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2285 - Tag der Verkündung

Titel: 2285 - Tag der Verkündung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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unserer Ausstattung besitzen zwar keinen hohen materiellen Wert", sagte der Zirkusdirektor leidend, „sind für uns aber unersetzlich und teilweise sehr empfindlich. Wenn etwas zu Bruch ginge ..."
    „Keine Sorge", tröstete ihn der Soldat. „Meine Kollegen geben gut auf eure Schätze Acht. Ihr seid nicht der erste und beileibe nicht der einzige Tross aus der Unterhaltungsbranche, der hier gefilzt wird."
    Der bevorstehende Tag der Verkündung, verriet er, lockte wie jedes globale Großereignis eine Vielzahl von Reporterteams, Schaustellern und dergleichen an. Bald würden sich ganz Neapel und Umgebung in einen einzigen riesigen Jahrmarkt verwandelt haben, und das trotz des unerfreulichen Klimas. „Regnet es in der Stadt und am Vesuv auch so viel?"
    „Gott Gon-0 sei Dank nicht. Aber die Sonne sehen wir nur morgens und abends, und es ist viel kühler als sonst um diese Jahreszeit. Außerdem gibt es immer wieder heftige Sturmböen."
    „Klar, wegen der Ausgleichsströmungen zwischen den verschiedenen Temperaturzonen", erläuterte Matti, der mit seinem Wissen selten hinter dem Berg halten konnte.
    Seine Besorgnis galt natürlich, wie Homer wusste, ganz besonders dem wissenschaftlichen Labor, das im Schweber Zwölf untergebracht und in dem übergebenen Speicherchip ebenfalls ausführlich beschrieben war. Wie leidenschaftlich Matti sein Hobby als in vielen Fachgebieten wildernder Privatgelehrter betrieb, war seit Jahren in den Akten der LFT-Verwaltung dokumentiert. Vulkanologie war nur eine dieser Disziplinen und würde in dem Wust aus Vogelund. Gesteinskunde, prähistorischer Geschichte und Literaturwissenschaft et cetera, et cetera nicht weiter auffallen.
    Die beiden Krakatoa-Sonden waren in ihre Bestandteile zerlegt worden. Was nicht im. reichlich vorhandenen Low-Tech-Schrott verschwand, war als zu Mattis Zaubergerätschaften gehörig deklariert worden. Die mikrominiaturisierten positronischen Steuerelemente, die Homer in Wien mühevoll beschafft und dann beinahe wieder an die Biker-Bande verloren hatte, verbargen sich in Fryzzils Tonanlage. Nur absolute Experten hätten sie von den Klangmodulen unterscheiden können; und auch die hätten wissen müssen, wonach sie suchten. Daher war Homer zuversichtlich, dass die wertvollen Teile unentdeckt bleiben würden.
    Mit Bedauern hatten sie das Exoskelett und andere Gegenstände aus dem LFT-Arsenal, die zu eindeutig aus speziellen, nicht handelsüblichen Materialien gefertigt waren, in der Alten Donau versenkt. Sie durften kein unnötiges Risiko eingehen.
    Der Soldat verzog sich, wobei er den Eindruck erweckte, dass er gern länger geblieben wäre.
    Wahrscheinlich reizte ihn die Arbeit nicht besonders, die draußen im unablässig strömenden Regen seiner harrte.
    Schutzschirme gegen die Nässe, hatte er geklagt, würden aus Gründen der Energieersparnis nur errichtet, wenn leicht verderbliches Gepäck außerhalb von Fahrzeugen untersucht wurde.
    Stunden vergingen ereignislos. Einige der Artisten schlugen die Wartezeit mit Aufwärmübungen tot.
    Der Abend war längst angebrochen, als Picco Lendlivie endlich wieder bei ihnen abgeliefert wurde. Er wirkte entnervt und ausgelaugt. „Was war los?", fragte Gertraudis, sobald der grimmige Kybb die Tür hinter sich zugemacht hatte.
    Picco schüttelte matt den Kopf. „Die haben mich durch die Mangel gedreht. Nicht physisch im Sinn von gefoltert. Aber sie haben mich bis jetzt verhört."
    „Warum gerade dich? Der Brigadier hat explizit deinen Namen genannt."
    „Ich war damals, während der Arkonidenbesatzung, Mitglied der >Gruppe Sanfter Rebell<, das habe ich dir doch erzählt. Neuerdings enthält meine Akte anscheinend einen diesbezüglichen Vermerk. Ich fürchte, der Liga-Dienst hat einen meiner früheren Kontaktmänner in die Finger gekriegt und Namen aus ihm herausgepresst, darunter meinen."
    „Sie wollten wissen, ob du wieder aktiv bist, nunmehr gegen Gon-O?"
    „Worauf die Todesstrafe steht, ja. Die Zicke, die mich vernommen hat - vom TLD Süditalien, nehme ich an -, hat in einem fort gefragt: >Hast du vor, in Neapel einen Anschlag zu begehen?< - Stundenlang ging das so, verbunden mit allen möglichen Lügendetektor-Tests. Ich glaube, so oft hintereinander habe ich in meinem ganzen Leben noch nie nein gesagt."
    Homer mischte sich in das Gespräch bewusst nicht ein. Er hatte den Kopf auf Babetts Schulter gelegt und tat, als schlummere er, da er in dem Raum versteckte Kameras vermutete. Innerlich fiel ihm ein Stein vom Herzen.

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