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23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV

23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV

Titel: 23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Ihr Versteck lag also in der Nähe. Wir gingen nach der erwähnten, schmalen Tür. Von weitem sah es so aus, als ob der Gestrüpphaufen vor derselben ganz undurchdringlich sei; aber er war an der Mauer hin so vollständig niedergetreten, daß man gut passieren konnte. Und das schien gar nicht selten zu geschehen!
    Als wir eingetreten waren, befanden wir uns in einem quadratischen, hohen Raum, welcher drei Türöffnungen besaß, natürlich ohne Türen. Durch die eine waren wir gekommen. Links führte die zweite in einen langen, schmalen Saal, grad vor uns die dritte in das Allerheiligste. Auch rechts war eine Tür gewesen, aber schon längst vermauert worden. Ich habe diese Etage zweistöckig genannt. Von außen schien sie es zu sein, der untere Stock ohne, der obere mit Fenstern, schmale, waagerecht liegende Lichtlöcher, wie man sie in Deutschland zuweilen an alten Scheunen sieht. Von einer Innenbeleuchtung durch die Sonne hatte da keine Rede sein können. Die Versammlungshalle, in welcher wir uns befanden, ging durch beide Stockwerke. Die Decke wurde durch eine einzige, überaus starke Mittelsäule getragen, welche aus einem großen, steinernen Wasserbottich zu steigen schien, der jetzt natürlich aber trocken war. Hatte man sich in diesem steinernen ‚Meer‘ gereinigt, wie später in dem gegossenen? Der Boden bestand aus großen Platten, die aber vor Schmutz nicht zu sehen waren.
    Wir brannten eine Kerze an und gingen nach der gegenüberliegenden Tür, um in das Allerheiligste zu treten. Wie war Schakara zu diesem Wort gekommen? Kannte sie die Bibel? Diese Abteilung war kleiner und niedriger als die vordere und vollständig fensterlos. Es gab da eine schwere, schlechte Luft. Drei Wände waren kahl; die hintere nicht. Dort stand etwas, was ich für einen Altar hielt. Ein Israelit hätte es wahrscheinlich für eine Nachbildung oder gar für das Uroriginal der Bundeslade gehalten. Und darüber zog sich, so breit wie diese Hintermauer war, eine Art von Empore hin, zu welcher früher eine Treppe geführt hatte, die aber nicht mehr existierte. Man sah die Stellen noch, wo die einzelnen Stufen an die Seitenwand gestoßen hatten. In der Mitte sahen wir dreimal drei steinerne, einst für die Priester bestimmte Sitze. Auch hier bestand der Boden aus Platten. Der auf ihnen liegende Schmutz war noch größer als draußen.
    Schakara bewies mir, daß die sechs fremden Männer auf diesen Steinen gesessen hatten. Wir sahen die Stellen, wo die Talglichter, die sie mitgehabt hatten, festgetropft und dann wieder losgerissen worden waren. Der zurückgebliebene Talg war noch so sauber, daß diese fettigen Flecke nicht über vier Wochen alt sein konnten. Und als wir genauer suchten, fanden wir ähnliche, aber viel ältere Flecke in Menge. Das stimmte ganz genau mit dem, was wir wußten und was wir uns dachten.
    Nun nahm ich Schakara das Licht aus der Hand, um nach weiteren Spuren zu suchen. Sie konnte hierin doch nicht die Erfahrung besitzen, die ich hatte. Ich fand nichts, als menschliche Fußstapfen. Aber endlich, als ich eben aufhören wollte und in die letzte, hintere Ecke leuchtete, sah ich einen andern Eindruck im tiefen, mehligen Staub. Das war von keinem Fuß, sondern von einer starken Stange oder etwas ähnlichem, welche hier eingestoßen und oben an die Empore gelehnt worden war. Und gar nicht weit davon lagen zwei losgebrochene, kurze Holzästchen, die ich aufhob und aufmerksam betrachtete.
    „Warum so nachdenklich, Effendi?“ fragte Schakara. „Zwei Stückchen Holz, weiter nichts! Wer weiß, wie sie hierhergekommen sind!“
    „Wer? Ich weiß es. Und – weiter nichts, sagst du? Es ist viel, sehr viel! Als ich diesen Raum sah, in welchem die Pädärahn ihre geheimen Versammlungen abhalten, dachte ich sogleich daran, in welcher Weise man sie belauschen könne, wenn sie Montag wiederkommen. Man müßte vorher da hinauf auf die Empore steigen. Das war mein Gedanke. Jetzt sehe ich, daß ich nicht der erste bin, dem dieser Einfall gekommen ist. Sie sind schon belauscht worden.“
    „Von wem?“
    „Das sagen mir diese beiden Ästchen leider nicht. Man hat eine Leiter oder wenigstens eine Stange gebraucht, um die Empore zu erreichen, aber keines von beiden gehabt. Darum ist man in den Wald gegangen, um sich ein passendes Baumstämmchen zu holen. Die Äste wurden abgeschnitten. Einige dürre Zweigreste aber blieben. Das stemmte man hier unten in den Boden und legte es oben an. Beim Hinaufklettern wurden die beiden Ästchen

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