zum Tag der Verkündung, manche wiederholten Imberlocks Ansprachen, wieder andere übertrugen Exekutionen aus verschiedenen Weltregionen ...
    Matti bemühte sich, nicht hinzusehen. Sein Herz war schwer genug. Die Luft roch nach Schneeglöckchen - Galanthus nivalis. Blindschleichen - Anguis fragilis - huschten durchs Gestrüpp, brünftige Grasfrösche - Rana temporaris - quakten, und Direktor Matti di Rochette - Idiotus idiotissimus - begann sich damit abzufinden, dass sein Lebenswerk in Trümmern lag.
    Da trat vor ihm eine Gestalt aus dem Schatten eines Baums. Ein Mann, hoch aufgeschossen und schlank, doch mit breiten Schultern. Auf dem Rücken trug er ein unförmiges Bündel. Matti schwante Übles. Erblieb stehen. Der Fremde ging mit raschen, weit ausladenden Schritten auf ihn zu. Als er nahe genug heran war, erkannte Matti, dass es sich bei seiner Last um ein Flightcase handelte, wie man es zum Transport von empfindlichen Geräten verwendete. Oder für große, traditionelle Musikinstrumente, beispielsweise einen Kontrabass - Basso continuo. Aber wozu sollte jemand so etwas in den Donaupark schleppen?
    Der Mann, dessen Gesicht unter der Kapuze seines Parkas verborgen war, zog die Hand aus der Tasche. Etwas schimmerte im Mondlicht.
    Matti hob die Arme. „Ich besitze nichts, was einen Überfall lohnen würde", sagte er.

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