229 - Flashback
hatte. Jemand hatte seiner Schöpfung Gewalt angetan, indem er sie für seine Zwecke umgestaltet und in den Kampf gegen Menschen geschickt hatte.
Aber auch diese Gedanken waren jetzt müßig…
> Initiiere Zugriff auf sekundäre Speichereinheit.
> Zugriff verweigert. Passworteingabe erforderlich.
Wäre Miki ein Mensch gewesen, er hätte geflucht – schon wieder war eine Speichereinheit des U-Man mit einem Passwort geschützt.
Was nun? Sollte er versuchen, diesen Code zu knacken? Oder sollte er wieder einen Bypass schalten? Aber würde der Fallenleger, der zweifellos auch hinter dieser Abfrage steckte, nicht genau dies erwarten? Oder würde er aus der Tatsache, dass jemand bis hierher vorgedrungen war, schließen, dass dies nur mittels einer Umgehung möglich geworden war, und die Falle dort deponieren?
Miki Takeos Elektronengehirn arbeitete auf Hochtouren. Wie war der logische Schluss? Nein, falsch: Wie würde die Logik eines Menschen in diesem Fall aussehen?
Und das war die Krux: Ein menschlicher Verstand ließ sich nicht durch logische Schlussfolgerungen entschlüsseln. Denn in ihm herrschte das Chaos.
Miki Takeo zögerte – zu lange.
Als er begriff, worin die Falle diesmal bestand, war es zu spät. Diesmal war ein schlichter Zeitcode abgelaufen, initiiert durch die erste Abfrage. Nachdem in der vorgegebenen Zeitspanne keine Eingabe erfolgte, setzte sich eine Automatik in Kraft.
Miki Takeo war es, als würde seine eigene Speichereinheit einen elektrischen Schlag erhalten.
Sein Bewusstsein schaltete sich aus.
***
Miki Takeo stutzte.
Vor einem Augenblick war er noch in den elektronischen Innereien des U-Man unterwegs gewesen – jetzt fand er sich auf dem Hallenboden des Capitols wieder und blickte auf Mr. Hacker und Mr. Black. War die Verbindung unterbrochen worden? Er konnte sich nicht daran erinnern.
Er brauchte einen Sekundenbruchteil, um die Situation zu erfassen: Ein Verbindungskabel lief von einem Port an seinem Kopf hin zum Laptop des dunkelhäutigen Computerspezialisten!
Es gab keine andere Erklärung: Mr. Hacker hatte trotz seiner Warnung in die Verbindung eingegriffen und sie gekappt!
Plötzliche Wut erfasste Miki Takeo – ein emotionaler Ausbruch, der ihn selbst überraschte. Hatte dieser Mensch versucht, Zugriff auf die Informationen zu erlangen, die er gerade hatte abrufen wollen? Oder gar auf seinen eigenen Gedächtnisspeicher, um die Geheimnisse Miki Takeos offen zu legen?
Wie konnte er es wagen…?
Aus dem unerwarteten Gefühl der Wut wurde blinder Hass. Er schien Mikis logisches Denken mit einem Schlag auszulöschen, sodass er sich nicht einmal fragte, wie es sein konnte, dass der winzige Rest seiner menschlichen Gefühle die Oberhand über sein Denken und Handeln übernahm.
Er sprang auf und stürzte sich auf Mr. Hacker. Der kam nicht einmal mehr dazu, den auf seinem Schoß ruhenden Kleincomputer zuzuklappen. Er schaffte es gerade noch, die Hände über den Kopf zu nehmen, um sich vor den wütenden Schlägen der Plysteroxfäuste zu schützen. Vergeblich.
Der Android gebärdete sich wie ein Berserker, schlug auf Hacker ein und ließ in seinen Hieben nicht eine Sekunde nach. Knochen splitterten, Blut lief über seine künstlichen Finger; doch alles, was Miki Takeo im hintersten Winkel seines Bewusstseins spürte, war der Hass – und die tiefe Befriedigung, die der zersplitterte Laptop und der blutende Mr. Hacker, der jetzt regungslos am Boden lag, in ihm auslöste.
Woher kommt der Ausbruch solcher Emotionen!, schoss ein hilfloser Gedankenblitz durch sein kybernetisches Gehirn, doch die Wut löschte ihn im selben Moment wieder aus.
Takeos Aufmerksamkeit und Hass richteten sich jetzt auf Mr. Black, der versucht hatte, sich zwischen Mr. Hacker und den wild gewordenen Androiden zu werfen, das Unvermeidbare aber nicht hatte verhindern können.
Miki Takeo schlug dem Klon eines ehemaligen US-Präsidenten mit Leichtigkeit die Projektilwaffe aus der Hand und ließ eine solche Folge von Faustschlägen auf den muskulösen Mann niedergehen, dass der schon bald in die Knie brach.
Die Schläge und Tritte des Androiden ließen auch nicht nach, als sein Opfer seitlich zu Boden sank und liegen blieb. Diese schwächlichen, diese unvollkommenen Wesen würden es nicht schaffen, ihn von den Informationen fernzuhalten, die er bekommen wollte – und auch bekommen würde!
Mr. Black rührte sich nicht mehr. Sein Kopf war zerschmettert, und Takeo registrierte, dass kein Leben mehr in ihm war.
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