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23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV

23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV

Titel: 23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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von meiner Wiederkehr nach jener Ecke dort. Ich wollte gern erfahren, ob sich in dieser Mäjmä-i-Yähud vielleicht ein – – –“
    „Mäjmä-i-Yähud?“ unterbrach ich sie schnell. „Sonderbar, höchst sonderbar! Wie kommst du auf diesen Namen für grad diese Etage?“
    „Ich weiß es nicht. Ich halte sie dafür. Das kommt mir so empor und auf die Zunge!“
    „Ja, ich verstehe. So muß es sein! Du ahnst und darfst nicht ahnen! Dschanneh, Dschanneh, das unbewußte Wissen! Wir gehn gleich jetzt nach dieser deiner Ecke und setzen uns dort nieder. Ich habe zu erzählen. Du wirst sie kommen sehen, am hellen Tageslicht, die Schatten alle und zuletzt die Männer, die du des Nachts damals gesehen hast.“
    Wir gingen hin. Es gab jetzt nicht Mondes- sondern Sonnenschatten dort. Ein großer, niedriger Stein lag da; der diente uns als Bank. Ich begann meinen Bericht da, wo ich am Tigris die Sillan belauscht und zum ersten Mal das Wort Mäjmä-i-Yähud gehört hatte, und berichtete ihr alles, was dann geschehen war und bestimmt zu sein schien, grad mich, den Fremden, den eigentlich ganz Unbeteiligten, als den gefährlichsten Feind der Schatten heranzuziehen. Sie hörte still zu, ohne Unterbrechung wie das so ihre liebe, verständige Weise war. Als ich geendet hatte, holte sie tief Atem und sagte:
    „Effendi, liegt nicht in dem allen ein fester, zielbewußter und sicher vorwärtsschreitender Wille? Kein Fatum, kein Kismet, sondern eine Führung, eine Oberleitung welche zwar dich erkoren hat, ihre Absichten auszuführen, aber dir doch jeden möglichen Spielraum für deine eigenen Gefühle, Gedanken und Entschlüsse läßt? Wer hat dies angeordnet, und wer sind all die Guten, Mächtigen, die dich in jeder Not beschützen und stetig dafür sorgen, daß deine Augen immer weiter und immer klarer sehen dürfen? Du gehst den Weg den du den deinen nennst; er ist es auch, jedoch zugleich der ihre. Weich ja nicht von ihm ab! Laß dich nicht auf die Pfade anderer hinüberlocken! Du würdest diesen starken Schutz verlieren und nicht Gebieter, sondern Sklave sein! Das ist dieselbe Führung die auch mich, sobald du kamst, zum hohen Haus brachte. Das sehe ich jetzt ein. Wir reichen uns die Hände, zum Heil der Dschamikun. Und nun ich dieses weiß, kann ich jetzt offen sprechen: Hast du Zeit, Effendi?“
    „Für meine Seele stets. Das bist du ja – Dschanneh!“
    „Wie mich das freut, daß dieser liebe Name mir auch aus deinem Brudermund klingt! Du weißt, daß ich von Marah Durimeh beauftragt bin, im Stillen hier zu forschen. Der Ustad sollte zwar nichts davon wissen, doch aber dann das Resultat erfahren. Du ahnst es nicht, wie weit sie blickt, die hohe Frau im ärmlichen Gewand! Und ihre scheinbar schwache, kleine Hand, wie ist sie doch so mächtig wenn es gilt, den Guten zu bewahren vor dem Bösen! Sie kennt die Schatten, kennt auch ihr Gebaren und läßt sie nicht aus ihrem scharfen Auge. Für diese Gegend hier soll ich dies Auge sein. Darum mein stilles Wandeln überall und auch mein Forschen hier in den Ruinen.“
    „Sogar des Nachts! Hast du denn wirklich keine Furcht?“ fragte ich.
    „Furcht? Fürchtest du dich wohl, Effendi?“
    „Nein.“
    „So sag warum soll die Seele Angst haben, wenn nicht einmal der Geist sich ängstigt? Kennst du denn diese beiden noch so wenig daß du wohl ihn für riesenstark, doch aber sie für hilfsbedürftig hältst? Ich bitte dich, glaub an das Gegenteil! Denk an die Seele deines eignen Volkes! Laß alle, alle Geister eurer Weltgeschichte sich gegen sie, die Wunderbare, wappnen, was wird sie tun? Nur lächeln? Angst aber gibt es nicht! Vor wem denn auch?! Du weißt es ja, ich wollte wiederkommen, um jene sechs Geheimen zu belauschen, was jedenfalls nicht ganz gefahrlos wäre, und doch ist mir dabei nicht eingefallen, an Furcht auch nur zu denken. Ich ging am Tag nach der erwähnten Nacht dann wieder her, die Spuren zu betrachten. Sie führten in das Allerheiligste, wo man gesessen hatte, doch jedenfalls zu Beratungszwecken.“
    „Sahst du noch weiteres?“
    „Nein.“
    „Wo liegt das ‚Allerheiligste‘, von dem du eben sprachst?“
    „Es ist der zweite Raum durch jene schmale Tür.“
    „Ich bitte dich, ihn mir zu zeigen.“
    „Jetzt?“
    „Ja.“
    „So warte! Es ist vollständig dunkel drin; ich aber hole Licht.“
    „Im Haus drüben?“
    „Nein. Ich habe Kerzen hier versteckt, weil ich sie öfters brauche.“
    Sie entfernte sich, kam jedoch schon nach kurzer Zeit wieder.

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